Dortmund:Am Ende ein Normalfall

Der BVB gerät gegen Frankfurt früh in Rückstand. Doch dann drehen die Borussen das Spiel und gewinnen 4:1. Dortmund bleibt an den Bayern dran.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Beim beliebten Tippspiel im Medienarbeitsraum von Borussia Dortmund lauteten die kühnsten Prognosen am Sonntag: 4:0, 5:0 und 6:0. Schließlich hatte der Frankfurter Trainer Armin Veh vor dem Spiel selbst gesagt: "Im Normalfall kann nichts groß erwartet werden." Nach 22 Sekunden hätte Marco Reus beinahe das erste Tor erzielt, nach 105 Sekunden lautete das Eckenverhältnis 3:0 für Borussia. Doch die Auftaktpointe gehörte den Frankfurtern. Mit dem ersten Schuss aufs Tor brachte Alexander Meier die Eintracht in der 6. Minute mit 1:0 in Führung. 81 359 Zuschauer rieben sich die Augen.

Aber die Überraschung hatte eine zu lange Restlaufzeit. Vehs "Normalfall" nahm mit Verspätung Form an. Henrikh Mkhitaryan (24.), Pierre-Emerick Aubameyang (57.), Mats Hummels (61.) und Ramos (86./allerdings aus stark abseitsverdächtiger Position) erzielten auch angesichts einer 50-minütigen Überzahl die Dortmunder Treffer zum dann doch noch recht klaren 4:1 (1:1)-Sieg. Schon jetzt wissen die Borussen, dass sie auf dem zweiten Tabellenplatz überwintern dürfen, weil sie weder den FC Bayern einholen noch von ihren Verfolgern mehr erreicht werden können.

Frankfurts 6-3-1-System geht bis zur 24. Minute auf, doch erst nach der Pause fällt die Entscheidung

Ende Oktober hatten die Frankfurter dem FC Bayern ein Nullzunull abgetrotzt, aber das war bis dato die letzte Heldentat der Hessen, die in Dortmund schon die vierte Bundesliga-Niederlage nacheinander erlitten und in ihrem adventlichen Absturz nun bedrohlich nahe an die Abstiegszone herangerückt sind. "Wir müssen uns als Mannschaft zusammenraufen", sagte Stürmer Alexander Meier, "dann bin ich davon überzeugt, dass wir da unten wieder rauskommen." Dafür, dass Trainer Armin Veh seine Mannschaft unter der Woche öffentlich hart angegangen, ihr sogar gedroht hatte ("Vor mir gehen andere!"), fand Meier sogar Verständnis - und dies in drastischen Worten: "Es ist völlig normal, dass der Trainer uns zusammenscheißt - wenn wir scheiße machen!" Veh drückte sich nach dem 1:4, trotz der am Ende klaren Niederlage, gewählter aus: "Ich habe ein enges Verhältnis zur Mannschaft, und sie hat hier eine gute Reaktion gezeigt."

Nach der frühen Führung verdichteten die Frankfurter ihr System auf ein 6-3-1. Sie gönnten den Dortmunder durchgängigen Ballbesitz und waren ausschließlich darauf erpicht, die Gastgeber aus dem eigenen Strafraum herauszuhalten. Doch das ging nur bis zur 24. Minute gut. Dann erlief Aubameyang im Strafraum einen Steilpass und bediente Mkhitaryan im Fünfmeterraum zum 1:1. Nach allerhand ausgelassenen Dortmunder Großchancen vergab Aubameyang in der 45. Minute die größte: einen Elfmeter. Er selbst war von Slobodan Medojevic im Strafraum geschubst worden, wofür der Frankfurter nach seiner gelben Karte eine Viertelstunde zuvor mit Gelb-Rot vom Feld geschickt wurde. Aubameyang schoss neben das Tor.

Mit Shinji Kagawa für den verletzten Marco Reus und einem Mann mehr auf dem Platz erneuerten die Dortmunder gegen erzwungen destruktive Frankfurter nach dem Seitenwechsel ihre Gewinnansprüche. Bis zur Strafraumgrenze drängten sie die Gäste zurück und schnürten diese auf engstem Radius ein. In der 57. Minute aber passierte es dann: Es musste schnell gehen im dichten hessischen Abwehrverband, und es ging schnell: Ilkay Gündogan bediente links außen Kagawa, der direkt in die Mitte abprallen ließ und dort den ungestörten Aubameyang antraf. Der Gabuner erzielte sein 18. Saisontor und sah nur vier Minuten später den zuletzt oft zerknirscht wirkenden Mats Hummels enthusiastisch die Arme hochreißen. Grund: Nach einem Rückpass von Mkhitaryan schoss der Kapitän aus 13 Meter mit seinem zweiten Saisontreffer zum 3:1 ein.

Nun war die Sache entschieden. Veh wie auch BVB-Trainer Thomas Tuchel verbrachten die weitere Spielzeit am Rande weitgehend unaufgeregt. Kurz vor dem Ende traf dann auch noch Ramos (86.) zum 4:1. Zum Gesang seliger Dortmund-Fans pflegten die Schwarz-Gelben Ballbesitz mit gelegentlicher Spende an hilfsbedürftige Frankfurter. Deren letztes Hinrundenspiel am Samstag gegen Bremen ist von größerer Relevanz als das Dortmunder Gastspiel beim 1. FC Köln. "Man muss nur auf die Tabelle schauen", sagte Frankfurts Meier, "da weiß jeder, um was es geht." Und Veh ergänzte: "Es sind schwere Zeiten für meine Mannschaft und für mich - aber es ist ja nicht so, dass man im Winter schon abgesteigen wäre."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: