DTM am Norisring:Historischer Erfolg und ein großer Schock

Unfall zwischen Gary Paffett GBR HWA AG Mercedes AMG C 63 DTM und Mike Rockenfeller GER Au

Paffetts Mercedes (links) ist über einer Bodenwelle ausgebrochen und mit dem Audi von Rockenfeller kollidiert.

(Foto: Thomas Pakusch/imago)

Nach einem heftigen, aber glimpflichen Crash siegt BMW-Pilot Maxime Martin.

Von Johannes Kirchmeier

Den ganzen Sonntag blickten die Nürnberger schon in den Himmel, in die Dunkelheit: Wolke an Wolke schob sich dort oben über ihre Köpfe hinweg, eine leise schleichende Bedrohung - Regen fiel dann jedoch keiner. Es wirkte fast so, als hätte da oben im Himmel irgendjemand etwas Mitleid gehabt mit all den T-Shirt-Trägern auf der Steintribüne und natürlich auch mit den Fahrern unten auf der Schleife.

Mit einer Bedrohung kämpfen die Fahrer schließlich schon unten auf eben jener Schleife. "Der Norisring ist eine große Herausforderung", sagte der vor dem Wochenende Gesamtführende René Rast. Wie recht er hatte, zeigte sich: Links und rechts stehen auf dem Nürnberger Stadtkurs Leitplanken dicht neben der Strecke, die zudem wellig ist, auch ihr Auslauf nach den Kurven ist nicht gerade breit. Nirgendwo passieren daher so viele Unfälle. So auch am Sonntag, als den Zuschauern auf der Steintribüne kurzzeitig kollektiv der Atem stockte beim Rennen, das nach einem heftigen Crash zwischen Gary Paffett (Mercedes) und Mike Rockenfeller (Audi) zwischenzeitlich abgebrochen wurde. Beide Fahrer wurden im Anschluss zur Beobachtung ins Klinikum Süd in Nürnberg gebracht. Gewonnen hat nach dem Neustart der BMW-Fahrer Maxime Martin im "Fränkischen Monaco" - erstmals in dieser DTM-Saison.

"Ein typisches Norisringproblem", kommentiert der viermalige Norisring-Sieger Green

Natürlich zieht dieser besondere Kurs viele Zuschauer an, die kamen auch am Sonntag wieder, weil nur wenige Orte so viele Überholmanöver bergen wie der Norisring. Als Nutznießer dieser sollte sich am Sonntag erst der Österreicher Lucas Auer im Mercedes herausstellen - der 22-jährige Neffe des früheren österreichischen Formel-1-Fahrers Gerhard Berger startete von Rang sieben weg auf Platz drei und hatte dann erst einmal die stärkste Strategie in petto: Gleich in der ersten Runde steuerte er die Box an und überholte in der Folge alle anderen Fahrer, die später an die Box kamen.

So war er auch vor dem Pole-Setter Tom Blomqvist und dem Start-Dritten Nico Müller, die schwach vom Start wegkamen und neben Auer erst einmal Robert Wickens und dem Samstagssieger Bruno Spengler den Vortritt lassen mussten. Als sich das Feld dann nach den ersten Kehren und Boxenstopps geordnet hatte, brachte ein Unfall und die folgende Safety-Car-Phase noch etwas mehr Ordnung hinein: Wickens und Rast krachten an der Leitplanke nach der ersten Kurve zusammen, Wickens schob Rasts querstehenden Wagen die Leitplanke nach vorne. Vorne überholte Maxime Martin derweil Auer.

Nach etwa einer halben Stunde passierte dann der große Unfall, der den minutenlangen Abbruch auslöste: Auf der Start-Ziel-Geraden brach Paffetts Mercedes über einer Bodenwelle aus, bei Tempo 260 Kilometer pro Stunde, und nach einer kleinen Berührung zuvor mit dem Audi von Jamie Green. Paffetts Auto krachte im Anschluss an die Leitplanke, zerstörte diese sogar. "Ein typisches Norisring-Problem", kommentierte der viermalige Norisring-Sieger Green, der die Berührung erst gar nicht wahrnahm. "Gary hat irgendwie das Auto verloren vor der Kurve." Paffetts Bolide trudelte über die Strecke und schlug in der Kurve direkt an der gefährlichsten Stelle, der Fahrertür von Rockenfeller, ein. Man mag sich Rockenfellers Schock kaum vorstellen, an der Strecke wurde es still.

Der Crash sah jedoch schlimmer aus, als er war. Die beiden Fahrer sitzen ja inmitten einer Hülle, eines Monocoques, das sie wie die Schale eine Frucht schützt. So stieg Rockenfeller als Erster aus, humpelte etwas durch die Auslaufzone, wirkte jedoch fit. Die Teamchefs der beiden gaben im Anschluss am ARD-Mikrofon Entwarnung, Paffett hatte Schmerzen am Arm. Sie wurden beide vorsichtshalber ins Krankenhaus gebracht, ihre Autos vom Abschleppdienst abtransportiert und die Leitplanke in 20 Minuten etwa repariert. Das Rennen konnte neu gestartet werden, die verbleibenden 25 Minuten konnten absolviert werden.

Martin startete vor Auer, beide sollten ihre Position erst einmal behalten und gaben sie auch nicht mehr ab. Hinter ihnen entwickelte sich direkt vor den Zuschauern auf der Steintribüne ein spektakulärer ein Zieleinlauf im Fotofinish: Der Italiener Edoardo Mortara setzte sich auf nahezu einer Linie fahrend vor Mattias Ekström und dem Fürther Marco Wittmann durch.

Bereits am Samstag, bei noch schwierigeren Bedingungen, hatte Bruno Spengler gewonnen. Denn da regnete es, BMW-Pilot Spengler fuhr auf rutschigem Boden am besten, fünf BMWs waren am Ende unter den ersten Sechs.

Es war ein historischer Erfolg: Erstmals seit 25 Jahren schlängelte sich wieder ein BMW-Pilot als Schnellster durch den Stadtkurs. Nach nur 61 Runden wegen der anfangs nassen Strecke, die im Verlauf des Rennens abtrocknete, gewann er vor Kollege und Pole-Setter Martin und Ekström im Audi, der damit nach dem Wochenende die Führung in der Gesamtwertung übernehmen konnte.

Ernüchtert verließ dagegen der zuvor überraschend starke und vor dem Halt am Norisring gesamtführende DTM-Neuling Rast. Er blieb in den beiden Rennen punktlos, da er am Samstag nach seinem Boxenstopp in der Boxenausfahrt die gelbe Linie überfahren hatte und nach der daraus folgenden Durchfahrtsstrafe erst als Zwölfter ankam. Am Sonntag musste er das Rennen nach der Kollision mit Wickens später beenden.

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