Dritte Liga:Dynamo Dresden ist zurück im Geschäft

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Dresdens Pascal Testroet (re.): Aufstieg ist ziemlich wahrscheinlich (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Dynamo Dresden steht sportlich und finanziell so gut da wie lange nicht.
  • Es stehen in Summe fast beängstigend viele Zeichen auf Aufstieg für Dynamo.
  • Doch die ungewisse Zukunft des Geschäftsführers stört die Harmonie.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Die Personalie wehte zunächst als giftiges Gerücht durch die Straßen, inzwischen hat sie sich zu bedrückender Gewissheit materialisiert: Die Stadt Dresden wird eine ihrer wichtigen Führungsfiguren an Düsseldorf verlieren, sie wird einen Mann verlieren, der das Spektakel zurück auf die Bühne brachte, der den Zuschauerschnitt erhöhte und der selbst unter strengen Beobachtern der Szene einen guten Ruf genießt. Das Bedauern ist gewaltig, aber es führt kein Weg an dieser Wahrheit vorbei: Im Herbst 2016 wird Wilfried Schulz die Intendanz am Schauspielhaus in Düsseldorf übernehmen.

Robert Schäfer, Geschäftsführer von Dynamo Dresden, betrachtet den Wechsel von Schulz womöglich etwas entspannter. Gerade nämlich weht das giftige Gerücht umher, Schäfer könne ebenfalls nach Düsseldorf wechseln. Als möglicher Präsident der Fortuna würde er ja selbst eine Art Intendant werden, einer von bestem Ruf: Mit Dynamo erlebt Schäfer gerade einen Drittliga-Allzeitrekord bei den Zuschauern, die beim 2:1 gegen Würzburg vor Weihnachten eine Allzeit-Rekordmannschaft in die Winterpause entließen - noch nie hatte ein Drittliga-Team nach 21 Spieltagen einen so deutlichen Vorsprung wie Dynamo gerade.

Erstmals schuldenfrei seit der Wiedervereinigung

Und finanziell? "Wir sind zwar noch in der Reha, können aber schon wieder ohne Schmerzen laufen", sagte Schäfer vor ein paar Tagen dem kicker. Zum 1. Juli des Jahres sollen die 3,75 Millionen Euro Alt-Zinsen beglichen sein, Dynamo wäre das erste Mal seit der Wiedervereinigung schuldenfrei, und das auch dank einer zweiten Sonderumlage der Vereinsmitglieder.

Gleichwohl besitzt Dresden mehr noch als andere Vereine das Talent, gerade in guten Zeiten die Unruhe wieder anzufüttern. Zu Wilfried Schulz braucht man Sportdirektor Ralf Minge nicht groß zu befragen, zur Personalie Schäfer will er nicht viel sagen, gleich wie umständlich man es versucht: Herr Minge, im Trainingslager von Dynamo saß Robert Schäfer in roter Trainingsjacke neben Ihnen, war das etwa schon ein Zeichen Richtung Düsseldorf? "Das ist immer noch unsere Ausweichfarbe", sagt Minge. "Schwarz-Gelb steht für Dresden, Weinrot für Dynamo. Das ist die Assoziation, die ich dabei habe."

Aber die potenziell wachsende Unruhe ist durchaus ein gewichtiger Posten im Gedankenhaushalt des Sportdirektors. "Wir sind alle keine Träumer. Es ist unbestritten, dass es über Monate hinweg atmosphärisch nach innen wie außen eine sehr gute Zeit war. Die Entwicklung wird nicht linear sein." Linearität, sagt Minge, wäre für das Leben im Allgemeinen nicht repräsentativ und für Dynamo im Speziellen noch viel weniger, aber zumindest bis zum Ende der Saison lässt sich so eine Linie ja vielleicht verlängern.

Das Trainingslager in Marbella schloss Dynamo mit einem 2:2 gegen den Champions-League-Achtelfinalisten Dynamo Kiew ab. Als noch beruhigender erwies sich für Dresdens Trainer Uwe Neuhaus die Erkenntnis, dass seine im Ostsee-Urlaub ersonnene Strukturreform der Elf neue Variabilität für die am Wochenende beginnende Rest-Rückrunde geben dürfte. Vor dem Sieg gegen Würzburg hatte Dynamo fünf Unentschieden in Serie erspielt, der Sportdirektor führt das auf einen Lerneffekt der Konkurrenz zurück. "Am Anfang haben einige Vereine doch sehr optimistisch gegen uns verteidigt", sagt Minge. Nun steht Trainer Neuhaus neben der Variante mit einem Stürmer eine weitere mit zwei Angreifern zur Verfügung, was auch Stefan Kutschke freuen dürfte, den Dynamo gerade von Nürnberg ausgeliehen hat.

Es stehen in Summe fast beängstigend viele Zeichen auf Aufstieg für Dynamo, nicht einmal die Fans anderer Vereine haben etwas dagegen. Im Bundesliga-Barometer sprachen sich fast 75 Prozent der befragten Anhänger von Erst- und Zweitliga-Vereinen dafür aus, dass Dynamo mindestens in der zweiten Liga spielen solle.

In einem nicht-repräsentativen Fan-Barometer bei Dynamo, durchgeführt an der Würstchenbude am K-Block kurz vor Weihnachten, fielen die Meinungen hingegen nicht so eindeutig aus. Bei einem Aufstieg fielen schließlich die allermeisten Derbys weg, die diese Drittliga-Saison so wunderbar würzen. Darauf angesprochen, erinnert Ralf Minge daran, dass Fußball immer noch ein Leistungssport sei "und wir können ja nicht einfach eine Liga überspringen". Bei allen Sprüngen und Kurven, die dem Leben im Allgemeinen und Dynamo im Speziellen zuzutrauen sind, besteht zumindest an der Linearität der Ligen im Profifußball kein ernsthafter Zweifel.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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