DHB-Team besiegt Spanien:Der weite Weg in kurzer Zeit

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft besiegt die Weltmeister aus Spanien 27:25 und steht im Halbfinale der Weltmeisterschaft. Am Donnerstag wartet Europameister Frankreich auf das Team von Heiner Brand.

Christian Zaschke

Natürlich war es wieder dramatisch, Deutschland gegen Spanien, das ist im Handball mittlerweile so etwas wie eine Chiffre für großes Drama. Die Uhr stand auf 58:52, Spielstand 25:24 für die Deutschen, als Torsten Jansen inmitten des infernalischen Lärms der Kölnarena zum Siebenmeter antrat.

Er täuschte den Wurf an gegen David Baruffet, den großartigen Torwart, einmal, zweimal, dann warf er, und als der Ball ins Netz flog, war die Partie so gut wie gewonnen. Spanien nahm eine Auszeit und warf dann ein Tor; Deutschland nahm eine Auszeit und warf dann ein Tor, und dann war es tatsächlich vorbei: Die Deutschen hatten den Weltmeister aus Spanien 27:25 (15:12) besiegt und stehen nun im Halbfinale der WM.

Die Mannschaft hat einen weiten Weg in kurzer Zeit zurückgelegt. Noch im Oktober, beim Vorbereitungsturnier in Bremen, hatte der euphorisierte Hallen-sprecher den Namen ,,Holger'' ins Mikrofon gebrüllt, und das bremische Publikum schwieg dann höflich, weil es nicht wusste, wer dieser Holger sein sollte.

Riesenjubel für Holger Glandorf

Als der Hallensprecher der Kölnarena am Dienstag den Namen ,,Holger'' in Mirkofon rief, brüllte das Publikum mit einer Hingabe und einer Inbrunst ,,Glandorf'', als wolle es dem Mann aus dem rechten Rückraum adoptieren. Das klappte bei der Vorstellung der Mannschaft schon gut, und besser noch, als Glandorf nach 21 Minuten sein erstes Tor zum 11:9 warf. Die Spieler sind nun bekannter, und das ist auch Erfolg dieser WM.

Bekannt wie Torsten Jansen, der die Partie eröffnete, indem er einen Tempogegenstoß zum 1:0 abschloss. Bekannt wie Florian Kehrmann, der nach zehn Minuten endlich mal wieder ein Tor mit einem Dreher erzielte (was später zu einer etwas zu gewagten Aktion inspirierte). Und bekannt wie Torwart Henning Fritz, der erneut so viele gute Paraden zeigte, dass er auf dem besten Wege ist, seinen Ehrentitel als ,,unglaublicher Fritz'' zurückzuerhalten.

Sein Gegenüber David Baruffet zeigte früh ebenfalls zwei exzellente Paraden, als er gegen die freistehenden Sebastian Preiß und Florian Kehrmann hielt. Das erinnerte arg an das olympische Viertelfinale von 2004, als Fritz und Baruffet beide in bestechender Form spielten und einmal durch das Getöse hindurch einander einen Blick und ein Kopfschütteln schickten, das sagte: Es ist nicht von dieser Welt, was wir hier halten.

Die Deutschen kamen sehr gut in die Partie. Ganz allmählich erarbeiteten sie sich einen kleinen Vorsprung, und als dieser wieder zu schmelzen drohte, war es Glandorf, der zwei Tore beisteuerte. Nach 26 Minuten führten die Deutschen 13:9, und es war dieser Moment, als Kehrmann seine gewagte Aktion probiert. Er trat an zum Siebenmeter, der Vorsprung hätte auf fünf Tore wachsen können - Kehrmann probierte eine Dreher, und der Ball flog neben das Tor.

Mit Führung in die Pause

In die Halbzeit gingen sie schließlich mit einer Drei-Tore-Führung. Nachdem der umtriebige Glandorf zum 15:12 getroffen hatte, war noch eine knappe minute zu spielen, und die Mannschaft zeigte, was sie in diesem Turnier so stark gemacht hat: Die Abwehr um Oliver Roggisch arbeitete, schob, wühlte und blockte so lange, bis die Zeit abgelaufen war und es den Spaniern nicht gelungen war, einen vernünftigen Wurf anzubringen.

In der zweiten Halbzeit ging es lange so weiter, und als der knappe Vorsprung ab der 44. Minute in Unterzahl wieder kleiner zu werden drohte, flocht Henning Fritz mal wieder eine Parade ins Spiel. Leider inspirierte er damit Baruffet, der ebenfalls exzellent hielt, so dass es nach einer weile schien, als führten die beiden Tormänner einen Dialog in Zeichensprache, in fantastischen Paraden.

Als Problem für die Deutschen erwies sich zum einen, dass Iker Romero vom Siebenmeterpunkt stoisch traf, und zum anderen, dass der riesige Kreisläufer Rolando Urios sich mit seinen pfannengroßen Händen zu oft den Ball greifen konnte. Urios hat die Statur von einigen aufeinandergestapelten Säcken Zement, und wenn er am Kreis an den Ball kommt und sich dreht, dann ist er nicht zu halten. Er wirft den Ball, der so winzig wirkt in seinen Händen, dann ins Tor.

Die entscheidende Phase begann, nachdem die Spanier nach 51 Minuten das 23:23 erzielt hatten. Ab diesem Zeitpunkt war es ein Spiel der Nerven. Der erstaunliche Glandorf zeigte, dass er offenbar keine hat und jagte den Ball zur Führung ins Tor, dann legte Christian Schwarzer nach, von dem man weiß, dass er noch nie Nerven hatte. Als dann Henning Fritz noch einmal unfasslich parierte, war das Team auf dem sicheren Weg zum Sieg.

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