Doping im Radsport:Alberto Contador vor dem Freispruch

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Spaniens Radverband will den Tour-de-France-Sieger trotz positiven Dopingbefunds unter nationalem Druck freisprechen. Dabei orientiert sich der Verband offenbar an einem deutschen Fall.

Javier Cáceres, Madrid

Spaniens Radsportverband RFEC will den dreimaligen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador offenbar vom Dopingvorwurf freisprechen. Wie spanische Radiosender und Zeitungen in ihren Onlineausgaben am Montag übereinstimmend berichteten, sei der Disziplinarausschuss des RFEC übereingekommen, von einer Sperre Contadors abzusehen. Sie beriefen sich dabei auf nicht näher identifizierte Quellen aus dem Umfeld des Ausschusses. Demnach solle Contador das Verdikt am Dienstag in Madrid persönlich mitgeteilt werden.

Steht offenbar vor dem Freispruch: Der dreimalige Tour de France-Sieger Alberto Contador. (Foto: AFP)

Eine offizielle Bestätigung war am Montag nicht zu erhalten. In seiner Hauptnachrichtensendung illustrierte das spanische Staatsfernsehen TVE die spektakuläre Wende mit Jubelbildern vom letzten Toursieg Contadors, die mit der spanischen Hymne unterlegt waren: "Contador steht unmittelbar vor seinem wichtigsten Etappensieg", hieß es.

Contador war bei der Tour de France 2010 positiv auf Clenbuterol getestet worden. Er führte das auf den Verzehr eines verunreinigten Kalbsfilets aus nordspanischer Zucht zurück. Ursprünglich hatte die Disziplinarkommission Contador eine einjährige Sperre vorgeschlagen. Der Radprofi legte Beschwerde ein. In den Medien hieß es, der Verband habe die von Contador vorgebrachten Argumente für ausreichend befunden.

Er hatte verlangt, nach Artikel 296 der Antidoping-Regeln des Radsportweltverbands UCI freigesprochen zu werden. Der Artikel sieht Freisprüche für Fälle vor, in denen Sportler nachweisen können, dass sie bei der Einnahme einer als Dopingmittel gewerteten Substanz weder schuldhaft noch fahrlässig gehandelt haben.

Das Sportblatt Marca berichtete ergänzend, Spaniens Verband orientiere sich bei einem Urteil auch am Freispruch im Fall des deutschen Tischtennisspielers Dimitrij Ovtcharov. Er hatte, ähnlich wie Contador, angeführt, unwissentlich mit Clenbuterol verunreinigtes Fleisch gegessen zu haben. Anders als Contador hatte Ovtcharov für dieses Fleisch aber einige entlastende Beweise vorlegen können. Zudem stammte Ovtcharovs Steak nachweislich aus chinesischer Produktion, derweil Contadors angebliches Kalbsfilet im nordspanischen Baskenland erworben worden sein soll.

In den letzten Tagen erhielt Contador massive Rückendeckung von Medien und Politikern jeder politischer Couleur. Sogar der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero schaltete sich in beispielloser Weise ein: Es gebe keine juristischen Gründe, die eine Verurteilung rechtfertigen würden, ließ Spaniens Regierungschef verbreiten.

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Wie in jedem Jahr dürfen sich die Zuschauer daran erfreuen, die Fahrer vor beeindruckender Kulisse zu beobachten - und wie in jedem Jahr fährt auch die hässliche Seite des Radsports mit.

Am Wochenende hieß es, der Radverband sei besorgt, Zapatero habe Contador einen Bärendienst erwiesen, da ein möglicher Freispruch als Folge politischen Drucks ausgelegt werden könnte. Befürchtet werde auch, dass sich die Weltantidopingagentur Wada und die UCI herausgefordert wähnen könnten. Sie haben nach dem Urteil einen Monat Zeit, Berufung vorm Sportgerichtshof Cas einzulegen.

Die UCI hatte am Freitag Kommunikationschef Enrico Carpani nach Madrid geschickt, bei einem Treffen mit spanischen Radjournalisten sagte er, die UCI habe "volles Vertrauen" in den spanischen Verband, dessen Bewertung des Falles Contador "gute technische Qualität bewiesen" habe. Er warnte, es wäre eine "enorme Respektlosigkeit", wenn die Wada Einspruch einlegen würde, ohne den gesamten Bericht zu kennen. Doch mit einem Veto der Wada ist nach Aktenlage durchaus zu rechnen.

Von Contador lag Montag keine Stellungnahme vor. Angeblich habe er aber vor, am Dienstag nach Portugal zu reisen, um mit seinem Saxobank-Team bei der Algarve-Tour zu starten. Sollte der Freispruch erfolgen, wäre die vorläufige Sperre sofort aufgehoben.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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