Eintracht Frankfurt:Armin Veh muss bleiben

Eintracht Frankfurt v SV Darmstadt 98 - Bundesliga

Bundesligareif derzeit nur beim Einhandeln von Verwarnungen: Marco Russ (links) und Carlos Zambrano (Nummer 5) fehlen im nächsten Spiel wegen einer Gelbsperre.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Mitte Juni saß Armin Veh in einem kariertem Hemd und Jeans und braun gebrannt in einem Frankfurter Hotel. Die Sonne strahlte durch die Fensterfront, es wurde viel gelacht bei der Vorstellung des neuen Trainers von Eintracht Frankfurt. Man kannte sich ja. Mit Veh spielte die Eintracht vor zwei Jahren in der Europa-League, 12 000 Fans begleiteten sie nach Bordeaux. Europapokal statt Mittelmaß - das war die Sehnsucht, die Veh und die Eintracht wieder zusammenkommen ließ. Und Veh erklärte bei seiner zweiten Vorstellung in Frankfurt im Juni: "Ich möchte ein bisschen träumen und etwas erreichen, was nicht jeder erwartet."

Fünfeinhalb Monate später sitzt er auf dem Podium im Bauch der Frankfurter Arena. Ein Raum ohne Fenster, der wie die Fortführung der angrenzenden Tiefgarage wirkt. Niemand lacht an diesem Sonntagabend, außer den 7000 Fans und den Spielern aus Darmstadt. Der Aufsteiger hatte das erste Erstligaderby der Rivalen seit 33 Jahren gerade 1:0 gewonnen. Für die Eintracht war es nach dem 1:2 von Mainz die zweite Derby-Pleite innerhalb von acht Tagen, die dritte Niederlage in Serie, der fünfte sieglose Auftritt nacheinander.

Vereinzelte "Veh raus"-Rufe waren zu hören. Frankfurter Fans setzten Darmstädter Banner in Brand, einige rannten nach dem Spiel auf den Platz und stritten mit den Spielern, es kam zu Schlägereien in der Stadt. Der Abend geriet zum Debakel für Eintracht Frankfurt und Veh sagte passend zur Farbe seines Anzugs: "Das ist eine ganz bittere Niederlage, auch für mich persönlich. Ich habe ja schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber das ist eine der schwärzesten Stunden."

Eintracht Frankfurt steht mit 14 Punkten nach 15 Spielen nur noch einen Punkt vor dem FC Augsburg auf Relegationsrang 16. Und niemand wagt zu sagen, dass der Tiefpunkt schon erreicht sei. Im Vorjahr hatte die Mannschaft zum gleichen Zeitpunkt 21 Zähler. Der Trainer damals hieß Thomas Schaaf. Aber weil ihn weder Spieler noch Umfeld mochten, gab Schaaf auf.

Mit 43 Zählern am Saisonende hatte der spröde Schaaf aber das Optimum aus den Frankfurter Bedingungen geholt. Doch die Eintracht will ja immer höher hinaus. Veh, 54, schien der Richtige zu sein, doch seit Sonntag lautet die zentrale Frage: Ist Armin Veh der Trainer, der eine verunsicherte Mannschaft aus dem Tief führen kann?

Im Spiel in Dortmund fehlen der Eintracht tragende Teile ihrer Verteidigung

Nächste Woche, beim Tabellenzweiten Borussia Dortmund, geht es eher darum, die Niederlage in Grenzen zu halten, Spielmacher Marc Stendera sowie die Innenverteidiger Marco Russ und Carlos Zambrano fehlen gelbgesperrt. Außerdem ist der Einsatz des dritten Innenverteidigers David Abraham wegen einer Adduktoren-Verletzung ungewiss. Ein Sieg gegen Bremen im letzten Heimspiel vor der Winterpause ist also Pflicht, um "mit einem guten Gefühl in die Winterpause zu gehen", sagt Veh.

Veh - ein Genießer, kein Kämpfer

Eintracht Frankfurt v SV Darmstadt 98 - German Bundesliga

Armin Veh

(Foto: REUTERS)

Aber das gute Gefühl ist mit oder ohne Heimsieg gegen Bremen erst mal weg in Frankfurt. Die Erwartungen waren wieder einmal schlicht zu groß. Vermeintliche Leistungsträger wie der aus Leverkusen gekommene Stefan Reinartz leiden unter dem Druck, der mit jeder Niederlage größer wird. Der gegen Darmstadt gesperrte und als Fußballgott verehrte Alexander Meier und trifft nicht mehr das Tor, ebenso wenig Stefan Aigner. Im Mittelfeld fehlen Kreativität und Tempo und ein starker Spieler auf der linken Außenbahn.

Der gelernte Mittelfeldspieler Makoto Hasebe spielt rechter Verteidiger. Nachwuchsspielern wie Luca Waldschmidt oder Joel Gerezgiher traut Veh die Bundesliga noch nicht zu. Diese Eintracht ist eine Mannschaft ohne Identität, wenn sie das Spiel machen muss, ist sie überfordert. Von großen Zielen träumt niemand mehr.

Eine Rückkehr zum alten Verein ist immer ein Wagnis. Armin Veh weiß das, er hat damit schon zwei Mal schlechte Erfahrungen gemacht, 2004 beim FC Augsburg und zuletzt beim VfB Stuttgart. Dort schmiss er in der letzten Saison schon nach zwölf Spieltagen hin. Er habe kein Glück, ein neuer Trainer könne der Mannschaft besser helfen, sagte er damals. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Veh den Glauben an diese Stuttgarter Mannschaft verloren hatte. Veh ist ein Trainer, der mit seiner lässigen Art den positiven Lauf einer Elf immer weiter treiben kann - so wie 2007 in Stuttgart bis zur Meisterschaft oder 2013 in Frankfurt bis zur Europapokalteilnahme. Dass er seinen Job in Stuttgart aufgab, bevor es richtig eng wurde, verfolgt ihn nun.

Er sei halt ein Genießer, kein Kämpfer, heißt es in der Branche. Ein zweites Mal wegzurennen in der Krise, kann sich selbst er nicht leisten. Einen Rücktritt schließt Armin Veh aus. Er wusste ja, worauf er sich einließ. Nachdem er Eintracht Frankfurt 2014 nach drei Spielzeiten verlassen hatte, sagte er: "Hier sind einfach Grenzen da. Und das sind nicht unbedingt meine Ziele." Ob er der richtige Trainer für das neue Ziel Nichtabstieg ist, muss Armin Veh nun beweisen.

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