Doping: Warum der Doping-Fall Sakho aufgeklärt werden muss

File Mamadou Sakho

Der französische Nationalspieler Mamadou Sakho, 26, war für die EM in seinem Heimatland fest eingeplant, aber jetzt droht ihm ein Doping-Verfahren.

(Foto: Peter Powell/dpa)

Der Torschütze gegen Dortmund wird positiv getestet. Warum verzichtet der BVB auf eine Klage?

Von Thomas Kistner

Nichts als Unruhe im Sport. Die Funktionäre liefern jede Menge Korruptionsaffären - und zugleich tritt immer deutlicher das Strukturproblem Doping zutage: auch im Fußball. Da muss das Gebot der Stunde aus kommerzieller Sicht wohl lauten: Bloß nicht weiter auffallen!

Es kann nur spekuliert werden, warum Borussia Dortmund so flott verkündet, man werde trotz klaren Dopingverdachtes gegen Mamadou Sakho nicht juristisch vorgehen. Dem französischen Nationalspieler in Diensten des FC Liverpool droht eine Sperre, sofern in Kürze die B-Probe seinen auffälligen Befund bestätigt. Sakho traf soeben für Liverpool beim 4:3-Sieg im Euro-League-Viertelfinale gegen den BVB. Sportdirektor Michael Zorc findet starke Worte der Kritik, findet aber auch, man habe es sich "selbst zuzuschreiben, dass wir ausgeschieden sind".

Das Problem sei, "dass die Probenauswertung so lange gedauert hat". Das Problem mit Doping im Fußball ist aber auch ein anderes: dass solche Vorfälle nicht rigoros verfolgt werden. Dabei erzählen gerade die Fußballakteure treuherzig, seit 2006 die Affäre um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes unterdrückt wurde, dass Doping bei ihnen nicht vorkomme. Das mag glauben wer will. Die marginale Effizienz von Dopingtests ist ja belegt, große Fälle fliegen fast nur dank staatlicher Ermittlungen auf. Umso spannender der Fall Sakho - den die Branche genau beleuchten müsste, damit er sie nicht in Verruf bringt. Das geht aber nicht über starke Worte. Das ginge nur über einen Prozess.

Ohne Druck aus Dortmund kann die Branche aufatmen

Tatsächlich ist schon die Frage interessant, warum es den Fall überhaupt gibt. Das Testsystem im Fußball ist besonders lax, und in England wurden Klubs schon bestraft, weil sie interne Tests durchführten. Im Fall Sakho, der vom Europa-League-Achtelfinale Mitte März bei Manchester United datiert, soll es sich um einen Fatburner handeln, berichten britische und französische Medien. Fettverbrenner: Darunter lässt sich viel vorstellen, von Ernährungszusätzen über Ephedrin bis, streng besehen, zum Wachstumshormon HGH. Letzteres wird immerzu bei Spitzensport-Razzien gefunden, nur nicht bei Dopingtests. Es bleibt abzuwarten, was bei Sakho konkret vorliegt. Von Bedeutung wäre eine juristische Aufklärung aber in jedem Fall, ungeachtet des Ausgangs: Es wäre über Versorgungswege und Hinterleute zu reden, und wie einem europäischen Elite-Kicker so eine Panne unterlaufen kann.

So darf die Branche aufatmen, wenn kein Druck von deutscher Seite erfolgt. Die Lage ist ja angespannt genug. In der Champions League flog erst im Dezember Zagreb-Profi Arijan Ademi mit Stanozolol auf; dasselbe Anabolikum fand sich nun bei Boxer Felix Sturm. Beide bestreiten Betrug. Verseuchen also heimlich böse Mächte die Topverdiener des Sports? Vielleicht. Oder die Laborexperten haben tatsächlich, wie sie sagen, ihre Analytik nun so weit verfeinert, dass sie Stanozolol deutlich länger als bisher nachweisen können.

Englands Fußball zittert auch wegen der Sache um den mutmaßlichen Doping-Doktor Mark Bonar. Der Londoner Gynäkologe, Hormonexperte wie sein spanischer Kollege Fuentes, entlarvte sich jüngst vor versteckter Journalisten-Kamera. Er hat laut Selbstauskunft rund 150 Spitzenathleten betreut. Darunter Kicker von Premier-League-Klubs, die sogleich Doping strikt bestritten (Liverpool wurde dabei nicht genannt). Nun wird Sakhos Fall zumindest eines zeigen: Wenn der Klub vom Treiben des Abwehrchefs nichts wusste - wie sinnfrei ist es dann, dass Trainer und Manager stets beteuern, ihre Kicker täten nichts Verbotenes? Woher wollen sie das wissen?

Auch der Fall dürfte wie üblich enden: geräuschlos. Fußballklubs müssen erst bei mehr als zwei überführten Spielern Sanktionen fürchten, nicht einmal rückwirkende. Cool bleiben. Abschreckung sieht anders aus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: