Dopingfall Contador:Hundert Kälber

Immer deutlicher wird, welches Bubenstück sich Alberto Contador bei seinem Tour-de-France-Sieg im Sommer offenbar geleistet hat. In den Indizien findet sich nichts Entlastendes.

Thomas Kistner

Zug um Zug kommt ans Licht, welches Bubenstück sich Alberto Contador offenbar geleistet hat beim sommerlichen Tour-de-France-Sieg, die detektivische Analysearbeit des Kölner Labors lässt ein überwältigend klares Szenario erkennen. Demnach hat sich Contador bei der Tour mit Eigenblut gedopt, und dabei außer Acht gelassen, dass das rückgeführte Blut zu einer Zeit entnommen worden war, als er mit anderen Stoffen hantierte: Mit Clenbuterol, das zwar leicht nachweisbar ist, jedoch gefahrlos konsumiert werden kann zu gewissen Zeiten, da keine oder kaum Kontrollen drohen; im Winter etwa, wenn Aufbautraining ansteht.

Alberto Contador

Schon wieder Indizien, die gegen ihn sprechen: Tour-de-France-Sieger Alberto Contador.

(Foto: AP)

Das Szenario, wie es eindeutiger kaum sein könnte: Am 20. Juli 2010 weist Contadors Urin einen um den Faktor acht erhöhten Plasticizer-Wert auf (dieser zeigt Plastikrestspuren von Stoffen an, die besonders in Blutbeuteln vorhanden sind, um sie geschmeidig zu halten). Der dramatische Wert steht singulär im Raum, ein isolierter Ausreißer, der sich schon anderntags verflüchtigt hat - dafür treten am 21. Juli Clenbuterol-Spuren auf.

"99 Prozent sicher"

Zwei Befunde, die eine pharmakologische Einheit bilden, denn Clenbuterol zählt zu den Stoffen, die stark ins Gewebe eindringen, bevor sie zur Ausscheidung in die Nieren zurückkehren. Diese Abfolge der Werte, sagen Experten wie der Pharmakologe Fritz Sörgel, "passt wunderbar zusammen". Und es findet sich nichts Entlastendes.

Im Gegenteil. Jetzt sagt Professor Fernando Ramos von der Universität Coimbra (Portugal), Contadors Clenbuterol-Werte seien unmöglich auf den Genuss von Kalbsteak zurückzuführen, allenfalls auf den der Tierleber - sonst müsste das Kalb ja so stark mit Clenbuterol gemästet gewesen sein, dass es schon vor der Schlachtung an den Nebenwirkungen eingegangen wäre. Lebensmittelchemiker Ramos nennt seine Expertise zu "99 Prozent sicher" und begründet sie mit jahrzehntelangen Studien, die er in wissenschaftlich angesehenen Blättern publiziert hat.

Ob es langsam eng wird für Sportsfreund Contador? Gemach. Er hat ja die Kamarilla des Rad-Weltverbandes UCI hinter sich, die wird auch weiter alles tun, um den Fall ihres Branchenprimus unter den Teppich zu kehren. Unter einen Teppich, der sich längst derart wölbt, als lägen hundert Kälber darunter begraben.

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