Dortmund schlägt Leverkusen:Plötzlich Zauberfußball

Lesezeit: 3 min

Freudentraube: Die BVB-Spieler um Marco Reus und Jadon Sancho. (Foto: AP)
  • Nach dem schwachen Derby gegen Schalke besiegt der BVB Bayer Leverkusen mit 4:0.
  • Vor allem Marco Reus und Jadon Sancho zeigen eine außergewöhnliche Leistung.
  • Borussia Dortmund befindet sich trotz aller Krisen auf gutem Weg in die Champions League.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Der Trainer Peter Stöger hat seine Schuldigkeit so gut wie getan. Borussia Dortmund ist drei Spieltage vor dem Saisonende nahe daran, sich für die Champions League zu qualifizieren. Der Vorsprung beträgt nach dem spektakulären 4:0 (1:0)-Sieg gegen Bayer Leverkusen fünf Punkte. Dass Stöger die Dortmunder auch nächste Saison in der Champions League begleiten darf, ist dennoch unwahrscheinlich. Die attraktive Leistung am Samstagabend hat in der Klubführung vielleicht die Gewissheit bestärkt, dass man mit Stöger weitermachen könnte für den Fall, dass kein Wunschtrainer verfügbar ist. Aber da es dem BVB weder an Mitteln noch an emotionaler Attraktivität mangelt und der Kurs nun klar Richtung Champions League geht, ist kaum zu erwarten, dass sich kein anderer Kandidat finden lässt.

Stöger jedenfalls durfte endlich einmal ohne Reue vom Dortmunder Spiel schwärmen. "Wir haben mit Mut, Tempo und hoher Konsequenz eine tolle Vorstellung gezeigt", sagte er und lobte vor allem den körperlichen Einsatz seiner Spieler vor dem Hintergrund, "dass das nicht gerade unsere Grundtugend ist". Dass die Dortmunder in einer zuletzt so kaum mehr gekannten Weise Eins-gegen-Eins-Situationen suchten und in engsten Räumen ein schönes Kombinationsspiel aufzogen, lag nach Ansicht des Leverkuseners Kevin Volland aber auch am mangelhaften Einsatz der Gäste. "Wir sind ja allen Zweikämpfen aus dem Weg gegangen", klagte er, "wir haben überhaupt keinen Männerfußball gespielt."

Kapitän Schmelzer muss wegen Formschwäche auf die Tribüne

Den Dortmundern ist genau das gut gelungen, vor allem Marco Reus und Jadon Sancho. Nach einem Abseitstor, einem verschossenen Elfmeter und einem Lattentreffer erzielte Reus als Kapitän trotzdem noch zwei Treffer. Den Ruhm teilen musste er sich aber mit dem 18-jährigen Engländer Sancho, der ein Tor und zwei Vorlagen beisteuerte.

Es gab mehrere Gründe, warum die Dortmunder das Spiel auf Anhieb so begannen, als ginge es um mehr als nur um drei Punkte für die Champions League. Sie wollten sich für die Derby-Niederlage der Vorwoche auf Schalke rehabilitieren und außerdem nicht auf sich sitzen lassen, was ihnen die Fans auf Spruchbändern vorwarfen. "Versager!", stand auf dem einen, "Niemand verkörpert Borussia Dortmund so wenig wie ihr", auf einem anderen. Aber auch die vier Wechsel in der Startelf taten der Leistung gut. Stöger hatte nicht mal auf den Nimbus des Kapitäns Rücksicht genommen und Marcel Schmelzer gar nicht erst in den Kader berufen.

Die Dortmunder Fans waren ungeachtet ihrer Kritik empfänglich für ein von Anfang an leidenschaftliches und mutiges Spiel ihrer Mannschaft. Stöger hatte äußerst offensiv aufgestellt: mit Reus, Mario Götze, Maximilian Philipp, Christian Pulisic und Sancho. Die beiden Letztgenannten spielten in der 13. Minute das 1:0 heraus. Pulisic, 19, setzte sich mit einem Solo im Mittelfeld phantastisch durch und bediente Sancho, 18, derart gut, dass der Engländer Zeit und Raum genug hatte, um Leverkusens Ersatztorwart Ramazan Özcan, 33, zu überwinden. Stammkeeper Bernd Leno fehlte verletzt.

Reus entschädigt sich für all den Frust

Der Torwart Özcan und der Videoassistent Günter Perl verhinderten im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit, dass die Partie noch viel früher entschieden wurde. Leidtragender war gleich zweimal Reus. Zunächst wurde sein bereits ausgiebig bejubeltes Tor (34.) wegen einer vorangegangenen Abseitsstellung von Philipp zu Recht zurückgenommen, drei Minuten später parierte Özcan einen suboptimalen Elfmeter des Dortmunder Ersatzkapitäns. Bayers sehr junger Linksverteidiger Panagiotis Retsos hatte Pulisic im Strafraum gehalten. Als Leverkusens Nationalverteidiger Jonathan Tah kurz vor der Pause verletzt hinaus musste und durch Tin Jedvaj ersetzt wurde, verdüsterten sich die Zeichen für Bayer weiter.

Die Gäste aus dem Rheinland waren in Westfalen nämlich auch nach der Pause nicht in der Lage, sich nachhaltige Chancen zu erspielen. Dortmund blieb äußerst vital, was in dieser Saison oft keine Selbstverständlichkeit war. In der 51. Minute hatte Reus zum dritten Mal an diesem Tag Pech, als er eine schöne Bogenlampe nur auf die Latte setzte. Aber in der 55. Minute entschädigte er sich für all den Frust. Julian Weigl mit einem Steilpass und Götze mit einer prägnanten Weiterleitung setzten ihn so gut in Szene, dass er Özcan umkurven und zum 2:0 einschieben konnte. In der 63. Minute erhöhte Philipp auf Vorlage von Sancho auf 3:0, Reus krönte seine Leistung per Kopf mit dem 4:0 in der 80. Minute, wieder hatte Sancho vorbereitet. "Dortmund hatte uns Gift, Leidenschaft und Aggressivität voraus", gestand Bayer-Trainer Heiko Herrlich. "Der Sieg war mehr als verdient."

© SZ vom 22.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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