Ecuadors Idol:Der Modeberater soll's machen

Spielt Ecuador gegen Costa Rica unentschieden, sind sie weiter - und Deutschland Gruppenerster. Dafür soll Iván Hurtado sorgen. Der kann auch Krawatten binden.

Javier Cáceres

Das Ende der Audienz der Spieler der ecuadorianischen Mannschaft am Dr. Hans-Weiss-Stadion von Bad Kissingen ist längst ausgerufen worden, doch Iván Hurtado lehnt noch immer über dem Gitter, das die Journalisten von den Protagonisten trennt.

Pedro Muñoz, der Mannschaftsbetreuer der Tricolor, zupft nervös am ärmellosen Trainingshemd des Kapitäns, doch auch als die Pfiffe des Trainers Luis Fernando Suárez hinüberwehen, die Stimmen seiner Kameraden, spricht Hurtado weiterhin in die Handys, die ihm an den Hals gehalten werden; seine Grüße gehen in Radiostudios in die Heimat und nach Costa Rica, am Donnerstag in Hamburg Gegner seiner Elf.

Muñoz muss ihn schließlich abführen, doch selbst da dreht sich Hurtado noch mal um. Was er von Paulo César Wanchope halte, war ihm hinterhergerufen worden - "ein großartiger Spieler . . .", rief er zurück. Was er noch anfügen wollte, verlor sich hinter einer Trennwand. Nicht schlimm, es war das 367. Mal, dass er dies gefragt worden war.

Hurtado spielt in Katar bei al-Arabi aus Doha, Wanchope war unlängst noch bei al-Gharaffa unter Vertrag, man kennt sich also. "Schnell und kräftig" sei Wanchope, wer wie er beim 2:4 vom Freitag zwei Tore gegen Deutschland erziele, über den bedürfe es keiner größeren Aufklärung. "Ich weiß, wie man gegen ihn besteht", sagte Hurtado.

Designer-Kleidung und ausladende Autos

Es gehört zum Selbstverständnis von Hurtado, den Medien gerne auch ausufernd zur Verfügung zu stehen, keiner aus dem Team Ecuadors verkauft sich besser als der Kapitän. Seine Kameraden schauen zu ihm auf, sein Partner in der Innenverteidigung, Geovanny Espinoza, redet über ihn wie über ein Idol: "Ich habe von ihm alles gelernt, wie man sich auf dem Platz verhält und außerhalb."

Daheim gilt Hurtado als der Modellfußballer schlechthin, er hat es geschafft aus der kargen Welt seiner Heimatstadt Esmeraldas am Pazifik bis unter die oberen Zehntausend des Landes. Er fährt ausladende Autos und trägt Kleidung von italienischen Top-Designern. Weil er nicht nur auf dem Platz einen eleganten Eindruck macht, bat ihn Suárez zur Modeberatung: Hurtado stimmte die Krawatten und Hemden farblich auf die Anzüge der Nationalelf ab. "So wie man dich ansieht, behandelt man dich", glaubt Hurtado, 31.

Seit dem vergangenen Freitag schaut die Welt mit größerer Achtung auf Ecuador, die Leistung beim 2:0-Sieg gegen Polen war beeindruckend genug, dass fast unterging, welch peinliches Malheur dem Kapitän mit dem Gardemaß (1,80 m) unterlaufen war.

Er hatte sich die Knöchel so stark bandagiert, dass er wegen Krämpfen ausgewechselt werden musste. Der Sieg geriet nicht in Gefahr. Nach dem Sieg von Deutschland am Mittwoch gegen Polen reicht Ecuador am Donnerstag (15 Uhr/ZDF und Premiere) schon ein Remis für den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale. "Dies ist das wichtigste Spiel in der Geschichte Ecuadors", sagte Carlos Tenorio, Schütze des ersten Treffers gegen Polen. "Es kann keine größere Motivation geben, als in die Geschichte einzugehen", sagte Trainer Suárez.

Nervös sind sie darob nicht, auch die Euphorie daheim beflügelt nur und belastet nicht. "Ob wir gegen Brasilien, Argentinien oder Costa Rica spielen - wir spielen immer gleich", sagte Mittelfeldspieler Edison Méndez. Auch Hurtado ist die Gelassenheit in Person.

Das ist nicht verwunderlich, größere Herausforderungen ist er gewöhnt. 1988 debütierte er als 14-Jähriger in der Profi-Mannschaft von Esmeraldas Petrolero, im selben Alter wurde er U16-Nationalspieler. Mit 17, nachdem ihn der Erstligist Emelec geholt hatte, spielte er erstmals für die Tri und erzielte gegen Guatemala gleich ein Tor.

Nur so richtig sesshaft ist er noch nicht geworden. Er hat in Ecuador, in Mexiko und in Spanien bei Real Murcia in der Primera División gespielt, nun will ihn sein Berater in der Bundesliga unterbringen, drei Vereine würden ihn beobachten, heißt es. Es gefällt ihm in Katar, sagt er, gutes Geld verdient er auch. "England oder Deutschland wäre ein Traum."

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