DFB und Doping:Vitaminspritzen aus der guten alten Zeit

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Auftritt im Aktuellen Sportstudio: Franz Beckenbauer (rechts) neben Mario Götze. (Foto: dpa)

Doping im Fußball? Franz Beckenbauers Auftritt im "Aktuellen Sportstudio" gerät ungewollt komisch. Weil sich der Fußballkaiser selbst nicht mehr genau erinnert, was früher war. Das Problem ist, dass der DFB das Thema Doping bis heute auf diesem Niveau bekämpfen will.

Ein Kommentar von Claudio Catuogno

Es gibt Momente, da stößt sogar Franz Beckenbauer mit seiner unbekümmerten Jovialität an Grenzen. Zum Beispiel am Samstag im Aktuellen Sportstudio. Doping im Fußball? Als er noch Spieler war, habe man das Wort noch gar nicht gekannt - das hatte Beckenbauer kürzlich sinngemäß mitgeteilt, im Zusammenhang mit der derzeit viel diskutierten Studie über Doping in Westdeutschland.

Das sei aber interessant, hakte nun der ZDF-Mann Michael Steinbrecher nach: Hatte nicht Beckenbauer selbst 1977 in einem Gastbeitrag für den Stern geschrieben: "Medizinisch ist heute in der Bundesliga praktisch noch alles erlaubt, was den Spieler zu Höchst- und Dauerleistung treibt. (. . .) Nicht alles, was heute mit Fußballern gemacht wird, ist harmlos, die Grenzen zum Doping sind fließend"?

Beckenbauer konnte (oder wollte?) sich an seine offenen Worte von einst nicht erinnern. Woran er sich aber erinnern konnte: 1) dass er nie etwas bekommen habe, von dem er "nicht wusste, was es ist". Und 2) dass man als Spieler "natürlich" auch seine "Vitaminspritzen" bekommen habe. Und was war da drin? "Keine Ahnung. Der Doktor hat gesagt, das ist eine Vitaminspritze."

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Das Sportstudio-Publikum hat natürlich lachen müssen über diese Geschichten aus der alten Zeit. Das Problem ist nur, dass der Deutsche Fußball-Bund das Thema Doping bis heute auf diesem Niveau diskutiert - und bekämpft.

Beim DFB selbst sieht man das naturgemäß anders, so hat etwa der Präsident Wolfgang Niersbach gerade im SWR mitgeteilt, sein Verband sei in Sachen Doping-Bekämpfung "gut aufgestellt". Keinesfalls werde "beim DFB etwas verschleppt oder verschlampt: Das ist ein sensibles und äußerst wichtiges Thema. Wir gehen mit größter Sorgfalt damit um." So in der Art sagen das viele im Sport. Wenn man die Reden zum Maßstab nimmt, genießt das Thema überall höchste Priorität. Wenn man die Taten zum Maßstab nimmt, bekommt man allerdings eher den Eindruck: Höchste Priorität genießt vor allem, dem Publikum den Eindruck zu vermitteln, das Thema genieße höchste Priorität.

Es wird jetzt also auch im deutschen Profifußball Blutkontrollen geben - das ist das Ergebnis eines monatelangen Ringens zwischen dem DFB, dem Liga- Verband DFL und der Nationalen Anti-Doping-Agentur Nada. Man könnte jetzt sagen: Besser spät als nie. Das Spiel wird ja immer schneller, immer athletischer, Samstag gegen Dortmund, Mittwoch gegen Barcelona - da wüsste man schon gerne ein bisschen mehr über die Blutwerte der beteiligten Akteure. Das Problem ist nur: Pro Saison wird es im Schnitt gerade mal zwei Blutkontrollen geben - und das nicht etwa pro Spieler. Sondern pro Klub! Für mehr reicht leider das Geld nicht, das der milliardenschwere Fußballbetrieb der Nada für diese Tests zur Verfügung stellt.

Da muss sich Wolfgang Niersbach schon sagen lassen, dass das ein schlechter Witz ist mit seinen Dopingkontrollen im Fußball. Etwa so schlecht wie jener, den Beckenbauer im Sportstudio erzählte: "Doping im Fußball macht keinen Sinn", sagte er da, "weil jeden zweiten, dritten Tag hast du ein Spiel." Und vor lauter Spielen habe man dann als dopender Fußballer ja gar keine Zeit, sich von dem anstrengenden Doping zu erholen.

Den Witz allerdings meinte Franz Beckenbauer tatsächlich ernst.

© SZ vom 13.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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