EHC München:Ab ins Wochenende

Nach dem dritten Meistertitel in Serie beendet Keith Aucoin seine Karriere. Jon Matsumoto heuert in Iserlohn an, Dominik Kahun zieht es in die NHL.

Von Christian Bernhard

Als sich die Tore zur Eisfläche in der Münchner Olympia-Eishalle für jedermann und jederfrau öffneten, wurde es unübersichtlich. Um die Spieler des EHC Red Bull München bildeten sich innerhalb weniger Sekunden menschliche Kreise, das Geschehen war nun nicht mehr von Checks, Schüssen und Pässen, sondern von Selfies, Schulterklopfern und Erinnerungsfotos geprägt. Es dauerte, bis die Spieler sich allmählich ihren Weg durch das menschliche Tohuwabohu in die Kabine bahnen konnten.

Konrad Abeltshauser, der am längsten bei den Fans auf dem Eis geblieben war, schaffte es erst 90 Minuten nach Spielende in die Katakomben. Er musste dabei von einem EHC-Mitarbeiter in Bodyguard-Manier von der mit goldenen Konfetti-Schnipseln und Bierflaschen zugekleisterten Eisfläche geführt werden.

Der EHC ist wieder deutscher Eishockey-Meister. So wie 2017. Und 2016. Das 6:3 gegen die Eisbären Berlin im siebten und alles entscheidenden Playoff-Finalspiel leitete am Donnerstagabend einen besonders emotionalen Party-Marathon ein, da die dritte Meisterschaft in Serie im Gegensatz zu den ersten beiden hart umkämpft war. Auf die Frage, wie diese gefeiert werde, antwortete Jon Matsumoto mit einer Gegenfrage: "Habt ihr die Bilder von der letztjährigen Feier gesehen? So etwas in dieser Art."

"Sie wollen mich hier nicht mehr, also gehe ich", sagt Final-MVP Jon Matsumoto

Für Matsumoto ging am Donnerstag eine Achterbahnfahrt zu Ende. Der Kanadier schaffte das Kunststück, als Vierte-Reihe-Akteur zum wertvollsten Spieler der Finalserie gewählt zu werden. Zwölf Scorerpunkte hatte er in der Endspielserie verbucht, das war in der DEL-Geschichte noch keinem Spieler gelungen. "Viel mehr Spaß könnte das nicht machen, es ist einfach unbeschreiblich", sagte er. Der 31-Jährige ließ sich zusammen mit seiner Ehefrau, seinem Sohn und seiner erst einen Monat alten Tochter zum letzten Mal auf Münchner Eis fotografieren, denn sein Weg beim EHC ist zu Ende. Matsumotos Vertrag wurde trotz seiner herausragenden Leistungen im Finale nicht verlängert, er wechselt zu den Iserlohn Roosters. "Sie wollen mich hier nicht mehr, also gehe ich", sagte er dazu lapidar.

EHC Red Bull München - Eisbären Berlin

Abschied mit wertvollem Gepäck: Jon Matsumoto, im Bild mit Sohn und Meisterpokal, wurde zum MVP, zum wertvollsten Spieler der Finalserie, gewählt. Trotzdem lässt der EHC München den 31-jährigen Kanadier ziehen.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

"Das ist meine geilste Meisterschaft", jubelte wiederum Mads Christensen. Der Däne bekam zum elften Mal in seiner Karriere eine goldene Meister-Medaille umgehängt. Ein Gewöhnungseffekt stellt sich bei ihm dennoch nicht ein. "Ganz ganz anders" sei es dieses Jahr gewesen. 2017 sei der EHC zum Triumph "gecruised", sagte der Däne damals. Diesmal war es bis ans Ziel eine Reise mit vielen Hindernissen.

Die Eisbären verlangten den Münchnern in der Best-of-Seven-Serie alles ab, sie stellten den EHC vor neue Fragen und fanden immer wieder Lösungen für die Aufgaben, die der EHC ihnen stellte. Münchens Trainer Don Jackson und Stürmer Keith Aucoin bezeichneten das Finale als eine der härtesten Playoff-Serien ihrer Karrieren - zusammen kommen sie immerhin auf 57 Jahre Profi-Erfahrung.

"Wir sind immer auf der Jagd. Das ist anstrengend, macht am Ende aber auch Spaß."

Der dritte Erfolg in Serie sei noch süßer, weil er im siebten Finalspiel zustande gekommen ist, befand Dominik Kahun, der später mit dem Gesicht voller Bartschaum durch die Kabine huschte. "Und weil es uns keiner gewünscht hat. Alle waren gegen uns." Deshalb sei er umso schöner.

Manager Christian Winkler holte erst tief Luft, bevor er die vergangenen Wochen Revue passieren ließ. "Das waren die anstrengendsten Playoffs überhaupt", sagte er mit einem Bier in der Hand. "Wir hatten zweimal in Folge verloren, wir standen unter Druck. Es waren Fragezeichen im Kopf." Diese löschten die Münchner mit einem, vor allem in der Schlussphase des Startdrittels, furiosen Auftritt. "Wir sind immer auf der Jagd", beschrieb Winkler die Mentalität des EHC. "Das ist anstrengend, macht am Ende aber auch Spaß."

EHC Red Bull München - Eisbären Berlin

„Meine geilste Meisterschaft“, und das will etwas heißen: Mads Christensen, im letzten Finalspiel Schütze des 4:1-Zwischenstands, hat seine Titelsammlung auf elf erweitert.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Für einige Münchner Spieler war der Triumph aufgrund der Umstände besonders emotional. Für Christensen, der den Pokal gegen seinen ehemaligen Verein holte, mit dem er drei Meisterschaften gewonnen hatte. Für Kahun, der vor einem Wechsel in die NHL steht. "Ich hatte direkt Tränen in den Augen", sagte der Stürmer. "Da kam alles noch einmal hoch." Und für Aucoin, der noch auf dem Eis das Ende seiner Karriere bekannt gab. "Das hier ist die beste Art, um sich zu verabschieden", betonte der 39-Jährige. Weitermachen wird dagegen Jason Jaffray. "Ich habe den vierten Titel im Visier", erklärte der 36-Jährige, dem die Spuren der harten Playoffs im Gesicht anzusehen waren. Kapitän Michael Wolf, 37, wollte sich noch nicht festlegen. "Schauen wir mal", sagte er, "kann durchaus sein, dass es noch weitergeht."

Von der Olympia-Eishalle ging es für die Meister weiter in ein Lokal in der Innenstadt, wo die Spieler oberkörperfrei den Tresen belagerten. An diesem Samstagnachmittag feiern die Münchner den Titel noch einmal mit ihren Fans im Olympiapark. Das offizielle Programm auf dem Vorplatz des Eisstadions beginnt um 15 Uhr, die Mannschaft kommt dort gegen 17 Uhr an. Die Chancen, dass einige Spieler bis dahin kein Auge zugedrückt haben, sind ziemlich groß.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: