Dieter Hecking im Interview:"Manchen fällt es schwer, sich zu Wolfsburg zu bekennen"

VfL Wolfsburg - 1. FC Köln

Dieter Hecking: "Es ist nicht mein Stil, mich zu inszenieren."

(Foto: dpa)

Zum ersten Mal spricht Dieter Hecking im SZ-Interview über seine Entlassung beim VfL. Und verrät, was er von jungen "Konzepttrainern" hält.

Von Moritz Kielbassa und Christof Kneer

Für den Fußballtrainer Dieter Hecking ging es 16 Jahre lang fast immer nur bergauf. Seinen bisher schönsten Frühling erlebte er 2015 mit dem VfL Wolfsburg - als DFB-Pokalsieger und Bundesliga-Zweiter, direkt hinter den Bayern.

Danach konnte der VfL dieses Niveau allerdings nicht halten, und so erlebte Hecking im Alter von 52 Jahren kürzlich zum ersten Mal, was seinen Kollegen in der Regel viel früher und viel öfter passiert: Er wurde im vergangenen Oktober von Wolfsburg entlassen - oder, wie er präzisiert: "Ich sage: Ich bin beurlaubt worden. Da steckt das Wort Urlaub drin, und so habe ich die ersten Wochen danach ganz stark empfunden: kein Tunnel, kein Druck, kein Gedanke an den nächsten Gegner."

Zum ersten Mal seit seinem Aus in Wolfsburg nimmt Hecking im Interview mit der Süddeutschen Zeitung ausführlich Stellung. Er berichtet, dass es schon eine Woche später die erste Anfrage aus der Bundesliga gab, dass er aber erst die Zeit beim VfL aufarbeiten wollte: "Ich weiß, dass wir in Wolfsburg sehr gut gearbeitet haben. Der Klub war Fünfzehnter, als ich kam, später haben wir Real Madrid besiegt und waren DFB-Pokalsieger und Vizemeister. So eine Bilanz kann in der jüngeren Vergangenheit kein zweiter deutscher Trainer vorweisen. Trotzdem lief am Schluss einiges in die falsche Richtung", gibt er zu.

Hecking plädiert für eine gemeinsame Fairness-Aktion aller deutschen Trainer

Gekippt sei die Stimmung nach dem Champions-League-Aus gegen Real im März 2016. Da habe man auch gemerkt, dass ein traditionsarmer Verein wie Wolfsburg in sportlich schwierigen Zeiten besonders große Probleme habe, die Spieler weiterhin für den Klub zu begeistern: "In dieser Phase haben sich ein paar Spieler vielleicht gedacht: Ich spiele nächstes Jahr trotzdem international - nur halt nicht in Wolfsburg. Manchen fällt es schwer, sich zu Wolfsburg zu bekennen, wenn man Achter ist und die Perspektive fehlt, international zu spielen. Ich hätte in dieser Phase noch mehr auf die Spieler einwirken sollen, noch mehr gegensteuern müssen. Vielleicht habe ich sie da vor lauter Druck nicht mehr ausreichend mit ins Boot geholt."

Hecking legt auch dar, warum er - anders als so mancher junge "Konzepttrainer" - auf Eigen-Marketing und öffentliche Selbstdarstellung verzichtet: "Es ist nicht mein Stil, mich zu inszenieren. Ich könnte das machen, aber das wäre nicht mehr Dieter Hecking, und das würden die Leute merken. Ich muss auch keine Werbung für mich machen, indem ich im Spiel wie wild herumfuchtele - und nach dem Spiel dann schlau behaupte, meine Taktik sei heute aber ganz toll aufgegangen. Es geht um die Mannschaft, nicht um mich."

Dennoch habe er "bewiesen, dass ich mit meiner Art sehr erfolgreich und sehr weit oben trainieren kann". Und deshalb sei es grundsätzlich auch sein Ziel, demnächst wieder einen Klub mit hohen Ambitionen coachen zu dürfen: "Wer einmal die Champions-League-Hymne gehört hat, der will sie wieder hören. Wer auf Tagungen der Champions-League-Trainer war, sich dort mit den internationalen Kollegen über unseren Fußball unterhalten hat - der will dort auch wieder hin. Diese Bühne kann einen süchtig machen. Dort will ich wieder hin, das ist es, was mich antreibt".

Außerdem verrät Hecking im SZ-Interview, was er von Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs hält, warum er nach der jüngsten "Schwalbe" des Leipzigers Timo Werner für eine gemeinsame Fairness-Aktion aller deutschen Trainer plädiert, warum er das Transferfenster für die ganze Bundesliga im Sommer schon am 31. Juli schließen würde - und wie faszinierend er Diskussionen mit Trainern wie Alex Ferguson und Arsène Wenger oder Spiele gegen Pep Guardiola empfunden hat.

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