Doping:Maria Scharapowa bei Australian Open positiv getestet

  • Scharapowa ist positiv auf die verbotene Substanz Meldonium getestet worden.
  • Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hatte die Substanz zum 1. Januar dieses Jahres auf die Verbotsliste gesetzt.
  • Zuvor war darüber spekuliert worden, dass Scharapowa bei der Pressekonferenz ihr Karriereende bekanntgeben wolle.

Von René Hofmann und Jürgen Schmieder, Los Angeles

Ausnahme-Tennisspielerin Maria Scharapowa ist bei den Australian Open im Januar positiv auf die verbotene Substanz Meldonium getestet worden. Das gab die 28 Jahre alte Russin am Montag in Los Angeles auf einer extra einberufenen Pressekonferenz bekannt. Scharapowa erklärte, eine Änderung in den Doping-Regularien der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada übersehen zu haben. Die Wada hatte die Substanz zum 1. Januar 2016 auf die Verbotsliste gesetzt. Welche Konsequenzen auf die fünfmalige Grand-Slam-Siegerin zukommen, ist noch unklar.

Meldonium ist ein Wirkstoff, der in Deutschland und in den USA, wo Scharapowa wohnt, als Arzneimittel nicht zugelassen ist. Die in den baltischen Staaten und Russland vertriebene Substanz soll die Durchblutung fördern und als Medikament unter anderem für Herzerkrankungen geeignet sein. Bei einer Untersuchung der Welt-Anti-Doping-Agentur im Jahr 2014 konnte für den Wirkstoff ein hoher Missbrauch in verschiedenen Sportarten festgestellt werden. Die Wada vermutete den Missbrauch durch Athleten, die eine verbesserte Durchblutung und höhere physische Ausdauer erlangen wollen. Da die Anwendung überwiegend aus nicht-medizinischen Gründen zur Leistungssteigerung erfolgte, entschied die Wada, Meldonium ab dem 1. Januar 2016 für den Sport zu verbieten.

"Ich habe einen Fehler gemacht und meine Fans und meinen Sport im Stich gelassen", erklärte Scharapowa am Montagabend mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen. "Ich habe vom internationalen Tennisverband einen Brief bekommen und erfahren, dass ich bei der Einnahme verbotener Mittel erwischt wurde."

Den Link mit den verbotenen Substanzen habe sie aber nicht angeklickt

Sie nehme seit mehr als zehn Jahren das Mittel Meldonium eines lettischen Pharmakonzern ein - gegen Grippe und andere Krankheiten. Am 22. Dezember 2015 habe sie eine Mail der Welt-Anti-Doping-Agentur erhalten, in deren Anhang die verbotenen Substanzen aufgeführt waren. Sie habe den Link aber nicht angeklickt. "Das ist mein Fehler. Die Wada hat die Regeln geändert, Meldonium ist nun verboten. Ich hätte mich informieren müssen."

Scharapowa, die in ihrer Karriere mehr als 30 Millionen Dollar Preisgeld eingespielt hat und wegen ihrer Werbe-Verträge als die am besten entlohnte Sportlerin weltweit gilt, hat zahlreiche Ärzte und Physiotherapeuten um sich. Ihnen aber wollte sie keine Mitschuld geben: "Ich bin dafür verantwortlich, was ich in meinen Körper stecke. Natürlich habe ich großartige Ärzte, denen ich auch vertraue. Ich übernehme die volle Verantwortung dafür und werde nun die Entscheidung des Tennisverbandes abwarten."

"Das ist einzig und allein mein Fehler"

Für den gut ausgeleuchteten Auftritt, der unter großen Sicherheitsvorkehrungen stattfand, hatte sie einen schwarzen Hosenanzug angelegt. Scharapowa wirkte geschockt und traurig: "Ich kann mich nur bei all jenen entschuldigen, die mich jahrelang unterstützt haben. Ich weiß, dass ich sie enttäuscht habe. Ich will nur, dass sie alle verstehen, dass ich dieses Mittel seit Jahren zu mir nehme und nicht gewusst habe, dass es nun verboten ist. Das ist einzig und allein mein Fehler."

