Duell im WM-Halbfinale:Robben oder Messi? Weder noch!

Arjen Robben of the Netherlands fights for the ball with Argentina's Lionel Messi during their 2014 World Cup semi-finals at the Corinthians arena

Hatten keinen Raum, um zu glänzen: Arjen Robben (links) und Lionel Messi

(Foto: REUTERS)

Das Halbfinale zwischen Argentinien und Holland versprach das Duell zweier Fußballkünstler. Doch Lionel Messi und Arjen Robben werden durch das Sicherheitssystem ihrer übervorsichtigen Trainer gestoppt.

Von Claudio Catuogno, São Paulo

Messi oder Robben, Robben oder Messi? Manchmal verdichtet sich ein Fußballspiel auf das vermeintliche Duell seiner prominentesten Mitwirkenden. So war es auch mit diesem Halbfinale zwischen Niederländern und Argentiniern - vor dem Spiel. Die Niederländer wurden gefragt: Wie kann man Lionel Messi stoppen? Die Argentinier wurden gefragt: Wie kann man Arjen Robben stoppen? Und wie die Fragen, so waren sich auch die Antworten sehr ähnlich gewesen. Sie bestanden jeweils aus Rückfragen.

Die Argentinier fragten zurück: Robben? Wieso Robben? Sicher, räumte dann der Trainer Alejandro Sabella ein: "Robben ist ein großer Spieler und wichtig für sein Team, wie Neymar bei Brasilien, wie Messi bei uns - aber Messi ist sowieso der beste von allen." Und die Niederländer fragten zurück: Messi? Wieso Messi? Gewiss, gab dann der Co-Trainer Patrick Kluivert zu verstehen: Messi müsse man im Blick behalten. "Aber auch wir haben Spieler, die eine Partie mit nur einer Aktion entscheiden können. Wie will man Robben aufhalten?"

Mittwoch also in São Paulo, langsam senkte sich die Nacht über die neue Arena am Stadtrand der 20-Millionen-Metropole, und zur Nacht gesellte sich noch ein kühler Nieselregen, der immer mehr zu einem fast frostkalten Schnürregen wurde. Für die Zuschauer war es jetzt ein bisschen ärgerlich, dass das Dach nicht rechtzeitig fertig geworden war. Für die Spieler war das egal. Für sie war es ja die Nacht der Entscheidung: Wer von beiden darf am Sonntag in Rio gegen die deutsche Elf antreten? Und es war die Nacht der Entscheider: Robben, Messi, Messi, Robben. Dachte man.

Aber man kennt das ja aus vielen Büros, vorzugsweise im öffentlichen Dienst: Die Entscheider gehen manchmal den ganzen Tag spazieren, keiner sieht sie, die Arbeit wird von den anderen gemacht. Aber wenn es dann was Wichtiges zu entscheiden gibt, dann entscheiden sie es natürlich trotzdem selbst. Elfmeter Messi: drin. Elfmeter Robben: drin. Mehr konnten die Entscheider nicht tun. Entschieden hat das Spiel am Ende ein anderer: der argentinische Torhüter Sergio Romero.

So stabil wie der Damm zwischen Nordsee und IJsselmeer

Aber vorher ist Arjen Robben am Mittwochabend recht viel spazieren gegangen, vor allem in der ersten Halbzeit. Das lag auch an der defensiven Ausrichtung der Holländer: Nachdem es der Trainer Louis van Gaal im Viertelfinale gegen Costa Rica erstmals mit dem traditionell holländischen 4-3-3-System versucht hatte, platzierte er seine Spieler jetzt wieder in jener 3-5-2-Formation, die ihm zu Hause die Denkmalpfleger auf den Hals hetzt. Weil sich dieses 3-5-2 durch Zurückziehen der Außenspieler Blind und Kuyt in ein 5-3-2-Bollwerk verwandeln lässt, ist auch der Heimatschutz alarmiert. Vorwurf: Verrat am holländischen Fußballerbe.

Doch das Bollwerk stand dann tatsächlich so stabil wie der Damm zwischen Nordsee und IJsselmeer, gegen Messi genügte es weitgehend, zwei Mann auf ihn aufpassen zu lassen. Robben wiederum fand überhaupt erst ab der zweiten Halbzeit in die Partie, vorher hatten die Holländer schlicht keine relevanten Offensivaktionen. In der 90. Minute und später in der Verlängerung spielte der FC-Bayern-Profi in mehreren Szenen immerhin seine Geschwindigkeit aus. Zum Torabschluss reichte es nicht. So plätscherte der Regen, so plätscherte das Spiel. Und die Frage war: Welche Finte würde Louis van Gaal diesmal einfallen?

Möglicherweise waren schon die Tage vor dem Halbfinale die Finte gewesen, als es hieß, der Verteidiger Ron Vlaar werde wohl ausfallen - er war mit Knieverband fotografiert worden; holländische Medien meldeten aufgeregt: "Vlaar: ingepakte knie". Aber Vlaar konnte dann (mit ausgepacktem Knie) ebenso mitwirken wie Nigel de Jong, für den nach seiner Auswechslung im Achtelfinale gegen Mexiko bereits das WM-Aus verkündet worden war. Der Verband KNVB hatte damals die Diagnose verbreitet, de Jong habe sich einen "Riss in der Leiste zugezogen". Möglicherweise hat de Jong die Zeit aber auch für eine Zusatzausbildung im Fach Wachhundwesen genutzt. Jetzt war er jedenfalls wieder gesund und wurde als einer von mehreren Aufpassern auf Messi losgelassen.

Nach der Halbzeit brachte van Gaal dann Daryl Janmaat für Bruno Martins Indi, kurz darauf Jordy Klasie für de Jong (62.). Waren das weitere Finten? So wie der Bondscoach ja schon vier Mal mit seinen Einwechslungen ein Spiel entschieden hatte? In der Verlängerung kam dann noch Klaas-Jan Huntelaar für Robin van Persie. Damit war wenigstens klar: Van Gaal konnte diesmal die Torhüter nicht mehr austauschen für das Elfmeterschießen wie noch gegen Costa Rica. Diesmal fiel auch Louis van Gaal nicht mehr ein.

"Mit unserem Stil können wir noch weit kommen", hatte Arjen Robben gesagt. Aber weiter als bis São Paulo hat es nicht gereicht.

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