Eintracht Frankfurt :Gänseblümchen und weiche Bälle

08 08 2015 xjhx Fussball DFB Pokal Bremer SV Eintracht Frankfurt emspor v l Luc Castaignos E

Erfolgreiches Pflichtspieldebüt: Frankfurts Neuzugang Luc Castaignos trifft gegen den Bremer SV zum 1:0.

(Foto: imago)

Mehr die provinzielle Bühne als der tapfere Gegner machen dem Team von Armin Veh beim Bremenligisten zu schaffen.

Von Frank Hellmann, Bremen

Fußballfans besitzen die Angewohnheit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Also haben ein Großteil der 1900 Anhänger von Eintracht Frankfurt die Tagesreise in den Bremer Nobelstadtteil Oberneuland damit verknüpft, vor dem Pokalspiel beim Bremer SV noch ein ausgedehntes Picknick am Achterdieksee abzuhalten. Das Beach-Bistro befand sich trotz dichter Bewölkung und gar nicht hochsommerlicher Temperaturen von knapp über 20 Grad ebenso fest in Hand der Adlerträger wie das Beachvolleyball-Feld. Hauptsache bei Bier und Bratwurst noch ein bisschen Spaß haben.

Weniger lustig, dass besonders kräftige Zeitgenossen während des schmucklosen 3:0 (1:0)-Pflichtsieges beim Bremen-Ligisten so lange den Zaun im Sportpark am Vinnenweg schüttelten, dass einige Haltepfosten aus der Verankerung rissen. Alle Aufrufe des Stadionsprechers verhallten ungehört, erst die Drohung der Polizei, die Ränge räumen zu lassen, brachte Besserung. Erstaunlich, dass der rührige BSV-Präsident Peter Warnecke den Gästefans explizit fürs Erscheinen dankte und sagte: "Kommen Sie bald wieder!"

"Der Rasen wurde sechs Wochen nicht gemäht"

Armin Veh hingegen, der später in einem weißen Zelt mit rotem Teppich auf einer Holzbank Bilanz zog ("erinnert mich an meine bayerische Heimat"), braucht solch eine provinzielle Bühne so schnell nicht mehr. "Wir haben uns die erste Viertelstunde schwer getan, erst dann haben wir unsere Überlegenheit ausgespielt", sagte Frankfurts Trainer-Rückkehrer. "Wolfsburg wird etwas ganz anderes", warnte Ersatzkapitän Marco Russ, der den verletzten Torschützenkönig Alexander Meier noch für Wochen vertreten wird. "Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht blamiert haben."

Mit den Toren von Luc Castaignos (31.), Stefan Aigner (51.) und Gian-Luca Waldschmidt (71.) erfüllte der Favorit ohne jeden Glanz die Pflicht. Neuzugang Stefan Reinartz, der den Führungstreffer mit einem feinen Zuspiel vorbereitet hatte, fand eine simple Erklärung für den anfangs ideenlosen Auftritt: "Platz und Ball waren nicht so wie gewohnt, damit hatten wir einige Probleme", sagte er und konkretisierte: "Auf dem Rasen waren überall Gänseblümchen. Der wurde sechs Wochen lang nicht gemäht. Und mit so weichen Bällen spielt man eigentlich in der F-Jugend."

"Fußball ohne Schicki-Micki"

Neben dem Gelände des Bremer Hockey-Clubs ist manches eben für einen Bundesliga-Profi ungewohnt: etwa die mehrere Quadratmeter große Mulde vor beiden Toren. Schon bei der Besichtigung des Spielfelds gingen bei Veh die Mundwinkel nach unten. "Wenn die Bedingungen nicht perfekt sind, muss man froh über einen Sieg sein", bilanzierte Pragmatiker Russ. Trotzdem erstaunlich, wie wenig Mühe der in den Aufstiegsspielen zur Regionalliga Nord sehr unglücklich gescheiterte Bremer SV hatte, seine Reihen zu schließen.

Die Dreier-Abwehrkette mit Frithjof Rathjen, Maciej Kwiatkowski und Denis Nukic stand ausgezeichnet, gegen den Ball verdichteten Sebastian Kmiec und Andre Waldau das Bollwerk zur Fünfer-Formation. Torwart Christian Ahlers-Ceglarek hatte einen viel ruhigeren Nachmittag als gedacht. Ein Klub, der laut Eigenbeschreibung für "Fußball ohne Schickimicki" steht und beinahe ausschließlich aus "Bremer Jungs" besteht, bot so gut wie möglich Paroli. "Mit dem 0:3 sind wir sehr zufrieden", sagte Trainer Klaus Gelsdorf.

Neu-Stürmer Castaignos überzeugt

Bei Frankfurt gab es nur wenige wirkliche Gewinner. Stürmer-Neuzugang Castaignos war an den meisten torgefährlichen Aktionen beteiligt und war auf jeden Fall einer. Der Niederländer suchte und fand immer wieder seinen Sturmpartner Haris Seferovic. "Die beiden verstehen sich gut, das kann ein gutes Duo werden: Die passen zusammen", bemerkte Veh. Dem Stürmer hatte das Pokalspiel übrigens gefallen. "Viel Energie" habe der Gegner in die Waagschale geworfen, ihn erinnerte das ein bisschen an "zweite Liga in den Niederlanden".

Ein nettes Kompliment für einen Fünftligisten, der mit seinen Spielern nicht mal richtige Verträge abschließt. Für den Bremer SV war das DFB-Pokalspiel vor allem wirtschaftlich ein Segen. Die 140.000 Euro garantierte Einnahmen, die zu je einem Drittel dem Verein, dem Budget der ersten Herren und den Spielern zufließen, garantieren eine sorgenfreie Saison.

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