Dortmunder 1:0-Sieg gegen Hoffenheim:Klopps Bauchgefühl belohnt

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Flugkopfball ins Glück: Ilkay Gündogan (in schwarz-gelb, nicht eng genug bewacht von Kevin Volland) erzielt das 1:0 gegen Hoffenheim. (Foto: Jonas Güttler/dpa)

Borussia Dortmund rackert und zaubert, trifft früh und vergibt danach auch gegen Hoffenheim eine Vielzahl an Chancen - doch diesmal reicht es zu einem 1:0-Sieg, auch weil Trainer Jürgen Klopp kurzfristig den Torhüter wechselt.

Mats Hummels und Andreas Beck standen sich gegenüber, Hummels zückte, Beck zückte, aber es waren keine Schusswaffen, nur zwei Wimpel, die die Spielführer von Borussia Dortmund und 1899 Hoffenheim zu ihrem Duell am Freitagabend mitgebracht hatten. "Freitag ist High Noon", hatte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp vor der Partie ja martialisch verkündet; die auf Tabellenplatz 18 abgestürzte Borussia war dringend auf einen Erfolg angewiesen. Dortmund gewann dann tatsächlich 1:0 (0:0), wenn auch mit bewährten, friedlichen Mitteln: "Vorne ein Tor geschossen, hinten keines kassiert, und das alles auch noch in einem Spiel", stellte der Dortmunder Trainer erstaunt fest.

Klopp hatte neben aller Wildwest-Rhetorik vor der Partie noch ein paar ernste Worte an die eigene Belegschaft gerichtet. Er werde nur Spieler für die Startaufstellung rekrutieren, die den physischen wie psychischen Anforderungen der aktuellen Lage gewachsen seien. Entsprechend aufmerksam wurde vor Spielbeginn landein landaus der Aufstellungsbogen studiert. Klopp enttäuschte die Beobachter nicht.

Erik Durm, Kevin Großkreutz sowie Matthias Ginter mussten Richtung Ersatzbank abbiegen, das gleiche Schicksal erlitt Shinji Kagawa, der Japaner spielt seit Wochen gehemmt; vermutlich rätselt Kagawa noch immer, ob er auch wirklich zu jener Borussia zurückgewechselt ist, die er vor rund zwei Jahren als zweifacher Meister und Pokalsieger gen Manchester verlassen hatte.

Doch diese Änderungen verkamen letztlich allesamt zu Fußnoten angesichts einer anderen Personalie: Roman Weidenfeller, 34, der immerhin 410 Pflichtspiele, zwei Meistertitel, einen DFB-Pokalsieg und einen WM-Titel auf dem Briefkopf stehen hat, wurde von Klopp aus dem Tor beordert. Mitchell Langerak, Weidenfellers treuer Adjutant, sprang ein. Der 26-Jährige verfügt über die Erfahrung aus 22 Pflichtspielen, für den Westernkrimi gegen Hoffenheim hielt ihn Klopp aber anscheinend für den reiferen Protagonisten - auch wenn sich Klopp bemühte, derartige Zusammenhänge vor Anpfiff zu entkräften.

"Reines Bauchgefühl", sagte der Trainer, Langerak sei einfach mal dran gewesen.

Klopp hätte allerdings auch Dortmunds ewigen Torwarttrainer Teddy de Beer nominieren können, es wäre zunächst kaum aufgefallen. Der BVB warf sich, wie antizipiert, mit großer Leidenschaft ins Spiel. Mats Hummels meldete sich im ersten Spiel nach seiner Knöchelverletzung wieder zum Spielmacher-Dienst, Bender, Gündogan, Mkhitaryan, Aubameyang und Ramos bemannten die Hoffenheimer Hälfte, flankiert von den Außenverteidigern Piszczek und Schmelzer.

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Die Dortmunder mischten ihrer Leidenschaft allerdings auch eine kräftige Prise Nervosität bei, Hoffenheim kombinierte sich immer wieder gefällig in die Dortmunder Hälfte - bis zur 17. Minute. Piszczek erarbeitete sich in der gegnerischen Hälfte den Ball, Aubameyang enteilte seinen Bewachern auf der linken Hoffenheimer Flanke, seine Hereingabe segelte passgenau zu Gündogan, der Mittelfeldspieler wuchtete den Ball per Flugkopfball ins Tor.

Ilkay Gündogan trifft per Flugkopfball? Auch nicht schlecht.

Klopp hüpfte zwei Mal vorschriftsmäßig in die Luft, erleichtert wirkte der Trainer allerdings nicht, vermutlich auch, weil sich das Spiel seiner Mannschaft kaum entkrampfte. Hoffenheim wehrte sich, Hummels rückte zu zwei Noteinsätzen in der Defensive an. Zur Pause blieb es beim 1:0, die Dortmunder waren zumindest temporär ein paar Plätze in der Tabelle geklettert, aber so verlässlich die Dortmunder in dieser Saison oft in der ersten Hälfte aufgetreten waren, so verlässlich hatten sie sich dank filmreifer Gegentore in der zweiten Hälfte selbst geschlagen.

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Es dauerte dann zwei Minuten im zweiten Durchgang, ehe sich der BVB beinahe erneut schwächte. Piszczek rammte dem merkwürdig unbewachten Schwegler kurz vor dem eigenen Strafraum den Arm in den Rücken. Rudy trat zum Freistoß an, der Ball segelte passgenau Richtung Dortmunder Tor, ins Tor, nein, Hummels war Richtung Torlinie gesprintet, in letzter Sekunde lenkte er den Ball neben das Tor. "Der Kehl hat mir gesagt, der wäre eh nicht reingegangen, ich soll mich nicht feiern lassen", sagte Hummels nach dem Spiel, er widerstand der Versuchung erfolgreich. "Das war noch keine Erlösung, aber ein super Spiel von uns", sagte Hummels, "das wird niemand anzweifeln."

Zumindest näherte sich der Dortmunder Vortrag nach Rudys Warnschuss wieder ein wenig den Auftritten aus besseren, verblassten Zeiten an. Hoffenheim wagte sich nach vorne, die Borussia konterte, erarbeitete sich fleißig Chancen, die sie ebenso fleißig vergab. Gündogan schlenzte neben das Tor (60.), Hoffenheims Torwart Baumann rettete in großer Not gegen Aubameyang, er lenkte einen Hummels-Kopfball aus zehn Metern irgendwie noch über die Latte (63.), boxte einen Schuss von Aubameyang irgendwie noch an den Pfosten (76.).

In den letzten Minuten zwang der BVB dann auch wieder das Glück auf seine Seite: Subotic ging Elyounoussi ungelenk an, doch es gab keinen Elfmeter. Am Ende lagen sich die Dortmunder erschöpft in den Armen, manche formulierten schon mutige Ziele: "Es wäre schön", sagte Sportdirektor Michael Zorc, "wenn wir bald auch auswärts mal wieder punkten."

© SZ vom 06.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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