DFB-Team vor der Fußball-WM:Löws heile Welt

Trainingslager Südtirol

Entschlossen zur WM: Bundestrainer Joachim Löw.

(Foto: dpa)

Bei der EM 2012 waren die Blöcke aus Dortmund und München auf dem Höhepunkt ihrer Rivalität. Vor der WM 2014 beschwört Bundestrainer Löw einen neuen Teamgeist. Die endgültige Nominierung am Montag könnte dennoch Überraschungen bringen.

Von Benedikt Warmbrunn, St. Leonhard

Begriffe sind dehnbar, keine Frage, es war daher eine anstrengende Woche für Joachim Löw. Am Montag musste der Bundestrainer der Fußballnation den Begriff der Fitness neu definieren, die Fußballnation weiß seitdem, dass ein Spieler auch dann zur WM in Brasilien reisen darf, wenn er nicht topfit ist - dafür aber "widerstandsfähig" und "willensstark". Am Freitag hatte Löw weiter einige Spieler, die widerstandsfähig und willensstark sind, und topfit sind immer noch genau so viele wie am Montag. Also dehnte Löw diesmal den Begriff Stimmung.

Am Samstag endet das kuriose Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Südtirol, die Themen dort waren: welcher Spieler weiter nicht topfit ist; dass dem Bundestrainer der Führerschein entzogen wurde; das schlechte Wetter; der schwere Unfall bei einem Werbetermin.

Der Bundestrainer hat all das natürlich registriert, in seiner Rede zur Nation am Freitag erwähnte er es nur kurz. Diese Rede war vor allem: ein Loblied auf die Stimmung. "Was den Teamgeist betrifft", sagte Löw, "kann ich nur eines sagen: Der ist wirklich hervorragend." Um dann noch ein zweites zu sagen: "Der ist hervorragend."

Löw hat bei Khedira "das Gefühl, dass er gesund wird"

Diesen berüchtigten Teamgeist unterschätzen sie beim DFB nicht, sie wissen um die Eitelkeiten ihrer Spieler, und um die der großen Blöcke aus Dortmund und München. Im Trainerteam überlegen sie daher genau, wie sie die Wohn-Blöcke im WM-Quartier in Campo Bahia belegen. Den Eindruck einer chaotischen Vorbereitung überließ Löw dennoch ganz den Außenstehenden. Und zeichnete lieber ein heiles Bild der Vorbereitung: "Die Mannschaft hat eine sehr, sehr gute Stimmung innerhalb", sagte er, für ihn sei das eine "ganz, ganz besondere Freude". Um das zu bestärken, sprach er über die EM 2012.

Die Blöcke aus Dortmund und München waren damals auf dem Höhepunkt ihrer Rivalität, Bastian Schweinsteiger kritisierte später, dass nicht alle Spieler bei Toren mitgejubelt hätten. Eine knappe Woche vor dem Abflug nach Brasilien sagte Löw nun, der "sehr, sehr gute Teamspirit" sei "nicht zu vergleichen zu dem, wie es 2012 war": "Die Mannschaft harmoniert hervorragend und hat eine ganz, ganz hohe Identifikation miteinander." Der Teamgeist, so sehr dehnte Löw den Begriff, fängt selbst jene Spieler auf, die zwar willensstark und widerstandsfähig, aber nicht topfit sind.

Drei Spieler muss Löw noch streichen

Die Woche endete zuvor mit neuen Meldungen zu altbekannten Angeschlagenen. Sami Khedira bekam am Donnerstagabend in einem weiteren Testspiel gegen die eigene U20 einen Schlag auf jenes Knie, in dem er sich im November 2013 das Kreuzband gerissen hatte. Und Philipp Lahm brach am Freitagvormittag das Training ab.

Der Kapitän, prognostizierte Löw jedoch, werde "demnächst" ins Gruppentraining einsteigen, bei Khedira habe er "das Gefühl, dass er gesund wird". Der zuletzt ebenfalls lädierte Schweinsteiger könnte bereits im Testspiel am Sonntag (20.30 Uhr, ARD) gegen Kamerun eingesetzt werden; der verletzte Torwart Neuer am nächsten Freitag gegen Armenien.

Am Montag muss Löw seinen endgültigen Kader benennen, das Spiel gegen Kamerun will er für letzte Eindrücke nutzen. All die angeschlagenen Leistungsträger wird er mitnehmen, aber drei Spieler muss Löw noch streichen; ein ursprünglich naturgegebener Streichspieler wie Christoph Kramer gilt nach dem Ausfall von Lars Bender fast als gesetzt, genauso der Freiburger Matthias Ginter, der im Training überzeugt hat und den sie sich beim DFB sogar als Rechtsverteidiger vorstellen können. Dafür sind auf einmal vermeintlich Etablierte wie Kevin Großkreutz Wackelkandidaten.

Löw hat den Begriff der Fitness gedehnt und den der Stimmung. Er gehe, versicherte er am Freitag, "mit hohen Erwartungen ins Turnier". Er weiß, dass sich der Begriff des frühen Ausscheidens kaum dehnen lässt.

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