Dopingverdacht gegen Contador:Verdorbenes Fleisch

Seit langem wird der dreimalige Tour-de-France-Sieger Alberto Contador verdächtigt zu dopen. Nun findet ein Labor ausgerechnet das leicht nachweisbare Clenbuterol. Der Fahrer wehrt sich bereits.

Am 24. August, also vor vier Wochen schon, hat Alberto Contador von dem positiven Test erfahren. Das Dopinglabor in Köln hatte in einer Urinprobe, die der spanische Radprofi am 21. Juni, dem zweiten Ruhetag der Tour de France, abgegeben hatte, den Stoff Clenbuterol entdeckt. Eine sehr geringe Menge nur, 50 Pikogramm pro Milliliter, doch der Weltverband UCI kam nicht umhin, den dreimaligen Sieger der Frankreich-Rundfahrt (2007, 2009, 2010) vorläufig zu sperren - "wie es das Reglement vorsieht".

Dopingverdacht gegen Contador: Das war der dritte Tour-Sieg in Paris für Alberto Contador. Jetzt könnte er diesen Sieg wieder verlieren.

Das war der dritte Tour-Sieg in Paris für Alberto Contador. Jetzt könnte er diesen Sieg wieder verlieren.

(Foto: AFP)

In der Nacht zum Donnerstag lancierten sowohl die UCI wie auch Profi Contador gleichzeitig ihre Erklärungen. Demnach ist bereits die B-Probe geöffnet worden und hat das Ergebnis der A-Probe bestätigt. Dennoch glaubt die UCI, dass der Fall aufgrund der geringen Menge Clenbuterols in Contadors Urin weitere wissenschaftliche Untersuchungen verlange, "bevor Schlussfolgerungen gezogen werden können". Und das würde Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin wolle die UCI den Fall nicht mehr kommentieren.

Contador hatte sich bereits in der vergangenen Woche positioniert. In einem Interview mit Sport-Bild erklärte er: "Die Dopingfälle sind Vergangenheit. Wir haben harte Kontrollen und es gab zuletzt keine positiven Tests. Es ist an der Zeit, den Chip zu wechseln, der Sport muss wieder im Vordergrund stehen."

Nun wies der 27-Jährige in seiner Erklärung wissentliches Doping zurück. "Es ist ein klarer Fall von verunreinigtem Fleisch", erklärte bei einer Pressekonferenz in Pinto bei Madrid. In einer Erklärung hatte er zuvor auf ein kontaminiertes, aus Spanien stammendes Steak hingewiesen. Andere Teilnehmer der Tour hätten das Fleisch ebenfalls gegessen, seien aber nicht zu einem Dopingtest zitiert worden.

"Alle konsultierten Experten haben den Verdacht bestätigt, dass sich der Test auf ein verunreinigtes Essen zurückführen lässt", teilte Contador mit, gerade auch, wenn man die Häufigkeit von Dopingtests bei der Tour de France in Betracht ziehe. Der Zeitpunkt des Testergebnisses und die kleine Menge schließen "jeden anderen Ursprung und Absicht aus".

Er vertraue darauf, dass die UCI und Welt-Anti-Doping-Agentur Wada seinen Fall genau untersuchen auf die Kleinigkeiten achten werde, sagte Contador in Pinto.

Für die Verantwortlichen im Radsport ist das Testergebnis aus Köln ein weiterer Nackenschlag. Der Spanier könnte nach dem Amerikaner Floyd Llandis 2006 der zweite Tour-Sieger werden, dem sein Titel nachträglich aberkannt wird. Bjarne Riis hatte im Zuge der Telekom-Ermittlungen zugegeben, bei seinem Erfolg 1996 gedopt zu haben. Jan Ullrich, dem Sieger 1997, ist mehrfach nachgewiesen worden, unerlaubte Maßnahmen zur Leistungssteigerung ergriffen zu haben und dem siebenmaligen Tour-Gewinner Lance Armstrong ist mal wieder ein Dopingfahnder auf der Spur.

Kurz nach der Veröffentlichung Contadors positiver Probe meldete die spanische Zeitung Marca auf ihrer Internetseite, dass auch der Vuelta-Zweite von diesem Jahr, Ezequiel Mosquera, sowie ein weiterer Fahrer aus dessen Team Xacobeo Galicia positiv auf Doping getestet wurden.

Verbindung mit Ex-Doper Riis

Bei Alberto Contador fährt seit Jahren der Zweifel mit, dass er seine Leistungen ohne unerlaubte Mittel vollbringt. Recherchen der Süddeutschen Zeitung hatten schon 2006 ergeben, dass Contadors Kürzel A. C. in Polizeiakten stand: auf einem Medikationsplan für das Rennjahr 2005 seines damaligen Teams Liberty, das der spanische Dopingarzt Eufemiano Fuentes systematisch dopte. Im Zuge der bis heute von Spaniens Justiz blockierten Ermittlungen zum Puerto-Skandal verschwand Contadors Name jedoch von der Fuentes-Liste; auch der Weltverband teilte damals lapidar mit, das Contador betreffende Dokument sei "für die UCI nicht verfügbar".

Nun hat ausgerechnet der heutige Teamchef Riis den 27-jährigen Spanier in sein Saxo-Bank-Team geholt. Der Vertrag soll Contador fünf Millionen Euro pro Jahr einbringen. Riis selbst soll seine besten Fahrer in den vergangenen Jahren mit Fuentes in Kontakt gebracht haben, hieß es vor zwei Jahren in Zeugenaussagen bei Ermittlern. Riis bestritt die Vorwürfe, die folgenlos blieben - wie bei Contador.

Für viele Doping-Experten kommt ein positiver Test des Spaniers nicht überraschend. ARD-Mann Hajo Seppelt sagte im Frühstücksfernsehen: "Es gibt seit Wochen Gerüchte, es fehlte nur noch ein Mosaiksteinchen." Allerdings wirft der Stoff Clenbuterol und die geringe gefundene Menge Fragen auf. Clenbuterol ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Sympathomimetika und wird zur Behandlung von Asthma verwendet. Die Leichtathletin Katrin Krabbe wurde 1992 positiv auf diese Substanz getestet und hatte damit für einen der größten Dopingskandale in Deutschland gesorgt.

Heute gilt es als Allgemeingut, dass professionelle Doper den Stoff nicht anrühren, weil er sehr leicht und relativ lange im Körper nachgewiesen werden kann.

In der vergangenen Woche war der deutsche Tischtennisspieler Dimitrij Ovtcharov positiv auf Clenbuterol getestet worden. Auch der 22-Jährige führt die positive Probe auf kontaminiertes Fleisch während der China Open zurück.

Es ist also ziemlich viel verdorbenes Fleisch im Umlauf.

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