Doping in Russland:Doping-Kampf von ganz unten

Around the Games: Day 4 - 2014 Winter Olympic Games

Skeletonpiloten 2014 in Sotschi.

(Foto: Getty Images)

Die Athleten, nicht die Verbände, erzwingen, dass die Bob- und Skeleton-WM nicht in Sotschi stattfindet. Das könnte noch andere Sportler inspirieren.

Kommentar von Volker Kreisl

Die Fußball-WM 2018 wird in Russland stattfinden, so viel ist sicher. Der Weltfußball untersteht nicht dem Internationalen Olympischen Komitee, seine Entscheidungen werden von keinem olympischen Anti-Doping-Kampf beeinflusst. Und selbst das IOC vermeidet es ja, russisches Staatsdoping zu sanktionieren oder auch nur zu bewerten. Begründet wurde die Absage der Bob-WM in Sotschi nur mit der Angst vor Krach unter Sportlern, nicht als längst fällige Reaktion auf den Sportbetrug. Die Frage ist also: Verändert dieser WM-Entzug überhaupt etwas?

Zunächst ist er ein durchaus empfindlicher Schlag gegen das russische Selbstverständnis, wonach sich am Ende doch immer das eigene undurchschaubare Erfolgssystem durchsetzt. Der Standort Sotschi, mit seiner Bob-Bahn, in den Wald geschnitten für einen heldenhaften Olympia-Auftritt 2014, ist mit Bedeutung aufgeladen. Dass die Welt, und wenn es auch nur die Bob-Welt ist, hier partout nicht zu Gast sein will, passt nicht ins Konzept.

Genauer gesagt besteht diese sich verweigernde Bob-Welt aus den Bob-Athleten. Anders als beim Olympia-Bann der Leichtathleten und der paralympischen Mannschaft ging die Initiative hier nicht von Verbandsherren aus, sondern von den Sportlern, die einfach keine Lust hatten, in einem Land anzutreten, dessen Sportfunktionäre nur abstreiten und zur Aufklärung nichts beitragen. Durch die Front, die Letten, Briten, Amerikaner, Österreicher und manche andere gebildet haben, wurden die Bob-Gremien zum Handeln gezwungen. Auf einmal begrüßten auch Sponsoren die Entscheidung, und das übliche Verschieben der Verantwortung war nicht mehr möglich.

Eine Lösung des russischen Problems wird die Bob-Entscheidung dennoch nicht bringen. Denn die Fachverbände erweisen sich meist als überfordert, nicht selten stehen sie unter russischem Einfluss. Und das IOC wird sich unter seinem Präsidenten Thomas Bach weiter vor harten Konsequenzen gegen russisches Staatsdoping drücken, dabei hätte es als einzige Institution wirksame Hebel gegen die Zersetzung seiner Glaubwürdigkeit: Als Herr über Olympia könnte es mit dem Ausschluss von der wichtigsten Veranstaltung drohen und Russlands Sport zu Mindeststandards im Anti-Doping-Kampf zwingen.

Womöglich bewegt sich aber doch etwas, wenn auch langsam. Andere Sportler könnten sich ein Beispiel an den Bobfahrern nehmen und außer ans eigene Gewinnen auch ans größere Ganze denken. Auch die Biathleten werden unter den bestehenden Umständen nicht bei der WM 2021 in Russland antreten wollen. Das Problem besteht fort, und es sollte auch unter Bobfahrern weiter offen diskutiert werden, auch bei einer WM, die nun am Königssee stattfindet.

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