Düsseldorf - Frankfurt:Reservat der Routiniers

Düsseldorf - Frankfurt: Außer Handshakes nichts zu verschenken: Die Trainer-Routiniers Friedhelm Funkel (links, Düsseldorf) und Falko Götz (Frankfurt).

Außer Handshakes nichts zu verschenken: Die Trainer-Routiniers Friedhelm Funkel (links, Düsseldorf) und Falko Götz (Frankfurt).

(Foto: imago)

Erfahrene Trainer sind kaum mehr gefragt. Nur in der zweiten Liga kämpfen sie gegen den Abstieg: Für Friedhelm Funkel und Falko Götz steht ein Schicksalsspiel auf dem Plan.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Als Friedhelm Funkel im März Trainer beim abstiegsgefährdeten Zweitligisten Fortuna Düsseldorf wurde, jubelte ein Boulevardblatt: "Chef Funkel (62) und Assi Herrmann (63): 125 Jahre Erfahrung für die Rettung." Eine Woche später wurde der Assistent Peter Hermann 64 Jahre alt, da waren es plötzlich sogar 126 Jahre Erfahrung. Dass Düsseldorf trotz solch geballter Trainer-Routine nur das erste seiner bislang sechs Spiele unter Funkel und Hermann gewann und stattdessen sogar tiefer in die Bredouille geriet, könnte damit zu tun haben, dass man Funkels Jugend im rheinischen Neuss und Hermanns Kindheit in Kleinmaischeid im Westerwald womöglich gar nicht zu den Erfahrungsjahren dazuzählen darf. Fest steht: Die Lebens- und Fußballweisheit ihrer Trainer hat der Fortuna bislang jedenfalls nicht geholfen.

Wenn Düsseldorf an diesem Sonntag zum vorletzten Saisonspiel den ebenfalls akut gefährdeten FSV Frankfurt empfängt, dann findet in der Arena am Rhein sogar eine Art Veteranentreffen statt. Frankfurt hat sich mit seinem neuen Coach Falko Götz, 54, nämlich ebenfalls für mehr Routine und damit gegen den im deutschen Profifußball herrschenden Trend zur Trainerverjüngung entschieden. Götz und der FSV haben bislang alle drei Spiele verloren. "Funkel (62) und Götz (54): Mit 116 Jahren Erfahrung in die dritte Liga" - so könnte am nächsten Wochenende schon die Schlagzeile lauten.

In der ersten Liga sinkt das Durchschnittsalter

Dabei ist die zweite Liga das letzte Reservat der Routiniers. St. Paulis Ewald Lienen, 62, ist momentan der älteste Trainer im deutschen Profifußball; auch Funkel, Leipzigs Ralf Rangnick und Bielefelds Norbert Meier, beide 57, sowie Götz und Bochums Gertjan Verbeek, 53, sind allesamt älter als Wolfsburgs Dieter Hecking, der mit 51 der derzeit älteste Trainer der Bundesliga ist. 45 Jahre sind die 18 Erstliga-Trainer im Schnitt alt - oder besser: jung. Die Trainerwechsel dieser Saison haben das Gesamtalter der Erstliga-Trainer deutlich gesenkt. Lucien Favre, 58, wurde in Mönchengladbach durch André Schubert, 44, ersetzt, Armin Veh, 55, in Frankfurt durch Niko Kovac, 44, Thomas Schaaf, 55, in Hannover durch Daniel Stendel, 42, und Huub Stevens, 62, in Hoffenheim durch Julian Nagelsmann, 28. Dramatischer kann sich eine Branche binnen weniger Wochen kaum verjüngen.

Ob Funkels und Götz' derzeitiger Misserfolg und die erfolgreiche Arbeit junger Fußballlehrer wie Julian Nagelsmann, Pal Dardai (Hertha BSC), 40, oder natürlich Thomas Tuchel (Dortmund), 42, zur Folge hat, dass ein niedriges Alter bald zur Schlüsselqualifikation bei der Stellenbesetzung wird? Das wird sich dauerhaft erst noch zeigen müssen. Dennoch könnte die aktuelle Saison einen Einschnitt markieren. "Jüngere Trainer mögen offensivere Spielweisen", das glaubte der DFB-Trainerausbilder Frank Wormuth bereits vor einiger Zeit erkannt zu haben. "Sie denken offensiver und lassen ihre Mannschaften höher verteidigen." Diese Tendenz hat sich nun fortgesetzt, und der Erfolg einiger junger Coaches hat es Sportdirektoren der Liga auch leichter gemacht, den Mut für Trainer aufzubringen, die den DFB-Lehrgang gerade erst hinter sich haben.

Was bleibt, ist das Rätsel, warum Erfahrung in dieser Saison so oft so wenig ausrichten konnte. Allein durch Thomas Schaaf, Armin Veh, Huub Stevens und den beim Zweitligisten 1860 München entlassenen Benno Möhlmann, 61, hat der deutsche Profifußball in dieser Saison ungefähr 3200 Pflichtspiele an Berufserfahrung verloren. Darf so viel angesammelte Weisheit einfach verloren gehen? Wer weiß, vielleicht lassen die Routiniers ihr Wissen ja künftig in die Ausbildung junger Traineranwärter einfließen. So fände die Erfahrung, die in dieser Saison so wenig wert zu sein schien wie selten zuvor, doch noch einen Weg zurück in den deutschen Fußball.

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