Dortmund - Bayern:Erstmals ohne Tor

Drei Tage nach dem Belgrad-Spiel kommt ein müder FC Bayern gegen leidenschaftlich kämpfende Dortmunder mit einem 0:0 davon.

Traditionell gilt der Europapokal als etwas Feierliches, die Liga dagegen als schnöder Alltag. In dieser Saison kann man sich da beim FC Bayern nicht mehr so sicher sein, weil der Uefa-Cup bekanntlich nicht der Wettbewerb ihrer Träume ist. In dieser Woche nun ist die Hierarchie der Wettbewerbe endgültig durcheinander geraten: Während sich die Bayern in Belgrad in einem dunklen Stadion auf schwerem Geläuf mühten, wartete am Sonntagabend ein sattgrüner Rasen in einem hell ausgeleuchteten Dortmunder Stadion.

Dennoch war bald ersichtlich, dass sich die Wettbewerbe inhaltlich nicht trennen lassen: Den Bayern war deutlich anzumerken, dass sie vor drei Tagen noch auf tiefem Boden Sport getrieben haben. Am Ende mussten sie froh sein, bei leidenschaftlichen Dortmundern mit einem 0:0 davongekommen zu sein - es war das erste Mal in dieser Saison, dass dieser neue FC Bayern torlos blieb. In der Tabelle ist der Hamburger SV nun bis auf vier Punkte an die Münchner herangerückt.

Anders als in Belgrad konnte Trainer Ottmar Hitzfeld wieder auf seinen ersten Sturm vertrauen. Luca Toni war rechtzeitig von einer Grippe genesen und wurde dafür mit der Abwesenheit von Christian Wörns belohnt, den Dortmunds Coach Thomas Doll auf die Bank verfrachtet hatte.

Überhaupt versuchte Doll die Bayern mit einer Aufstellung zu übertölpeln, die kaum einer erwartet hatte Nicht nur, dass der chronisch ungefährliche Nelson Valdez den Vorzug vor Diego Klimowicz bekommen hatte - auch im Mittelfeld überraschte Dortmund mit neuer Rollenverteilung. Der Pole Blaszczykowski, sonst am rechten Flügel zu Hause, war diesmal eher mittig platziert, über links sollte der schnelle Delron Buckley die Bayern beschäftigen.

Die Liga hat ganz offensichtlich das Gefühl, dass sie sich gegen den FC Bayern in dieser Saison schon etwas Besonderes einfallen muss, aber die Münchner konnten ihrerseits mit einer Überraschung. Anstelle des weiterhin angeschlagenen Franck Ribéry nominierte Hitzfeld den Argentinier José Ernesto Sosa (siehe eigenen Text), der bislang noch keine Rolle gespielt hat in der Münchner Weltauswahl. Auch Bastian Schweinsteiger wurde vom cleveren Moderator Hitzfeld für sein Tor in Bochum und seinen Fleiß in Belgrad mit einem Platz in der Anfangsformation belohnt.

Auch wenn die Bayern diesmal enttäuschten, so ließ sogar in diesem Spiel erkennen, wie die Münchner schon jetzt die Liga verändert haben. So dominant sind sie bislang durch diese Saison marschiert, dass Spiele gegen Bayern für alle Klubs wieder wie Endspiele sind - voller Euphorie und Kampfesmut stürzten sich die Borussen in diese Partie, entzündet von den 80000 Zuschauern, die mithelfen wollten, diese Bayern endlich zu besiegen.

Aber sie mussten zunächst feststellen, dass die Bayern auch für diese Art von Spiel ihre Mittel haben: Sie hielten forsch dagegen und ließen sich erst mal nicht besonders aus der Ruhe bringen. Sie spürten, dass die Borussen sich bereits am Limit bewegten, während die Münchner ihre Grenzen - vorerst - nicht ausloten mussten. In Ermangelung der genialen Ribéry-Momente verlegten sich die Bayern erst einmal darauf, den Kampf anzunehmen und auf die entscheidenden Situationen zu lauern.

Die allerdings ließen auf sich warten. Intensiv wogte die Partie zwischen den Strafräumen hin und her, in den Strafräumen passierte aber wenig. Nach vier Minuten parierte der wieder einmal überzeugende Michael Rensing gegen Petric, den er mit verunglücktem Abwurf erst ins Spiel gebracht hatte, aber ansonsten verstrich die erste Hälfte fast ohne Torgelegenheiten - abgesehen von jener spektakulären 36. Minute, als Demichelis' 35-Meter-Schuss vom Himmel hinunter und direkt auf die Latte fiel, worauf sich Klose die Mühe machte, per Nachschuss noch einmal die Latte anzuvisieren.

Schlampige Chancenverwertung

Ansonsten fanden Klose und Toni nur schwer ins Spiel, zu selten drang der Ball in diesem kampfbetonten Spiel bis zu ihnen durch. Nach der Pause erhöhte die Partie ihre Intensität erneut, was vor allem den Dortmundern zu verdanken war, die nun wie eine auf Offensive programmierte Maschine einen Angriff nach dem anderen fuhren. Nun brachten sie die Münchner erstmals in Situationen, die diese bestimmt nicht haben wollten. Erst verzog Petric knapp (57.), dann traf Tingas feiner Pass genau die Nahtstelle der bayerischen Viererkette, aber Blaszczykowski vergab freistehend (62.).

Nun entglitt den müder werdenden Münchnern die Kontrolle über dieses Spiel, nun hätten sie an ihre eigenen Grenzen gehen müssen, aber sie fanden sie nicht. Immer wieder gerieten Abwehr und Mittelfeld jetzt bedenklich ins Taumeln. Buckleys Schuss lenkte Rensing in Kahn-Manier an den Pfosten (64.), den Nachschuss platzierte Kringe am Pfosten. Und kurz darauf tat Valdez das, was er am besten kann: Er vergab eine Großchance. Aus zwölf Metern drosch er den Ball über Rensings Tor.

Im Fußball sagt man in solchen Fällen gern, dass ein Tor in der Luft liegt, aber genauso sagt man, dass sich solch schlampige Chancenverwertung rächen kann. Dieses Spiel entschied sich für ein klares Weder-Noch: Am Ende lag doch nichts in der Luft, und nichts rächte sich. Auch den Dortmundern fuhr jetzt die Müdigkeit in die Beine, sie hatten ja mächtig Tempo gemacht. So blieb ihr Sturmlauf unbelohnt, aber ein Verdienst hatten die Borussen am Ende exklusiv: Ihnen ist die Erkenntnis zu verdanken, dass die Bayern nicht in jedem Spiel ein Tor schießen.

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