Doping im Reiten:Persilschein für den Pferdesport

Eine Kommission erklärt den Reitsport für strukturell redlich. Ihr Einsatz war vor allem eine gelungene PR-Aktion.

Gabriele Pochhammer

Alles halb so schlimm? Der durch freimütige Äußerungen zu seiner Medikationspraxis aufgefallene Ludger Beerbaum hat umgedacht, die jungen Reiter zeichnen sich durch eine "hohe positive Ethik" aus, es gibt keinen Flächenbrand, sondern höchstens "Altbrandherde" - eigentlich könnte man sich beruhigt zurücklehnen, nachdem die drei freundlichen Herren vom Deutschen Olympischen Sportbund Steiner, Klug und Fassbender, zusammen 210 Jahre alt, Reitern und Funktionären die Gretchenfrage nach Doping und Medikation gestellt haben.

Doping im Reiten: Unter anderem die Dopingaffäre um Dressurreiterin Isabell Werth hatte für viele Diskussionen gesorgt.

Unter anderem die Dopingaffäre um Dressurreiterin Isabell Werth hatte für viele Diskussionen gesorgt.

(Foto: Foto: dpa)

Der Pferdesport bekam seinen Persilschein ausgestellt - auch wenn die Kommission nichts erfahren hat und sich offenbar nicht wirklich bemühte, herauszufinden, was nicht schon in ihren Unterlagen stand. Hanfried Haring, der pensionierte Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), der zuerst von Flächenbrand sprach, wurde bisher nicht befragt. Und auch die Einsicht von FN-Sportchef Reinhard Wendt, dass Regelverstöße offenbar an der Tagesordnung seien, fand keinen Eingang in die Bewertung der Kommission. Aber hat wirklich jemand erwartet, dass ein Reiter bisher nicht nachgewiesene Manipulationen gestehen würde?

Das wäre wohl etwas viel verlangt. Stattdessen traten bestens vorbereitete junge Leute vor die Kommission, beschworen den fairen Sport und ihre Liebe zum Pferd, schilderten ihre Unsicherheit wegen des wirren Reglements, und wie sehr sie unter dem Image des Dopingsports leiden. Die Klagen der Reiter sind alt, aber die Herren hörten sie womöglich zum ersten Mal. Sie waren sicher guten Willens herauszufinden, wer die Wahrheit sagte, wer die halbe Wahrheit, wer die ganze Unwahrheit - aber Lügendetektoren hatten sie schließlich nicht dabei.

Der Eindruck, den sie von der jungen Reitergeneration gewonnen haben, teilen nicht alle; selbst FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau bedauerte vergangenes Jahr die häufig sehr erfolgsorientierte Haltung des Nachwuchses zum lebenden Sportgerät Pferd. Nach vielem, was das neue Sauber-Image getrübt hätte, wurde wohlweislich nicht gefragt. Wer immer in der FN im Sturm der sich häufenden Doping- und Medikationsskandale die Idee hatte, die Leistungskader aufzulösen und eine unabhängige Kommission einzusetzen, kann sich auf die Schultern klopfen: PR-Aktion gelungen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: