·:Die neue Alleskönnerin

Maria Riesch gewinnt in Levi erstmals einen Weltcup-Slalom

Erste Gratulantin war die Vorgängerin, die letzte Deutsche, die einen Weltcup-Slalom gewonnen hatte. Bis zu diesem Tag, gestern in Levi, 200 Kilometer nördlich des Polarkreises. Martina Ertl, 30, umarmte die elf Jahre jüngere Nachfolgerin, und Maria Riesch zeigte sich überwältigt: "Es geht alles so schnell..."

·: Maria Riesch: Schampus statt Selters.

Maria Riesch: Schampus statt Selters.

(Foto: Foto: dpa)

Dass sie die große Hoffnung unter Deutschlands alpinen Frauen ist, steht schon länger fest, auch, dass in ihr endlich wieder eine Allrounderin im Team steht, fähig, in allen vier Disziplinen an der Spitze mitzufahren, was sie zur Bewerberin um den Gesamtweltcup macht, auf den Spuren von Katja Seizinger, eines Tages. Geduld predigen ihre Betreuer und Ausbilder, bemüht, das Talent in gebotener Stille reifen zu lassen.

Die ersten Siege in Rennen der höchsten Kategorie hatte sie vor vier Wochen in Haus im Ennstal abgebucht. In Abfahrt und Super-G, woraufhin sie feststellte, nun könne sie wohl nicht umhin, die Speed-Disziplinen als ihre stärkste Seite im alpinen Programm anzusehen. Doch keine Bange: Sie werde sich nicht darauf konzentrieren, "sondern mein langfristiges Ziel bleibt der Gesamtweltcup."

Ihre Taktik deshalb: Alles fahren, weiter tüchtig an der Torlauftechnik arbeiten. Das tat sie schon vor der Saison ausführlich, bereitete sich mit den Technikerinnen in Neuseeland vor, während die Abfahrerinnen in Chile übten. Der Lohn für diese Bemühungen blieb lange karg, Besserung zeigte sich zuerst im Riesenslalom mit Rang vier in Maribor und dem Titel bei der Junioren-WM am gleichen Hang.

Die Bilanz in den Weltcup-Slaloms des Winters 2003/04: zweimal ausgefallen, zweimal nicht qualifiziert, dazu die Ränge 13, 21, 26. Bis es ins knitterkalte Resort Levi ging: Maria Riesch am Samstag Dritte hinter der Einheimischen Tanja Putiainen und der Österreicherin Elisabeth Görgl. Am Sonntag Erste vor Görgl und Martina Ertl, nach Bestzeit im ersten Durchgang und einem haarsträubenden im zweiten, bei dem sie hart an der Sturzgrenze balancierte, aber unbeeindruckt weiter fuhr.

"Ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll", war der erste Kommentar der neuesten Slalomsiegerin im Weltcup. Der ersten seit der Schwedin Pernilla Wiberg im Jahre 1997, die im gleichen Winter in Abfahrt und Slalom erfolgreich ist, der nächsten nach Michaela Dorfmeister (2002), der in einer Saison Siege in drei unterschiedlichen Disziplinen gelingen.

Diese beiden Frauen gewannen im bewussten Jahr den Weltcup, das macht Hoffnung für Maria Rieschs weiteren Weg. Der Gesamt-Weltcup werde erst ein Thema für das deutsche Frauen-Team, "wenn Maria Riesch so weit ist", hatte Cheftrainer Wolfgang Maier vor ein paar Wochen gesagt, meinte: in ferner Zukunft, nur nichts überstürzen, "wenn man ein Haus baut, beginnt man auch nicht mit dem fünften Stock."

Das sagte er vor dem ersten Sieg der Maria Riesch, nach ihrem dritten ist er schon ziemlich überrascht gewesen: "Wir hätten in unseren kühnsten Träumen nicht damit gerechnet, dass Maria einen Weltcup-Slalom gewinnen kann." Sie kann, konnte viel früher, als es die Menschen aus ihrem allerengsten sportlichen Dunstkreis erwarteten, viel rascher, als sie selbst es sich vorstellen konnte: "Es kommt mir so vor, als sei das alles hier in Wirklichkeit gar nicht passiert."

"Konstant unter den Zehn zu sein, das ist ein realistisches Ziel", war es für sie zumindest bis vor einem Monat. Ziele ändern sich, Einordnungen auch: "Das Mädel ist noch nicht fertig", sagte der Cheftrainer, "man muss sie einordnen zwischen den Positionen fünf und 15; die Ausreißer nach vorne sind die Sterne, die strahlen."

Inzwischen hatten sie schon allerlei von diesen Sternen aufgesteckt. Sie besitze die gleichen Ansätze wie vor einem Jahrzehnt Hilde Gerg und Martina Ertl, und ein ähnliches Potenzial wie einst Katja Seizinger: Diese Perspektive braucht Wolfgang Maier nicht zu korrigieren. Jene allerdings schon: "In den Torläufen verfügen wir nicht über die Dichte wie in den Speed-Disziplinen."

In Levi stellte sich das gründlich anders dar mit den Plätzen drei, sechs, acht (Riesch, Ertl, Monika Bergmann-Schmuderer) am Samstag und eins, drei, fünf (Riesch, Ertl, Bergmann) am Sonntag, Annemarie Gergs zwei 14. Plätze waren schon die negativen Ausreißer.

"Momentan passt alles. Das Team macht es aus, die Stimmung ist gewaltig", lobte Maria Riesch. Maier gab das Kompliment zurück: Seine Frauen seien in Levi "echt der Hammer gewesen." So beeindruckt erlebt man ihn selten.

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