Diego Maradona:Dreimal fast gestorben

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Der argentinische Fußball-Held Diego Maradona kickt wieder - und erzählt von einem Schlafmittel gegen Brasilianer und Kokain im Traum.

Peter Burghardt

Sollte sich jemand Sorgen um Diego Armando Maradona machen, so sei fürs Erste Entwarnung gegeben. Es geht ihm deutlich besser. Er ist fast der Alte, vorläufig, es kann sich ständig wieder ändern. Argentiniens Denkmal trägt mit 47 jedenfalls wie einst die Kapitänsbinde einer Fußball-Nationalelf und auf dem Rücken die Nummer 10. Showball nennt sich sein Lieblingshobby - vorübergehend hatte er wegen mehrerer Aufenthalte auf der Intensivstation darauf verzichten müssen, jetzt legt er wieder los.

"Ich lerne Tag für Tag, glücklich zu sein." Diego Maradona. (Foto: Foto: dpa)

Es spielen sieben gegen sieben, zweimal 30 Minuten. Maradona hat eine ehrgeizige Truppe zusammengestellt, die Attraktion ist er selbst. Zu seinen bekannteren Mitstreitern zählt Torwart Sergio Goycochea, 44, gegen den Andreas Brehme im WM-Finale 1990 in Rom den Elfmeter versenkt hat und der später Assistent in Diegos Fernsehshow "Die Nacht der zehn" war.

Kürzlich bezwang das gemeinsame Ensemble in den Provinzstädten Tucuman und Comodoro Rivadavia die Vertretung Paraguays, der Sender ESPN übertrug live. Noch immer etwas pummelig wuselte der Goldjunge über den Platz, froh wie ein Kind, am Ball macht ihm nach wie vor keiner was vor. Der Schweiß floss ihm in Strömen über das Gesicht mit den gerade operierten Zähnen und den Körper mit der Tätowierung von Ché Guevara, bald soll ein Tattoo von Venezuelas Revolutionär Hugo Chávez dazukommen.

Maradona schoss Tore und bekam nachher Poncho, Silberteller, Ehrenbürgerschaft und Geschenke für seine Töchter. "Ich danke allen, die gekommen sind, zum Teufel mit allen, die nicht gekommen sind", keuchte er nachher ins Mikrophon und stemmte die Siegertrophäe wie 1986 den WM-Pokal. Am Wochenende wurde die Serie im Konzertsaal Lunapark von Buenos Aires gegen Brasilien fortgesetzt. Da wäre man auch schon beim nächsten Thema: War es damals wirklich Carlos Bilardo, der Brasilien einschläfern wollte?

Das hat Diego Maradona in einem kuriosen Interview mit dem argentinischen Fachblatt Grafico verraten. Es war schon länger bekannt, dass Argentinien beim 1:0 im Achtelfinale eine Wasserflasche mit Schlafmittel an den Brasilianer Branco weitergereicht hatte. Maradona stand damals daneben, er sagt: "Das mit der Flasche ist dem Carlos eingefallen, der ist halt so." Der Trainer also. Ob er nicht versucht habe, ihn zu bremsen? "Überhaupt nicht, ich dachte nicht, dass Branco trinken würde. Was hätte ich machen sollen? Erst wollte Olarticoechea trinken, und ich habe geschrien: Neeein, Baske, neeeein!" Verteidiger Julio Olarticoechea wurde wegen seines Namens "Baske" genannt. Also nahm halt Branco einen Schluck und wurde müde.

Beckenbauer, Platini und Pelé Karrieristen und Kriecher

Die Zeugenaussage wäre auch nachträglich ein Fall für die Fifa, aber wen interessiert das dort schon. Vizepräsident Julio Grondona ist Argentinier und Bilardo Sportminister der Provinz Buenos Aires. Auch sonst finden diese Antworten auf 124 Fragen von Grafico nach einem Showball-Spiel nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätten. Maradona lief zu großer Form auf. Er verkündet, dass ihm Grondona vor dem WM-Viertelfinale 2006 in Berlin gegen Deutschland den Posten des Nationaltrainers angeboten hätte, nachher wurde es trotzdem Alfio Basile.

Dass die Albiceleste seit 1986 nichts mehr gewonnen habe, liege daran, dass sie "keine Rebellen" mehr habe. Dass ihn Lionel Messi am ähnlichsten sei, was den Genius betrifft. Dass Beckenbauer, Platini und Pelé Karrieristen und Kriecher seien - mit der Fifa will er nichts zu tun haben. Dass er seine ersten Drogen mit 22 nahm, "Kokain", und seit drei Jahren nicht mehr schnupfe, aber "ich träume davon, und das ist schrecklich". Dass er dreimal fast gestorben sei, das letzte Mal vor acht Monaten. "Ich war praktisch tot, habe nichts mehr verstanden, da war nur Dunkelheit, ich habe mich von innen gesehen und konnte nicht mehr reagieren. Jetzt sei er guten Mutes: "Ich lerne Tag für Tag, glücklich zu sein."

© SZ vom 24.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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