Doping:"Wir hätten 1000 positive Fälle mehr"

Ein dänischer Experte kritisiert die Weltsportverbände: Die Dopingtests seien oft naiv und vergeblich und müssten zeitlich intelligenter durchgeführt werden.

Der schwedische Wissenschaftler Bengt Saltin hat im Kampf gegen Doping ein radikales Umdenken und deutlich mehr Trainings- statt Wettkampfkontrollen gefordert. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sei "dumm", wenn es glaube, dass es die 1000 Tests mehr während der Olympischen Spiele in Peking im Vergleich zu Athen 2004 als Erfolg verkaufen kann. "Hätte man diese Kontrollen zwischen den Saisons gemacht, hätten wir 1000 positive Fälle gehabt", sagte der renommierte Physiologe und Doping-Fahnder am Donnerstag auf einem internationalen Anti-Doping-Forum in Berlin.

Iwan Tichon

Schwimmerin Ouyang Kunpeng, Hammerwerfer Iwan Tichon und Leichtathletin Ludmila Blonska wurden während Olympia positiv getestet,

(Foto: Fotos: AFP, dpa, ddp)

Während der "heißen" Wettkampfphase zu testen, sei naiv, vergeblich und vergeude Ressourcen. "Da werden ja höchstens noch Amphetamine und Diuretika zur Verschleierung genommen. Die Leichtathleten musst du vor allem im Winter kontrollieren, die Skiläufer im Sommertraining", forderte Saltin, der in Deutschland vor allem durch sein Gutachten im Fall der Skilangläuferin Evi Sachenbacher-Stehle (November 2006) bekannt wurde. Der in Kopenhagen lebende Forscher hatte nach der Schutzsperre Sachenbachers die Blutstudie für den Weltverband FIS mit erarbeitet.

Saltin kritisierte den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) für deren "unzureichende und wenig effektive" Methoden bei der Fahndung nach Dopingsündern. Die Zukunft im Testsystem liege in der Kombination von Biologischem Pass (Blutprofile) und "zeitlich intelligenten Trainingskontrollen".

Die WADA-Labors dürften sich nicht isolieren, sondern müssten sich öffnen und mit internationalen Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, forderte Saltin. Allerdings sei die WADA überfordert, den höheren Bedarf an Trainingskontrollen zu decken. Das Blutdopingmittel EPO, anabole Steroide sowie Wachstumshormone (HGH) und künftig auch Gendoping seien die "effektivsten" Dopingmittel- und -Methoden.

Das Berliner Anti-Doping-Forum wird bereits zum dritten Mal von der internationalen Rechtsanwalts-Kanzlei Beiten Burkhardt veranstaltet. In diesem Jahr stand es unter dem Motto "Wie nah sind die Jäger an den Gejagten".

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