Drei Tore binnen 15 Minuten:Finnisches Phänomen

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79., 91. und 94. Minute: Der Finne Joel Pohjanpalo trifft binnen weniger Minuten gleich drei Mal. (Foto: Patrik Stollarz/AFP)

Joel Pohjanpalo gelingt als Joker ein Hattrick. So verhilft er Leverkusen zu einem 3:1-Sieg.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Ein Hattrick binnen 15 Minuten, mit dem er seiner Mannschaft nach einem 0:1-Rückstand zu einem 3:1-Sieg verhilft, kann den Finnen Joel Pohjanpalo eigentlich nicht mehr vom Sitz hauen. In der finnischen Liga ist ihm das vor vier Jahren schon einmal binnen 2:42 Minuten gelungen, beim Spiel seines damaligen Vereins Helsinki gegen Mariehamn. Am Samstag hat der 21-jährige Stürmer von Bayer Leverkusen nach seiner Einwechslung in der 72. Minute also eine Viertelstunde gebraucht, um im Spiel gegen den Hamburger SV aus einem 0:1-Rückstand einen 3:1-Sieg zu zaubern.

Aber obwohl sich der Hattrick diesmal im Vergleich zu 2012 wie eine Ewigkeit angefühlt haben dürfte, sagte Pohjanpalo hinterher, dies sei definitiv der schönste Tag seines Fußballerlebens. Mit seinen Treffern in der 79., 91. und 94. Minute rettete er Leverkusen den ersten Saisonsieg und sorgte nach einem fast schon verloren geglaubten Spiel für ein Klima des Überschwangs. Dass es so weit kommen könnte, hätten 15 Minuten vorher wohl die wenigsten Zuschauer für möglich gehalten.

Um 15.17 Uhr hatte Bayer Leverkusen am Samstag stolz mitgeteilt, den Vertrag mit seinem Torwart Bernd Leno bis 2020 verlängert zu haben. Keine 90 Minuten später hätte ausgerechnet Leno seine Leverkusener im ersten Heimspiel der Saison fast aller Chancen auf den Sieg beraubt: Um 16.45 Uhr grätschte er außerhalb seines Strafraums an einem Ball vorbei, den Hamburgs konternder Stürmer Bobby Wood anschließend unbedrängt ins leere Leverkusener Tor schieben konnte. Danach sah es so aus, als könnte der HSV in Leverkusen für eine Überraschung sorgen - bis Pohjanpalo eingewechselt wurde. Für den HSV war das im 1800. Bundesligaspiel ein herber Rückschlag. "Nachdem wir taktisch gut gearbeitet haben", sagte der Trainer Bruno Labbadia, "ist die Enttäuschung jetzt riesig."

Bellarabi verletzt sich nach elf Sekunden

Sein Gegenüber, Roger Schmidt, hatte vier Neue in der Leverkusener Startelf aufgeboten (Benjamin Henrichs, Lars Bender, Admir Mehmedi und Javier "Chicharito" Hernandez). Julian Brandt wurde vor dem Anpfiff für den Silbermedaillengewinn von Rio geehrt, musste dann kurz auf der Ersatzbank Platz nehmen, wurde aber schon in der 3. Minute eingewechselt, weil Karim Bellarabi nach elf Sekunden einen Ausfallschritt gemacht hatte, der ihn zum Griff an den inneren Oberschenkel zwang - und zum frühen Aus. Bellarabi droht eine mehrwöchige Pause.

Auf dem Feld tat sich wenig, bis Mehmedi in der 37. Minute einen Freistoß von Hakan Calhanoglu am Fünfmeterraum mit dem Kopf erwischte, den Ball jedoch dem HSV-Torwart René Adler geradewegs in die Arme drückte. Nicolai Müller machte es drei Minuten später auf der anderen Seite per Fuß ähnlich und schloss einen der ganz wenigen Hamburger Vorstöße so harmlos ab, dass Leno den Ball leicht am Boden sicherte.

Leno verlängert seinen Vertrag - und rutscht am Ball vorbei

Nach der enttäuschenden ersten Halbzeit nahm die Partie aber bald Fahrt auf. Calhanoglu setzte in der 56. Minute einen Ball flach und knapp am Hamburger Tor vorbei. Vom HSV war bis dahin herzlich wenig zu sehen gewesen. Doch dann kam die 58. Minute, in der der Spielverlauf auf den Kopf gestellt wurde: Michael Gregoritsch schickte tief aus der eigenen Hälfte Bobby Wood, der links viel Platz vorfand. Der Ball hätte dennoch leichte Beute für den heraus eilenden Leno werden müssen, doch beim Versuch, ihn außerhalb des Strafraum kurz vor Wood fortzugrätschen, verfehlte Leno den Ball und musste mit ansehen, wie Wood den Ball unbehelligt ins leere Tor schob.

Prompt erhöhte Leverkusen den Druck. Brandt setzte Chicharito in Szene, der den Ball in der 63. Minute an den Außenpfosten setzte. In der 72. Minute kam Pohjanpalo und traf kurz darauf per Kopfball nach Flanke von Brandt zum 1:1. Das war aber erst der Anfang. Das bildschöne 2:1 erzielte er - nach Außenrist-Vorlage von Henrichs - mit einem Außenrist-Direktschuss. Und vor dem 3:1 tanzte er zunächst einen Verteidiger und narrte dann René Adler mit einem Schuss ins kurze Eck. "Drei Tore wie aus dem Bilderbuch", schwärmte Pohjanpalos Trainer Schmidt und nannte den Sieg "sehr wertvoll für unser Champions-League-Spiel am Mittwoch" (gegen ZSKA Moskau). Dort wird Pohjanpalo trotzdem kaum in der Startelf auftauchen. "Ich werde mich wohl wieder hinten anstellen müssen", sagte er selbst - und klang gar nicht unglücklich.

© SZ vom 11.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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