Ein Punkt für zwei kriselnde Klubs:Doppelte Aufbauhilfe

Hauptsache nicht verloren: Nach ihrer Nullnummer bemühen sich alle Darmstädter und Mönchengladbacher, das Positive aus einer äußerst dürftigen Partie mitzunehmen.

Von Tobias Schächter, Darmstadt

Der meistgehörte Satz der Profis von Darmstadt 98 und Borussia Mönchengladbach nach einem äußerst mühseligen Nullnull lautete: "Auf dieser Leistung können wir aufbauen." Peter Niemeyer, spät eingewechselter Mittelfeldspieler der Lilien, bewertete die Leistung seines Teams ebenso mit diesen Worten wie sein Teamkollege Marcel Heller. Gladbachs Kapitän Lars Stindl und VfL-Flügelspieler Jonas Hofmann fanden diese Worte aber auch für die Vorstellung ihrer Elf angebracht. Obwohl beide Klubs nichts mehr gebraucht hätten als einen Sieg, verstanden auch die beiden Trainer das Remis als Aufbauhilfe für die nächsten Wochen. Vielleicht sahen Torsten Frings (Darmstadt) und Dieter Hecking (Gladbach) die Dinge auch deshalb so positiv, weil beide bei ihrem Debüt für ihren Verein zumindest nicht verloren hatten.

Aus Darmstädter Sicht wirkte diese optimistische Interpretation der Ereignisse allerdings verständlicher. Nach acht Niederlagen in Serie bedeutete dieser Punkt für den Tabellenletzten bei den gleichzeitigen Niederlagen der Konkurrenten Ingolstadt und Hamburg einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Frings, der nun seit drei Wochen in Darmstadt unentwegt lobt, um seinen Spielern neues Selbstvertrauen einzuimpfen, fand nach seinen ersten 90 Minuten als Cheftrainer in der Bundesliga - na klar - nur Lob für seine Elf: "Die Mannschaft glaubt wieder daran, auch gegen so eine starke Mannschaft wie Gladbach erfolgreich sein zu können. Das ist die Message heute." Darmstadt hat jetzt immerhin neun Punkte.

SV Darmstadt 98 v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Gut geschaut, schlecht gespielt: Gladbach (Mauer) und Darmstadt (Schütze Glandorf) trennen sich unspektakulär 0:0.

(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Weil außerhalb der Stadtgrenzen niemand mehr an den Klassenerhalt der Lilien glaubt, redet Frings seine Spieler bei jeder Gelegenheit stark. Auch beim Coaching an der Linie beklatscht der ehemalige Nationalspieler jede gelungene Aktion. Dabei ist es nicht so, dass Frings am Samstagmittag übermotiviert wie ein Hampelmann an der Seitenlinie herumgehampelt wäre. Er feuert an, er lebt das Spiel mit, ohne dabei naiv zu wirken. Frings vermittelt seinen Spielern seit drei Wochen eine Einstellung, die die Hoffnung aller Underdogs ist: Wir haben keine Chance, aber wir nutzen sie. Das Remis, das hat Frings richtig analysiert, gibt den Lilien eine Woche Zeit, sich "in Ruhe" auf das nächste Heimspiel gegen Köln vorzubereiten. Eine weitere Niederlage - und alles, was Frings gesagt hätte, wäre als reine Durchhalteparole interpretiert worden.

Darmstadt bleibt zum fünften Mal in Serie ohne Tor

Freilich weiß der 40-jährige Cheftrainer-Debütant auch, dass seine Elf nur die Klasse halten kann, wenn sie Spiele gewinnt. Aber dazu muss sie Tore schießen - und das hat sie gegen Gladbach nun auch im fünften Spiel hintereinander nicht geschafft. Trotzdem: Selbst in diesem Punkt versprüht der ehemalige Nationalspieler nur Optimismus. Wichtig sei, dass seine Elf sich überhaupt Torchancen herausspiele, irgendwann werde schon wieder ein Tor fallen, welches dann als "Blockadelöser" wirken könnte, glaubt Frings. Gegen Gladbach hatten die Lilien allerdings eine klare Chance, aber Aytac Sulu konnte den Ball nach einer Ecke von Mario Vrancic aus acht Metern VfL-Torwart Yann Sommer nicht überwinden (76.).

SV Darmstadt 98 v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Muss den Zusammenhalt stärken: Neu-Trainer Torsten Frings (l.) nimmt Marcel Heller nach dem Unentschieden gegen Gladbach zur Seite.

(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Zwei Mal hätten die Lilien zuvor in Rückstand geraten können. Zunächst verhinderte Torwart Michael Esser per Glanzparade nach Raffaels Schuss aus kurzer Distanz das 0:1 (10.); und nach Thorgan Hazards Alleingang tat das der Torpfosten (66.). "Das Glück ist wieder zurück", tönte deshalb Lilien-Defensivkraft Peter Niemeyer.

"Typisch für eine Mannschaft, die noch um ihr Vertrauen ringt", fand Dieter Hecking den Auftritt seiner Gladbacher. Eine Führung hätte den überlegenen Borussen vermutlich geholfen, mehr Sicherheit in ihr Spiel zu bringen. Stattdessen demonstrierten die Gladbacher auch im ersten Liga-Spiel mit dem neuen Trainer, warum sie in dieser Saison den eigenen Erwartungen hinterherhinken: Zu viele Spieler spielen unter Form, besonders die zentralen Mittefeldspieler Christoph Kramer und Mahmoud Dahoud leisteten sich ebenso wie Kapitän Lars Stindl zu viele Fehlpässe. Dennoch war Hecking "zufrieden", obwohl der mögliche erste Auswärtssieg verpasst wurde. Nächste Woche geht es nach Leverkusen, und Hecking darf hoffen, dass zumindest Fabian Johnson aus dem großen und prominenten Krankenlager zurückkehrt.

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