DOSB-Chef Hans-Peter Krämer:Der Interims-Bach

Hans-Peter Krämer

Erwarten beim DOSB viele Aufgaben: Hans-Peter Krämer.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Hans-Peter Krämer übernimmt nach Thomas Bachs Rücktritt kommissarisch die Führung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). In kurzer Zeit muss er wichtige Fragen regeln - zum Antidopinggesetz und zur Olympiabewerbung.

Von Johannes Aumüller

Ein nettes Restaurant, zwei Männer im besten Karriere-Alter sitzen an einem Tisch und posieren heftig. "Mein Haus, mein Auto, mein Boot", sagt der eine stolz und knallt entsprechende Fotos auf den Tisch. "Mein Haus, mein Auto, mein Boot", kontert der andere mit noch schöneren Fotos und ergänzt: "Meine Pferde und - meine Pferdepflegerinnen."

Es war ein ungewöhnlicher Fernsehspot, mit dem die Sparkasse Ende der Neunziger für sich warb; er wurde ein großer Erfolg, etliche ähnliche folgten. Verantwortlich dafür war der damalige Chef der Kölner Kreissparkasse, Hans-Peter Krämer. Dieser habe, so rühmte der Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt bei Krämers Verabschiedung 2006, der Gruppe beigebracht, über sich selbst zu lachen.

Das durfte bei einer Institution mit so seriös-verstaubtem Ruf als erstaunliche Leistung gelten. Noch erstaunlicher wäre es aber, wenn Hans-Peter Krämer, 72, auch der Organisation, die er in den nächsten Monaten führt, beibringen würde, über sich selbst zu lachen. Bei seinem Treffen zu Wochenbeginn hat das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) seinen bisherigen Finanz-Vizepräsidenten Krämer zum Nachfolger von Thomas Bach ernannt. Formal zwar nur kommissarisch, bis die Mitgliederversammlung einen neuen Chef wählt.

Am Dienstag teilte die DOSB-Führung mit, dass der neue Präsident nach Möglichkeit am 7. Dezember gewählt werden solle. Finde man bis dahin keinen mehrheitsfähigen Kandidaten, werde bis Dezember 2014 gewartet. "Die Brücke zwischen zwei Präsidenten sollte kurz sein. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Nachfolger von Thomas Bach am 7. Dezember gewählt werden kann", sagte Krämer. Doch egal wie lange seine Amtszeit dauert - er hat mehr zu tun, als nur ein paar Einladungsbriefe für Präsidiumssitzungen abzuschicken oder dann und wann den Grüß-August zu spielen.

In den nächsten Monaten stehen bedeutende sportpolitische Fragen an. Allen voran geht es um eine mögliche Bewerbung von München für die Winterspiele 2022 und um die Suche des kommenden DOSB-Chefs. Krämer selbst kommt dafür nicht infrage, weil gemäß der Satzung niemand gewählt werden darf, der älter als 70 ist. Aber auch die Debatte um ein Anti-Doping-Gesetz dürfte in diesem Zeitraum noch einmal verstärkt aufkommen.

Schon jetzt wird über den Nachfolger debattiert

CSU-Chef Horst Seehofer hatte kürzlich im Zuge der Berichterstattung über die Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" erklärt, er wolle das bei Koalitionsverhandlungen thematisieren. Und interessanterweise mehren sich kurz nach der Wahl von Thomas Bach zum IOC-Präsidenten sowohl in der Politik als auch in der Sportpolitik die Stimmen, die sich in dieser Frage ein Umdenken vorstellen können - jahrelang hatte sich der DOSB gegen ein hartes Anti-Doping-Gesetz gewehrt.

In allen diesen Fragen ist Krämer, der auch abseits der Sportpolitik vielfältig aktiv ist und zum Beispiel im Vorstand der Deutschen Krebshilfe und im ZDF-Fernsehrat sitzt, der erste Ansprechpartner - zusammen mit dem mächtigen Generaldirektor Michael Vesper. Beide sind enge Gefolgsleute von Bach. Krämer war bereits zu Zeiten des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) drei Jahre lang Schatzmeister, seit der Gründung des DOSB 2006 hatte er das Amt als Finanz-Vizepräsident inne.

In sportpolitischen Kreisen hat er sich einerseits einen guten Ruf erworben, weil er die finanzielle Situation des DOSB konsolidierte. Seine Akzeptanz zeigte sich etwa, als er bei den letzten Präsidiumswahlen von allen Mitgliedern des Führungsgremiums das beste Ergebnis erzielte (421 von 423 Stimmen). Andererseits erinnern sich noch heute manche daran, dass Krämer in den DOSB-Gründungstagen durchaus polarisierend gegenüber den Vertretern des Deutschen Sportbundes (DSB) auftrat.

Auch beim Handball-Traditionsklub VfL Gummersbach, wo er über viele Jahre als Aufsichtsratschef wirkte, blicken sie mit gemischten Gefühlen zurück. Zwar half Krämer des öfteren, finanzielle Probleme zu bewältigen, andererseits war er einer der maßgeblichen Betreiber des Umzugs nach Köln - das Projekt erwies sich aber als zu ambitioniert. Die Hallenkosten waren zu hoch und das Zuschauerinteresse zu niedrig, weswegen der VfL bald wieder nach Gummersbach zurückkehrte.

Nun steht der frühere Feld-Handballer für kurze Zeit an der Spitze des deutschen Sports - und er muss damit leben, dass schon vom ersten Tag seiner Amtszeit an über seinen Nachfolger debattiert wird. Hinter den Kulissen gibt es zwar diverse interessierte Anwärter, doch bis auf DOSB-Vize-Präsident Walter Schneeloch hat noch niemand erklärt, antreten zu wollen.

Das könnte sich allerdings in den nächsten Tagen ändern: Am Donnerstag treffen sich die Chefs der Spitzenverbände - und Ende des Monats kommen in München alle DOSB-Mitgliedsorganisationen zusammen. Offiziell geht es um eine mögliche Bewerbung für Olympia 2022; zumindest in den vielen kleinen Gesprächsrunden davor und danach dürfte aber die Frage nach dem künftigen DOSB-Präsidenten im Mittelpunkt stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: