DFB: Theo Zwanziger:Sticheleien mit Risiko

Wegen der unklaren Zukunft von Joachim Löw liegen bei DFB-Chef Theo Zwanziger die Nerven blank - nun wirft er die Charakterfrage zum Bundestrainer auf. Zwanziger sollte die Causa schnell klären, denn die nächste Baustelle wartet schon.

Thomas Kistner

Er kann halt nicht aus seiner Haut, der DFB-Boss, also spielt er wieder mit dem Feuer. Während sich Joachim Löw mit dem Hinweis, seine Zukunft sei "völlig offen", in den Urlaub verabschiedete, wirft Theo Zwanziger die Charakterfrage zum Bundestrainer auf und führt einen furchtbaren Verdacht ins Feld: Löw wird doch keine "abwegigen Forderungen" stellen?

Das zeigt, wie blank die Nerven liegen an der DFB-Spitze. Die Funktionäre winden und wenden sich, Löw geruht einfach zu schweigen, derweil votieren im aktuellen ZDF-Politbarometer parteitagsähnliche 87 Prozent für seinen Amtsverbleib. Da wirkt es anrührend, wie sich Zwanziger als Herr des Verfahrens aufführt. Das ist er keineswegs: Ginge ihm Löw von der Fahne, hätte das ja im Kern mit dem Vertrauensbruch zu tun, für den Zwanziger vor Monaten selbst gesorgt hatte. Da hat der Funktionär mit dem überaus empfindsamen Ego erst einen Handschlagsvertrag mit Löw publik gemacht, den es nie gab, dann mit Ultimaten hantiert und so lange mit der Peitsche geknallt, dass der Aufruhr bis ins Kanzleramt hinein reichte.

Mehr als ein Zweckbündnis kann so ein Chef nicht mehr erwarten. Dass der Vertrauensverlust auch von Zwanzigers Seite nicht wirklich reparabel erscheint, belegt der Vorgang, wie er nun eine Art Jogibär am Nasenring durch die Manege zu ziehen versucht. Hat Löw, der Pfundskerl, nicht einen einwandfreien Charakter? Hat er, klar, und falls er demnächst doch Abwegiges (aus Zwanzigers Sicht) fordern sollte, steckt gewiss wieder ein übler Kopf dahinter. Bierhoff zum Beispiel, den man nun wohl auch wieder herzlich willkommen heißen muss bei Hofe.

Es hat zwar hohen Unterhaltungswert, wie sich die Funktionäre nun an ihrem kühl schweigenden Spitzenpersonal reiben. Doch zeigt es, wie weit sie entfernt sind von der Harmonie, die Zwanziger während der Wochen des WM-Glamours in Südafrika an Bundestrainers Seite zur Schau zu tragen versuchte. Deshalb sind seine ständigen Sticheleien nicht ohne Risiko.

Zwanziger sollte die Baustelle Nationalmannschaft noch diesen Monat zusperren, und zwar einvernehmlich, die nächste wartet nämlich schon. Das ist die Schiedsrichter-Affäre, zufällig geht es auch hier wieder ums präsidale Ego sowie um spannende Charakterfragen. Etwa um Fifa-Referee Michael Kempter, den Zwanziger Monate lang als Leuchtsymbol für Zivilcourage gefeiert und den die DFB-Schiedsrichterkommission nun leider aus dem Oberhaus gefeuert hat - wegen charakterlicher Unreife. Ja nun, kann passieren. Was hat der Präsident damit zu tun?

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