Dreifach-Sieg beim Iron Man:Im Triathlon gilt: Deutschland vor dem Rest der Welt

Jan Frodeno

Jan Frodeno jubelt nach seinem Sieg auf Hawaii.

(Foto: AP)

Jan Frodeno regiert beim Iron Man auf Hawaii, aber auch seine deutschen Kollegen bieten herausragenden Sport. Für die Dominanz im Triathlon gibt es Gründe.

Von Johannes Knuth

Momente der Heiterkeit sind rar beim Ironman-Triathlon auf Hawaii, und deshalb nutzten Jan Frodeno und Sebastian Kienle am Samstag einen kurzen Augenblick der Freude, den ihnen der zehrende Wettstreit gewährte.

Sie gingen gerade die letzte Prüfung des Tages an, Schulter an Schulter. 3,8 Kilometer Schwimmen und 180 Kilometer Radfahren steckten in ihren Beinen, 42,195 Kilometer Laufstrecke lagen vor ihnen. Man habe sich also kurz "irgendwelchen Müll" erzählt, flachste Kienle später in der ARD, denn: "Solange man noch was Spaßiges sagen kann, versucht man sich abzulenken." Frodeno zog derweil eine Grimasse, als wolle er lieber umgehend in eine Strandbar einkehren. "Ich habe noch nie so sehr gelitten", sagte er später. Allerdings führt Frodeno beim Marathon für gewöhnlich die größte Befähigung mit sich. Und für heitere Momente, wusste er, würde später Zeit sein.

Zum Beispiel, als der 35-Jährige als Erster auf den Ali'i Drive einbog und sich zum Weltmeister ausrufen ließ.

Der Ironman am Samstag auf Hawaii war ein Fall für die Sporthistorie, das will schon etwas heißen bei diesem mythenbeladenen Ausdauerdreikampf. Nicht nur dank Frodeno, der 8:06:30 Stunden benötigte und an seinen WM-Sieg vom Vorjahr einen zweiten reihte, als erster Deutscher. Die deutschen Männer hatten das Podium gleich exklusiv in Besitz genommen, das hatten sie erst ein Mal geschafft, 1997, als Thomas Hellriegel vor Jürgen Zäck und Lothar Leder eintraf.

Diesmal nahm Kienle, 32, Platz zwei ein, nur der Dritte war ein Überraschungsgast: Patrick Lange hatte sich dank eines famosen Marathons nach vorne geschoben, trotz Zeitstrafe beim Radfahren. Auch in der Nachbarschaft des Podiums wurden viele Deutsche gesichtet, Andreas Böcherer (Fünfter), Boris Stein (Siebter) und Anja Beranek, die Vierte hinter Siegerin Daniela Ryf aus der Schweiz wurde. Die Welt der Langstrecke zerfällt gerade in Deutschland und den Rest, zumindest bei den Männern, und daran wird sich fürs Erste wohl nicht viel ändern.

Jan Frodeno, Sebastian Kienle, Patrick Lange

Deutsche Dominanz: Sebastian Kienle, Jan Frodeno und Patrick Lange (von links) belegten beim Hawaii-Triathlon die ersten drei Plätze.

(Foto: Mark J. Terrill/AP)

Frodenos Trainer Dan Lorang schleppte am Morgen danach noch etwas Müdigkeit mit sich herum. Er hatte Frodenos Tat in der deutschen Nacht bezeugt und blickte nun auf eine "unglaubliche Reise" zurück, mit seinem Athleten und den Deutschen generell. Er blätterte bis 1997 zurück; in Hellriegel hatte damals zum ersten Mal ein Deutscher auf Hawaii gewonnen. Seitdem, sagt Lorang, "gab es eigentlich immer einen Fixpunkt". Normann Stadler etwa (Sieger 2004 und 2006), oder Faris Al-Sultan (2005).

Kienle widmete sich in diesem Schatten früh der Langstrecke, er war mit viel Talent ausgestattet, das er 2014 dann in einen Hawaii-Sieg überführte. Frodeno wiederum verguckte sich eher zufällig in die Schinderei. Er war 2008 Olympiasieger auf der Kurzdistanz geworden, er hatte wenig übrig für die Eisenmänner. Bis er, psychisch ermattet von den Jahren im olympischen Hochleistungsbetrieb, nach Hawaii reiste. "Reisen bildet", stellte er fest. Heute stehen Kienle und Frodeno quasi ihren eigenen Unternehmen vor.

Sie haben Pausen zu schätzen gelernt

"Ironman ist Talent, vor allem aber sehr, sehr viel Arbeit", sagt Lorang. Der Alltag muss dem Sport gehorchen, nicht andersherum, mit Trainern, Physiotherapeuten, Mechanikern. Dieses professionelle Umfeld haben sich viele deutsche Profis bei den alten Meistern abgeschaut, sagt Lorang. Eine der wichtigsten Lektionen sah dabei vor, weniger die Belastung, sondern die Pause schätzen zu lernen, um bei den wenigen Leistungsmessen des Jahres aus dem Vollen zu schöpfen.

"Es ist wie bei einem Glas, das sich über die Saison leert und sich nach jedem Triathlon nur langsam auffüllt", sagt Lorang. Nach Roth, wo Frodeno im Juli eine Weltjahresbestzeit erzielte (7:35:39), hätte er noch ein Rennen in Australien einschieben können, als Abschluss einer Rennserie, deren Sieg ihm eine Million Dollar eingebracht hätte. Frodeno verzichtete, wegen Hawaii. Der WM-Titel dürfte ihn nun finanziell nicht gerade schlechter stellen.

Nicht alle sind restlos froh darüber, wie Frodeno die Langstrecke binnen zwei, drei Jahren an sich gerissen hat. "Seine Zeiten wirken zumindest wie von einem anderen Stern", hatte der deutsche Profi Timo Bracht zuletzt der Frankfurter Rundschau gesagt und Frodeno mit dem dominanten, von Zweifeln umspülten Wundersprinter Usain Bolt verglichen. Wobei Bracht später beteuerte, er habe damit nicht an Frodenos Glaubwürdigkeit rütteln wollen; Frodeno und Kienle hatten sich zuletzt wiederholt gegen Doping ausgesprochen.

Die Triathlonwelt wird sich jedenfalls an die deutsche Dominanz gewöhnen müssen: Der Verband hat auf der Kurzdistanz viele Talente ausgebildet, die auf die Langstrecke umziehen, Breitensportler und Profis pflegen einen engen Wissens- und Warenaustausch. "Es liegen spannende Jahre für Triathlon-Deutschland vor uns", glaubt Frodeno. Er sieht sich noch immer als Lernender.

Er hat längst alle Hauptpreise erstanden, aber er mag es, in Bereiche vorzudringen, in die noch niemand vorgestoßen ist. Hawaii in weniger als acht Stunden, warum nicht? "Das Gefühl, dass alles zu 100 Prozent läuft, hatte er auf Hawaii noch nicht", sagt Lorang. Frodeno wird weiter danach suchen.

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