Dortmund vor dem Champions-League-Finale:Rückschlag für Mario Götze

Jürgen Klopp und Mario Götze

Jürgen Klopp und Mario Götze (Archivbild)

(Foto: dpa)

Borussia Dortmund bangt vor dem Champions-League-Finale weiter um Mario Götze. Sein erstes Mannschaftstraining nach dem Muskelfaserriss muss der Angreifer abbrechen. Beim Endspiel in London erwartet Trainer Klopp ein Rollenspiel wie im Film: Die Bayern sind die Bösen. Und der BVB ist James Bond.

Von Philipp Selldorf, Dortmund

Viel gab es zunächst nicht zu sehen für die Neugierigen, die sich zu Borussia Dortmunds erster Trainingsstunde in der Endspielwoche eingefunden hatten. Ein paar Autogramme wurden ergattert, zwischendurch machte Roman Weidenfeller noch das Victory-Zeichen, obwohl er wegen seiner Notbremse im 34. und letzten Bundesligaspiel für den nächsten Saisonauftakt gesperrt wurde.

Ein normaler Trainingstag schien es zu werden, bis am Abend dann doch Neues zu jenem Thema aufkam, das nicht nur in Dortmund am meisten interessiert. Plötzlich stand stark infrage, ob Mario Götze im Champions-League-Finale gegen den FC Bayern dabei sein wird. Sein erstes Mannschaftstraining nach dem Muskelfaserriss vor knapp vier Wochen hat er abgebrochen.

Den entscheidenden Moment hatten wohl die meisten Zaungäste verpasst, es war ja nur eine versteckte Szene. Während der zweiten Einheit am Nachmittag hatte sich Götze kurz an den Oberschenkel gegriffen und dann den Platz verlassen. Ob es sich um eine Vorsichtsmaßnahme handelte, oder ob dieser Muskelfaserriss doch so hartnäckig ist wie zum Beispiel jener von Barcelonas Lionel Messi aus dem Champions-League-Viertelfinale, blieb offen. Aus den Kommentaren des Vereins war jedenfalls nichts Aufmunterndes zu filtern. Man kommentierte Götzes Gesundheitszustand nicht, verwies darauf, dass es ohnehin eine kurze Trainingseinheit sein sollte und im übrigen auf eine weitere Untersuchung des Muskels.

Götze steht ohnehin vor einem schwierigen Wochenende. Sein Wechsel zum Finalgegner FC Bayern macht ihn zur zentralen Figur. Um den Fotografen zu entgehen, hatte er sich am Dienstag bei der Ankunft am Trainingsgelände das Trikot über den Kopf gezogen. Seine erste Einheit, reine Fitnessübungen, hatte er zunächst hinter Sichtschutz mit einem Extra-Coach absolviert. Teamkollege Mats Hummels, der zwecks Behandlung seines blessierten Sprunggelenks pausierte, hatte im kicker über Götze gesagt: "Es wäre sehr hilfreich, wenn wir auf ihn zählen könnten."

Die Entwicklung des Nachmittags trübte die selbstbewusste Stimmung, die von Dortmundern und ehemaligen Dortmundern bis dahin verbreitet worden war. Ottmar Hitzfeld zum Beispiel, der ehemalige BVB-Meistertrainer, lobte über die Maßen seinen Nachfolger Jürgen Klopp: "Fantastische Arbeit (...) er stellt die Mannschaft top ein, stellt sie taktisch top ein, und bringt von der Motivation her sehr viel mit".

Weniger gerne als solche Komplimente hört man, dass Hitzfeld aus all diesen Eigenheiten ableitet, "irgendwann" werde auch Klopp seinen Weg gehen und in der Zukunft mal die Münchner Bayern trainieren. Außer mit Verachtung pflegt die Borussia solche Prophezeiungen mit dem Hinweis zu kontern, das Führungstrio mit Trainer Klopp, Sportchef Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke habe das "Commitment" getroffen, noch viele Jahre beisammen zu bleiben.

"Jürgen is the best possible manager"

Englisch ist längst Umgangssprache beim BVB. "Jürgen is the best possible manager in the world", hat Watzke neulich die internationalen Medien mit sauerländischer Färbung wissen lassen.

Englisch könnte auch das Mittel der Verständigung sein, wenn es bald um die Zukunft von Torjäger Robert Lewandowski geht. Die Dortmunder möchten dem FC Chelsea gern den Belgier Kevin de Bruyne abkaufen. Der zuletzt an Werder Bremen ausgeliehene Mittelfeldspieler zeigt sich angeblich mehr als nur aufgeschlossen. Allerdings könnte Chelseas mutmaßlicher neuer Trainer José Mourinho den Plan durchkreuzen, in dem er selbst die Dienste de Bruynes für seinen einstigen und neuen Arbeitgeber reklamiert. Branchenkenner berichten jedoch, dass Mourinho Lewandowski für ein angemessenes Tauschobjekt hält, und das wäre womöglich auch für die Dortmunder ein eleganter Ausweg: So müssten sie nicht erleben, dass sich Lewandowski den Bayern anschließt.

Der räuberische Kapitalismus war auch eines der Themen in einer langen Unterhaltung, die Jürgen Klopp mit dem Guardian führte. Die Bayern, sagte der Trainer, "wollen unsere Spieler, weil sie wissen, dass wir ihnen nicht das gleiche Geld zahlen können". Für die Dortmunder sei diese Art des Fußball-Managements ausgeschlossen, man bevorzuge einen Umgang mit Geld, der "seriös und sensibel" ist. Dann erzählte der Trainer auch von den Tränen, die es ihm in die Augen treibe, wenn er sehe, dass der Ex-Borusse Shinji Kagawa, "einer der besten Spieler der Welt", nur noch Kurzeinsätze bei Manchester United erhalte, und das auch noch auf dem linken Flügel.

Und natürlich war auch da schon Mario Götze ein Thema in Klopps Ausführungen. Der Trainer berichtete, wie am Tag nach dem glücklichen Viertelfinalsieg gegen den FC Malagá der BVB-Manager Michael Zorc aufs Trainingsgelände kam, mit einem Ausdruck "als ob jemand gestorben wäre", und wie er mitteilte, dass Götze zu den Bayern überlaufen werde.

"Wie eine Herzattacke" habe ihn das getroffen, so Klopp. Kein Wunder, dass er fürs Finale eine Rollenverteilung wie bei James Bond vorsieht: Die Bayern, sagte er, das seien die Anderen. Der Bösewicht. Was bedeute: "Ich denke, in diesem Moment muss die Welt des Fußballs auf unserer Seite sein."

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