Eintracht Frankfurt:Mit altem Jackett

Eintracht Frankfurt stellt  neuen Sportvorstand Bobic vor

Fredi Bobic ist neuer Sportvorstand von Eintracht Frankfurt.

(Foto: Dedert/dpa)

Frankfurts neuer Sportvorstand Fredi Bobic gibt sich betont zurückhaltend. Er muss noch aus dem Schatten seines Vorgängers Heribert Bruchhagen treten.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Heribert Bruchhagen ist weg, doch immerhin sein Jackett ist noch da. Er hat es nach kurzer Einarbeitungsphase seinem Nachfolger überreicht, selbstverständlich schwarz und mit Eintracht-Adler auf der Brust, aber nach Einschätzungen glaubwürdiger Kleidergrößenkenner leider nicht ganz passend für den neuen Besitzer. Und daher weiß dieser noch nicht so recht, was er mit dem Oberteil anfangen soll. Erst meint er, er müsse da vielleicht noch reinwachsen, dann erwägt er, ob er es ändern lasse solle, aber zum Schluss sagt er, dass er lieber ein neues bestellen und das alte als Erinnerung behalten werde.

Seit Dienstag ist Fredi Bobic Nachfolger von Heribert Bruchhagen als Sportvorstand bei Eintracht Frankfurt - und unabhängig vom Umgang mit alten Jacketts ist eine zentrale Frage, wie viel Bruchhagen bei der Eintracht nach dem Zitter-Klassenerhalt in der Relegation bleiben und wie viel sich verändern soll. Der 67-Jährige hat diesen Klub auf unbestritten spezielle Weise geführt, die seine Befürworter stets als superseriös belobigten, seine Kritiker aber als superlangweilig geißelten, weil ein Dasein als unauffälliger Mittelfeld-Klub das höchste der Gefühle zu sein schien.

Am Dienstag sitzt Bobic das erste Mal in neuer Funktion vor der Presse, und fürs Erste lässt sich festhalten, dass der 44-Jährige zwar manches Mal von Veränderungen oder mehr Mut spricht, aber dass viele Bemerkungen so auch vom Vorbesitzer des Jacketts hätten kommen können. Als es um Ziele und Aussichten geht, verweist Bobic auf den Platz im TV-Ranking (12), den Platz in der ewigen Bundesliga-Tabelle (10), den Platz in der Budgettabelle der abgelaufenen Saison ("knapp 16.", wobei die tatsächliche Position angesichts eines Etats von zirka 38 Millionen Euro doch etwas besser sein dürfte). "Was sollen wir jetzt groß reden von ganz, ganz großen Zielen?", fragt Bobic. Fester Bestandteil der Bundesliga zu sein, "das ist ein Erfolg" - da gibt es im Umfeld des Klubs ein paar verwegenere Träumer.

Bobic muss zu seinem Start aber auch mit zwei Nachteilen umgehen. Er beerbte Bruchhagen zwar als Sportvorstand, aber nicht als Vorstandsboss. Fürs Erste gibt es keinen Chef für dieses Gremium, sondern agieren Bobic sowie Axel Hellmann (u. a. Marketing) und Oliver Frankenbach (Finanzen) formal gleichberechtigt nebeneinander - und wenn es irgendwann darauf hinausläuft, dass der schon länger im Klub befindliche Hellmann dieses Amt übernimmt, wäre das keine Sensation.

Daneben muss sich Bobic mit Skepsis aus dem Fanlager beschäftigen. Er nimmt das ganz geschickt auf, indem er sich um ein paar Parallelen zwischen Klub und Person bemüht. Argument eins: "So wie Eintracht Frankfurt polarisiert, habe ich auch immer polarisiert." Argument zwei: "Sie müssen nur meine Vita lesen, da sehen Sie, dass ich immer nur für Traditionsklubs gespielt und gearbeitet habe." Der Satz dürfte die Fans diverser Vereine freuen, weil sich so etwa der TSF Ditzingen (Spieler 1990 bis 1992) und Tschernomorez Burgas (Manager 2009/10) als von der Prüfstelle Bobic anerkannter Traditionsverein fühlen dürfen. Ob sich auch Frankfurts Fans freuen, bleibt abzuwarten. Sie erhoffen sich von Bobic zunächst eine ordentliche Korrektur des schwächelnden Kaders.

Von Aufsichtsratschef Wilhelm Steubing kam schon der Hinweis, dass Bobic auch wegen seines großen Netzwerkes, das nicht "an den Grenzen Europas" ende, Favorit unter dem Bewerber-Dutzend gewesen sei. In Stuttgart, Bobic' bisher letzter Wirkungsstätte (2010 bis 2014), erinnern sie sich durchaus, dass ihnen dieses Netzwerk ein paar sehr brauchbare Spieler wie Daniel Ginczek oder Filip Kostic bescherte. Sie erinnern sich aber auch, dass es auch den einen oder anderen weniger brauchbaren Spieler zutage förderte und bisweilen nur bis zur zweiten Reihe von Hannover 96 zu reichen schien, von wo fast zeitgleich Rausch, Abdellaoue und Haggui kamen. Personalentscheidungen treffe er zwar im Verbund mit Trainer Niko Kovac und Sportdirektor Bruno Hübner, sagte Bobic. Aber ihm sei schon bewusst, "dass ich der Ball sein werde, gegen den getreten wird, wenn es nicht gelingt".

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