Reaktionen auf Hand-Entscheidung in Dortmund:Maulkorb und die Bitte um Vergebung

Reaktionen auf Hand-Entscheidung in Dortmund: Fehlentscheidung: Marcel Schmelzer wird von Wolfgang Stark des Feldes verwiesen.

Fehlentscheidung: Marcel Schmelzer wird von Wolfgang Stark des Feldes verwiesen.

(Foto: AP)

Ein vermeintliches Handspiel und seine Folgen: Der BVB verliert nach starkem Beginn gegen den VfL Wolfsburg, die Dortmunder Spieler dürfen nicht reden und der Schiedsrichter sieht seinen Fehler ein - und bittet um Verzeihung. Damit könnte die Szene des bisherigen Spieltags zumindest für Marcel Schmelzer keine weiteren Folgen haben.

Von Hendrik Buchheister, Dortmund

Am Ende eines dramatisch misslungenen Arbeitstages legte Wolfgang Stark ein umfassendes Geständnis ab und bat um Vergebung. "Ein Wahrnehmungsfehler" sei ihm unterlaufen, sagte der Schiedsrichter aus Ergolding, "das tut mir natürlich leid."

Nach Studium der Fernsehbilder habe auch er eingesehen, dass es ein Irrtum war, in der 35. Minute des Spiels zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Wolfsburg auf Handspiel von Marcel Schmelzer zu entscheiden und die damit verbundenen Sanktionen zu verhängen: "Für mich war auf dem Spielfeld klar: Handspiel auf der Torlinie - und das führt eben zu einem Strafstoß und einer Roten Karte", berichtete Stark. Doch nach dem Spiel musste er erkennen, "dass kein Handspiel vorlag".

Leise Worte waren das von einem Mann, der mit seinen Fehlern einen beträchtlichen Beitrag zur Dortmunder 2:3-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg geleistet hatte. Vier der fünf Tore an diesem Nachmittag waren höchst zweifelhaft, nur Bas Dosts Siegtreffer in der 73. Minute war eindeutig regelkonform. Doch Starks schwerwiegendste Verfehlung war die Entscheidung gegen Marcel Schmelzer in der ersten Halbzeit, als er ein Handspiel sah, obwohl dem Nationalverteidiger der Ball erst gegen das linke Knie und von dort gegen das rechte prallte.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Dortmunder das Publikum verwöhnt. 1:0 führten sie durch einen frühen Treffer von Marco Reus, und Trainer Jürgen Klopp sagte hinterher, dass er seine Mannschaft im eigenen Stadion lange nicht so gut erlebt habe. Doch das Spiel kippte mit der Hinausstellung Schmelzers und dem mitgelieferten Elfmeter für den VfL, den Diego zum Ausgleich nutzte. Der Mittelfeldmann aus Brasilien wagte danach sogar einen Freudentanz vor der Dortmunder Südtribüne.

Klopp sieht mehr als Stark

In Unterzahl hatte der BVB nicht die Kraft, sich den Wolfsburgern erfolgreich zu widersetzen. Klopp nannte das Zustandekommen der Niederlage hinterher wahlweise "skurril" und "brutal hart". Anders als Schiedsrichter Stark war er sich nach eigenen Angaben sofort sicher gewesen, dass Schmelzer den Ball nicht mit der Hand von der Torlinie befördert hatte.

Seinen Spielern erteilte Klopp vorsichtshalber ein Interview-Verbot. Schiedsrichter Stark war ja schon genug gescholten worden: Die Fans des BVB pfiffen ihn mit Hingabe aus, und einige forderten mit Bezug auf die Farbe der Schiedsrichter-Kleidung sogar: "Hängt sie auf, die schwarze Sau!" Wolfgang Stark richtete vor seiner Abreise aus dem Stadion noch aus, wie sich Spiele wie dieses auf sein Wohlbefinden auswirken: "Man muss das Ganze auch erstmal sacken lassen", sagte er, "innerlich rumort es in einem."

Die Dortmunder Niederlage wird zwar nicht umzukehren sein, doch zumindest die Strafe gegen Schmelzer könnte nach Starks Geständnis aufgehoben werden. Der Kontrollausschuss des DFB will am Montag die Einstellung des Verfahrens beantragen. Der Verteidiger dürfte dann am kommenden Sonntag beim letzten Hinrundenspiel der Dortmunder in Hoffenheim wieder mitwirken. "Eine 55-Minuten-Strafe hat er ja schon abgesessen", sagte Klopp.

Und insgesamt war es bittere Ironie, dass gerade Schmelzer die Rolle des tragischen Helden zukam. Ihm war am Samstag die Titelgeschichte im Dortmunder Stadionheft gewidmet, in der es um die Hochs und Tiefs des Verteidigers in der jüngeren Vergangenheit ging. Die Geschichte trug die Überschrift: "Schmelzers bewegtes Jahr".

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