Die prominentesten Doping-Fälle im Tennis und die Sanktionen

1995: Mats Wilander/Schweden

Kokain (drei Monate Sperre)

1998: Petr Korda/Tschechien

Nandrolon (ein Jahr)

2000: Juan Ignacio Chela/Argentinien

Methyltestosteron (drei Monate)

2001: Guillermo Coria/Argentinien

Nandrolon (sieben Monate)

2003: Mariano Puerta/Argentinien

Clenbuterol (neun Monate)

2007: Martina Hingis/Schweiz

Kokain (zwei Jahre)

2009: Richard Gasquet/Frankreich

Kokain (zweieinhalb Monate)

2012: Barbora Strycova/Tschechien

Sibutramin (sechs Monate)

2013: Marin Cilic/Kroatien

Nikethamid (neun Monate)

2013: Viktor Troicki/Serbien

verweigerte Blutprobe (ein Jahr)

2016: Maria Scharapowa/Russland

Meldonium (Länge der Sperre noch offen)

Der Tennis-Weltverband bestätigte kurz nach Scharapowas Auftritt den positiven Befund. Den entscheidenden Test habe Scharapowa am 26. Januar bei den Australian Open abgegeben, teilte die ITF mit. Beim ersten Grand-Slam-Turnier der Saison war Scharapowa bis ins Viertelfinale vorgedrungen und dort der späteren Finalistin Serena Williams 4:6, 1:6 unterlegen. Ab dem 12. März gilt Scharapowa als provisorisch gesperrt. Wie lange sie nicht spielen darf, wird noch entschieden. Seit dem Auftritt in Melbourne hat sie bisher kein Match mehr absolviert. Auf die B-Probe verzichtet die Athletin.

Scharapowa musste erste finanzielle Konsequenzen hinnehmen. Der US-Sportartikelriese Nike setzte seinen millionenschweren Vertrag mit der 28-jährigen Russin noch am Montagabend aus. "Wir sind traurig und enttäuscht von den Nachrichten", sagte Nike-Sprecher KeJuan Wilkins der französischen Nachrichtenagentur AFP: "Wir haben deshalb beschlossen, unseren Vertrag mit Maria für die Dauer der Untersuchungen ruhen zu lassen."

Maria Scharapowa ist eine der profiliertesten Spielerinnen der Frauen-Tour. Aufsehen hatte sie bereits vor ihren ersten großen Titeln erregt - mit ihrer Lebens- geschichte: Ihre Eltern hatten wegen der Reaktorkatastrophe 1986 in Tschernobyl Gomel in Weißrussland verlassen und waren nach Sibirien gezogen. 1989 folgte ein weiterer Umzug: nach Sotschi, wo die Scharapowas den Vater des russischen Tennisprofis Jewgeni Kafelnikow kennenlernten. Von ihm bekam Maria Scharapowa ihren ersten Schläger; da war sie vier Jahre alt. Martina Navratilova entdeckte das Talent zwei Jahre später bei einem Sichtungsturnier in Moskau. Auf ihren Rat hin brach der Vater mit seiner damals sieben Jahre alten Tochter und mit nur etlichen hundert Dollar in der Tasche in die USA auf.

2004 gewann Scharapowa im Alter von 17 Jahren Wimbledon

In Florida spielte Maria Scharapowa im Camp der Vermarktungsagentur IMG beim bekannten Trainer Nick Bollettieri vor. 1994 siedelte sie nach Bradenton über, im Jahr darauf nahm IMG sie unter Vertrag. Die Investition lohnte sich: 2004 gewann Maria Scharapowa im Alter von 17 Jahren das Turnier in Wimbledon. Im August 2005 stieg sie zur Nummer eins der Weltrangliste auf, wo sie bisher insgesamt 21 Wochen lang geführt wurde. Aktuell weist das Ranking sie als die siebtbeste Tennisspielerin der Welt aus.

Maria Scharapowa ist nicht die erste Szene-Größe, die mit Doping in Verbindung gebracht wird. Am 29. Juni 2007 war der einstigen Weltranglisten-Ersten Martina Hingis beim Turnier in Wimbledon bei einem Test Kokain-Konsum nachgewiesen worden. Die Schweizerin behauptete, man habe ihr die Substanz in ihren Orangensaft getan. Gesperrt wurde sie trotzdem. Inzwischen ist Hingis wieder erfolgreich im Doppel aktiv. 2009 räumte Andre Agassi in seiner Autobiografie ein, während seiner Laufbahn wiederholt zum Aufputschmittel Crystal Meth gegriffen zu haben und einer Sperre dabei nur mithilfe einer Lüge entgangen zu sein. Wie lax die Branche mit dem Thema umgeht - das belegt die Reaktion von Martina Navratilova bei Twitter auf den Fall Scharapowa. Die 59-Jährige schrieb: "Ich hoffe, es klärt sich alles auf, denn für mich sieht es aus wie ein Versehen."

Nach Scharapowas Ankündigung einer Pressekonferenz hatte es zahlreiche Spekulationen gegeben, sie könnte ihren Rücktritt verkünden. Das aber wies sie am Montagabend zurück. "Wenn ich einmal meine Karriere beende, dann nicht in solch einem Hotel, in Downtown Los Angeles, mit so einem hässlichen Teppich", sagte Scharapowa mit einem Anflug von Galgenhumor.

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