Dressurreiterin Isabell Werth:25 Jahre nach Fabienne

FEI World Cup Jumping and Dressage Finals, Omaha, USA - 01 Apr 2017

"Ich bin sicher, mein Pferd wusste, es war unser Tag": Isabell Werth und ihre Stute Weihegold (im Hintergrund) lassen sich in Omaha feiern.

(Foto: E. ZURGA/EPA/Shutterstock)

Seit Olympia in Rio hat Isabell Werth mit der Stute Weihegold konsequent an deren Schwächen gearbeitet. Nun feiert Werth ihren dritten Weltcupsieg. Mit 47 ist sie wieder ganz oben.

Von Gabriele Pochhammer, Omaha

Der Ritt war noch gar nicht zu Ende, Weihegold flog im starken Trab über die Diagonale, die Schlusslinie trennte Isabell Werth noch von ihrem dritten Weltcupsieg. Aber schon machte sich auf ihrem Gesicht ein entspanntes Grinsen breit. "Ich fühlte mich so sicher", sagte die 47-Jährige. So sicher, dass jetzt nichts mehr schiefgehen würde. Und so kam's auch. Bis zum letzten Tritt gelang alles.

Weihegold tanzte zu einem schmissigen Medley aus italienischen 70er-Jahre-Hits durch die Bahn, aufmerksam die Ohren gespitzt, mit jede Faser bereit, den Wünschen ihrer Reiterin nachzukommen. Elegant wie eine Balletttänzerin führte die zwölfjährige Stute die schwierigsten Lektionen aus, drehte sich zum Abschluss auf der Stelle mit gleichmäßigen Piaffe- Tritten einmal um 360 Grad, um dann auf den letzten Metern in die Passage überzugehen, bei der das Pferd bei jedem Tritt zeitlupenartig einen Moment zu verharren scheint. Ein Bild von Kraft und Anmut zugleich. Nach dem Gruß schritt Weihegold mit langem Hals aus der Halle, nahm die stehenden Ovationen der Zuschauer mit freundlichem Interesse entgegen, während ihre Reiterin die Jubelfaust gen Hallendach reckte.

"Im Flugzeug gibt es auch Champagner" - kurz nach dem Sieg ist Werth auf der Heimreise

"Ich bin sicher, mein Pferd wusste, es war ihr Tag, es war unser Tag," sagte Isabell Werth. Seit der Silbermedaille von Rio in der Einzelwertung, der zehnten Olympiamedaille in Werths Rekordkarriere, hat die Stute noch einmal an Kraft gewonnen. Lektionen wie die Trabtraversalen, eine Vorwärts-Seitwärtsbewegung, gelingen deutlich besser. Auch der starke Trab, eigentlich Weihegolds schwächste Lektion, hat an Dynamik gewonnen.

90,704 Prozent gaben die sieben Richter für die Kür von Isabell Werth, 5,39 Prozentpunkte mehr als der US-Amerikanerin Laura Graves auf Verdades, die bis zu Werths Ritt noch von einem Sieg vor heimischem Publikum geträumt hatte. Dritter wurde wie schon im Grand Prix zwei Tage zuvor der Brite Carl Hester auf Nip Tuck (83,757).

Für Hester war das eine besondere Geschichte: Nip Tuck hatte die ersten Tage nach der Ankunft in Nebraska sehr schlecht gefressen, abwechselnd hatten seine Betreuer per Hand versucht, ihm ein paar Haferkörner schmackhaft zu machen. Hester glaubte den Grund zu kennen: "Zum ersten Mal musste er ohne Valegro reisen, da fühlte er sich einfach ein bisschen einsam." Der Wallach der dreifachen Olympiasiegerin Charlotte Dujardin, der unter Hesters Anleitung ausgebildet wurde, ging nach den Spielen in Rio im vergangenen Herbst in Rente.

Bei der Weltcup-Siegerehrung spritzte dann der Champagner, anschließend flößte Isabell Werth reihum erst ihren beiden Podiumsnachbarn und dann den Pferdepflegern ein paar Schlucke ein, ohne die Flasche auch nur für einen Moment aus der Hand zu geben. Es herrschte Partystimmung, und auch Weihegolds Pflegerin Steffi Wiegard, die bei der Hymne gerührt ins Fell der Stute geschluchzt hatte, fand die Fassung wieder.

Es ist 25 Jahre her, dass Isabell Werth auf Fabienne zum ersten Mal das Weltcupfinale gewann, vor zehn Jahren wiederholte sie den Erfolg in Las Vegas auf Warum Nicht. Ihr dritter Sieg manifestierte ihre wieder errungene Spitzenstellung in der Dressur. Nach dem Rückzug von Valegro - und damit vorübergehend auch seiner Reiterin Charlotte Dujardin - hat Werth den Thron zurückerobert. "Ich war in meiner langen Karriere auch mal unten, jetzt bin ich froh, wieder oben zu sein", sagte sie.

Zwei Stunden nach dem Sieg saß Isabell Werth bereits wieder im Flieger nach Hause ("Im Flugzeug gibt es ja auch Champagner"), mit dabei waren die Besitzer von Weihegold, Christine und Frank-Arns Krogmann, die die Rappstute einst als Zweieinhalbjährige entdeckt hatten. Nächstes großes Ziel ist die Europameisterschaft in Göteborg im September.

Bei den Springreitern gelang Guido Klatte in Omaha ein überzeugendes Weltcup-Debüt

Für die deutschen Springreiter gab es beim Finalturnier in Omaha weniger Anlass für den Genuss von Champagner. Bereits vor dem dritten und entscheidenden Springen am Sonntag (nach Redaktionsschluss) warf Ludger Beerbaum das Handtuch, weil er nach je zwei beziehungsweise drei Abwürfen der Holsteiner Stute Chiara in den ersten beiden Wertungen keine Chance mehr auf einen vorderen Platz sah. (Immerhin: Im nicht zum Weltcup gehörenden Großen Preis wurde Beerbaum am Samstag Dritter.)

Weltcup-Debütant Markus Brinkmann auf Dylan und der in den USA lebende Mecklenburger Christian Heineking mit Caruso verpassten am Freitag zwar das Stechen, waren aber im Finale am Sonntag immerhin dabei. Der dreimalige Weltcupsieger Marcus Ehning auf Pret à tout durfte ebenso noch auf eine gute Platzierung hoffen wie sein Schüler: Der erst 21-jährige Guido Klatte sorgte bei seinem ersten Weltcup-Finale mit Qinghai zumindest nach den ersten beiden Wertungen für das beste deutsche Ergebnis. "Guido kann schon jetzt sehr stolz sein", sagte Bundestrainer Otto Becker: "Er und sein Pferd sind zwei echte Kämpfer."

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