Doping:D'hont: Habe Ullrich Epo gespritzt

Der Druck auf Jan Ullrich steigt. Sein früherer Telekom-Masseur erklärt, er habe dem Tour-Sieger von 1997 eigenhändig das leistungssteigernde Mittel verabreicht.

Der Doping-Verdacht gegen Jan Ullrich verdichtet sich weiter. Sein ehemaliger Betreuer Jef D'hont sagte der Bild am Sonntag, dass er selbst dem Tour-de-France-Sieger von 1997 das verbotene Doping-Mittel Epo verabreicht hat.

Ullrich riis

"Es wäre gut für ihn, wenn er auch reinen Tisch machen würde", sagt Jef D'hont über Jan Ullrich (l., hier mit dem bereits geständigen Doper Bjarne Riis).

(Foto: Foto: dpa)

"In Frankreich habe ich ihm einmal das Mittel gespritzt. Ich habe es ihm in den Arm gespritzt. Das dauert ungefähr zehn Sekunden, das ist so, als ob man einem zuckerkranken Patienten Insulin gibt", sagte D'hont.

Der ehemalige Telekom-Masseur hatte mit seinem Buch das Ausmaß des Dopings im Spitzenradsport enthüllt und die Geständnisse der vergangenen Tage ausgelöst. "Ich weiß nicht, ob er jemals Doping wollte. Aber er hat damals mitgemacht, weil es alle taten", sagte D'hont über Ullrich. Der 65-jährige Belgier forderte Ullrich auf, jetzt die Wahrheit zu sagen: "Es wäre gut für ihn, wenn er auch reinen Tisch machen würde. Dann würde er sich freier fühlen."

Dennoch zollte D'Hont Ullrich hohen Respekt: "Wenn alle sauber gewesen wären, hätte Ullrich zehnmal die Tour gewonnen. Mindestens!" Ullrich hat bislang immer bestritten, zu unerlaubten Mitteln gegriffen zu haben: "Ich habe nie jemanden betrogen oder geschädigt."

Ullrich war im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes kurz vor der Tour de France 2006 wegen Dopingverdachts von dem Rennen ausgeschlossen worden.

Der Radsportler selbst bestritt jede Verbindung zu Fuentes. Allerdings wurden bei dem Mediziner Blutbeutel gefunden, die eindeutig von Ullrich stammten. Ende Februar erklärte Ullrich, gegen den inzwischen die Staatsanwaltschaft Bonn wegen Betrugs zum Nachteil seines früheren Rennstalls ermittelt, seinen Rücktritt vom Leistungssport und sagte, er habe sich nichts vorzuwerfen.

"Ich habe in meiner ganzen Karriere keinen betrogen und geschädigt", erklärte Ullrich damals in einer spektakulären Pressekonferenz. Den Ausschluss von der Tour de France bezeichnete er als Vorverurteilung. D'Hont sagte, wenn alle Tour-de-France-Fahrer sauber gewesen wären, hätte Ullrich das Rennen mindestens zehn Mal gewonnen.

Künast fordert Ende des Telekom-Sponsorings

Unterdessen reißt die Serie der Doping-Geständnisse nicht ab: Der frühere Olympiaarzt Georg Huber gab zu, von 1980 bis 1990 jungen Radfahrern im Alter von 19 bis 23 Jahren das Leistung steigernde Hormon Testosteron verabreicht zu haben. Huber ist bereits der dritte Sportmediziner des Universitätsklinikums Freiburg, der ein Dopinggeständnis ablegte.

Im Laufe der Woche waren bereits die früheren Telekom-Ärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid aus Freiburg von der Universitätsleitung fristlos entlassen worden, nachdem sie eingeräumt hatten, an der Verabreichung von EPO an mehrere Radprofis in den 90er Jahren beteiligt gewesen zu sein. Zuvor hatten auch die Radsportler Bjarne Riis, Erik Zabel und Rolf Aldag, heute Sportdirektor des T-Mobile-Teams, Blutdoping zugegeben.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble äußerte in der Bild am Sonntag die Sorge vor einer Ausweitung des Skandals auf andere Sportarten. "Mich macht es maßlos wütend und traurig, dass offenbar so viele in der Radsportszene vom Doping wussten und gelogen haben", sagte der CDU-Politiker.

Er forderte eine rasche Verabschiedung des Anti-Doping-Gesetzes. Eine Amnestie für geständige Dopingsünder lehnte er kategorisch ab: "Es kann doch nicht sein, dass jahrelang gelogen wird, und das Erste, was Politikern einfällt, ist Amnestie."

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, forderte die Telekom auf, ihr Sponsoring des Radsports aufzugeben. Einerseits wolle der Telekom-Vorstand für 50.000 Beschäftigte die Gehälter kürzen und die Arbeitszeiten verlängern. "Gleichzeitig sollen weitere Millionenbeträge in den längst noch nicht dopingfreien Profi-Radsport gepumpt werden", kritisierte Künast.

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