Doping:45 positive Proben

Kurz vor seiner Entscheidung über einen Ausschluss aller russischen Sportler von den Rio-Spielen meldet das IOC weitere überführte Sünder bei Nachtests.

Kurz vor seiner Entscheidung über einen Ausschluss aller russischen Sportler von den Sommerspielen in Rio de Janeiro meldete das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Freitag weitere 45 positive Proben bei Nachtests von den Olympischen Spielen 2008 in Peking und 2012 in London. Unter den 30 überführten Dopingsündern von Peking befinden sich 23 Medaillengewinner. Die betreffenden Sportler, Nationalen Olympischen Komitees und Weltverbände wurden informiert. Namen der Sportler nannte das IOC nicht, die Öffnung der B-Proben steht noch aus. Alle überführten Athleten müssen mit einer Sperre sowie dem Aus für die Spiele in Rio (5. bis 21. August) rechnen. Der deutsche Sport ist mit hoher Wahrscheinlich nicht betroffen. Wie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mitteilte, habe man bis Freitagmittag keine Nachricht aus Lausanne - weder Brief noch E-Mail - erhalten.

Als wahrscheinlich gilt aber, dass erneut zahlreiche russische Sportler überführt worden sind. Bei der ersten Nachuntersuchung von Peking stammten von 30 erwischten Athleten alleine 14 aus dem flächenmäßig größten Land der Erde, darunter wohl zehn Medaillengewinner. Von den 23 positiven London-Proben im Mai stammten acht aus Russland. Weitere positive Fälle wären nun auch weitere Argumente für diejenigen, die nach der Veröffentlichung des McLaren-Reports über staatlich gestütztes Doping vehement einen Ausschluss Russlands von den Spielen in Rio fordern. Nachdem der Internationale Sportgerichtshof Cas am Donnerstag bereits den Olympia-Ausschluss der russischen Leichtathleten bestätigt hatte, steht das Internationale Olympischen Komitee (IOC) nun vor einer folgenschweren Entscheidung.

Am Sonntag berät die 15-köpfige IOC-Exekutive in einer Telefon-Konferenz darüber, ob erstmals in der Geschichte ein Land wegen Staatsdopings von den Spielen verbannt wird. Bis spätestens Dienstag will IOC-Chef Thomas Bach aus Deutschland dann eine Entscheidung verkünden. Die am Freitag vom IOC veröffentlichten Zahlen sind das Ergebnis der zweiten Welle der Nachuntersuchung von Proben der vergangenen beiden Sommerspiele. Im Blickpunkt standen dabei erneut jene Athleten, die für einen Start in Brasilien infrage kamen. Die positiven Fälle von Peking kommen aus vier Sportarten und betreffen acht Länder. Die 15 auffälligen Ergebnisse von London stammen von Aktiven aus zwei Sportarten und neun Ländern.

Damit sind in den ersten beiden Durchgängen der Nachuntersuchungen bislang insgesamt 98 positive Fälle bekannt geworden. Im Mai waren in der ersten Welle 30 Sportler bei den Spielen von 2008 sowie 23 Athleten bei Spielen von 2012 nachträglich überführt worden. Insgesamt wurden bislang 1243 eingefrorene Dopingproben neu untersucht. Nach den Sommerspielen im August in Rio wird es zwei weitere Runden von Nachtests der Spiele 2008 und 2012 geben.

Richard Pound, ehemaliger Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, hat das IOC dazu angehalten, mit einem Komplett-Ausschluss Russlands von den Olympischen Spielen in Rio Verantwortung für die Spiele zu übernehmen. "Es ist wichtig, dass das IOC Kontrolle über seine Spiele übernimmt und die ethischen Standards des Fair Play unterstützt. Wenn es das nicht tut, wird es weltweit schrecklich viel Ansehen verlieren", sagte der 74-Jährige dem Fernsehsender Sky.

Auf mögliche unschuldige Athleten kann laut Pound bei der Verteidigung der Olympischen Idee keine Rücksicht genommen werden. "Jeder ist entweder im Programm oder trägt zumindest eine Mitschuld. Es ist schade, wenn es im System unschuldige Athleten gibt", sagte der Kanadier und lieferte auch den Grund für seine Ansichten: "Die Regierung hat entschieden, Betrug in Russland zu institutionalisieren." Der am Montag veröffentlichte McLaren-Bericht hatte bestätigt, dass im größten Land der Erde in den letzten Jahren ein vom Staat gelenktes Doping-System existiert hat.

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