DFB-Team: Abwehr:Musterschüler plus X

Neben dem gesetzten Bremer Per Mertesacker zeichnet sich ein Dreikampf um den zweiten Innenverteidigerposten ab. Doch es gibt nicht viele Chancen, sich zu empfehlen.

Thomas Hummel

Per Mertesacker sieht sich in einer sehr wichtigen Position. Die Innenverteidigung, sagt er, "muss der Mannschaft die nötige Stabilität geben". Wie ein starkes Fundament, auf dem die Offensive dann ihre kreative Architektur bauen kann.

DFB-Team: Abwehr: "Per ist ein enorm wichtiger Spieler, der auch im Verein Verantwortung übernimmt", sagt Nationalelf-Manager Bierhoff über den Bremer Per Mertesacker (hinten).

"Per ist ein enorm wichtiger Spieler, der auch im Verein Verantwortung übernimmt", sagt Nationalelf-Manager Bierhoff über den Bremer Per Mertesacker (hinten).

(Foto: Foto: ddp)

Der 24-Jährige aus Bremen hat sich in die Chefrolle der deutschen Abwehr gespielt. Noch bei der WM 2006 war er Juniorpartner von Christoph Metzelder, doch schon bei der EM in Österreich und der Schweiz wirkte er stabiler als sein langjähriger Partner. Seit dieser EM sitzt Metzelder bei Real Madrid fast nur auf der Ersatzbank und wurde von Bundestrainer Joachim Löw nicht mehr nominiert. Seit der EM ist Per Mertesacker der ranghöchste Verteidiger im Land.

Weil aber selbst ein 1,96 Meter großer Mann mit stattlichen 54 Länderspielen einen Partner braucht, ist auch Bundestrainer Löw seither auf der Suche nach einem geeigneten Nebenmann. Und das ist bislang keine einfache Sache. Erstens, weil sich die Bundesliga gerade in der Innenverteidigung gerne mit ausländischem Personal besetzt und die Auswahl sehr überschaubar ist. Zweitens, weil die übriggebliebenen Kandidaten entweder im Klub gar nicht Innenverteidigung spielen oder einem ernsthaften Qualitätstest noch nicht unterzogen wurden.

In den ersten Partien nach dem EM-Finale in Wien durfte Heiko Westermann neben Mertesacker verteidigen. Der Schalker tat das nüchtern und stabil und verdiente sich passable Kritiken. Doch im Verein schätzte Trainer Fred Rutten auch seine offensiven Qualitäten, Westermann spielte im Mittelfeld und fiel mit mehr Torgefährlichkeit auf als seine Stürmer. Ob ein neuer Schalker Trainer ihn wieder zurückversetzt, erscheint unwahrscheinlich.

Den Hoffenheimer Marvin Compper hat der Bundestrainer inzwischen offenbar wieder aus dem engsten Anwärter-Kreis genommen. Vor dem Liechtenstein-Spiel dachte Bundestrainer Löw deshalb öffentlich über eine Versetzung des Herthaners Arne Friedrich von rechts hinten in die Innenverteidigung nach. In Berlin bildet Friedrich zusammen mit Josip Simunic die wohl derzeit beste Innenverteidigung der Bundesliga. Doch Friedrich erlitt einen Muskelfaserriss und pausiert. Und statt wieder auf Westermann zu vertrauen, stellte Löw Serdar Tasci auf.

Der 21-jährige Stuttgarter ist das wohl derzeit größte Verteidiger-Talent in Deutschland. Beobachter aus London, Mailand und Madrid sollen schon hinter Tasci her sein. Nachdem seine Leistungen nach dem Meistertitel mit dem VfB im Jahr 2007 sehr häufig schwankten, hebt sich sein Selbstvertrauen nun wieder: "Ich glaube, dass ich jetzt den nächsten Schritt gemacht habe. Ich merke, dass meine Autorität auf dem Platz wächst. Ich bin definitiv ein besserer Spieler als im Meisterjahr", bekundet er.

Die Probleme des Spielplans

Öffentlich sagt Per Mertesacker, es sei irrelevant, wer neben ihm stehen würde. Abstimmung und Laufwege würden trainiert, so dass jeder einspringen könne. Dennoch dürfte der Bremer intern ein Wörtchen mitsprechen, wer mit ihm verteidigen darf. "Es ist wichtig, dass sich beide Akteure verstehen." Man müsse sich je nach Spielsituation gegenseitig coachen. Und da beansprucht er eine Führungsposition. Ihn hätten Christian Wörns und Christoph Metzelder angeleitet, "jetzt möchte ich vorangehen".

Es ist nicht davon auszugehen, dass Mertesacker von den Verantwortlichen des DFB an diesem Weg behindert wird. "Per ist ein enorm wichtiger Spieler, der auch im Verein Verantwortung übernimmt", sagt Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff. Er sei sehr intelligent und gehe bewusst mit seinem Körper um. Zusammen mit Phillip Lahm oder Bastian Schweinsteiger gehöre er zu einer Gruppe, die einmal Michael Ballack als Führungsfigur ablösen könnten.

Dabei verinnerlicht der Musterschüler Mertesacker die taktischen Grundübungen des Bundestrainers. "Es ist wichtig, gewisse Abläufe immer und immer wieder zu trainieren." Die Grundordnung zum Beispiel, wohin wer laufen soll bei langen Zuspielen oder bei Kurzpässen. Da müssten sich "die Parteien aufeinander abstimmen".

Ob er sich mit einer Innenverteidigungs-Partnerpartei bis zum voraussichtlichen Spiel des Jahres 2009 in Russland abstimmen kann, erscheint indes fraglich. Der inzwischen zunehmend kritisierte Spielplan des DFB birgt kaum Möglichkeiten für eine Abwehr, sich auf den Härtetest am 10. Oktober einzustimmen, der vermutlich zudem auf dem Kunstrasen im Moskauer Luschniki-Stadion stattfindet. Zu schwach erscheinen die sechs vorherigen Gegner.

Nach dem Ausflug nach Cardiff, wo die DFB-Elf am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen die zweitklassigen Waliser in der WM-Qualifikationsgruppe 4 den ersten Platz verteidigen will, folgen China, die Vereinigten Arabischen Emirate, zweimal Aserbaidschan und Südafrika. Da bietet sich für einen Abwehrspieler kaum Gelegenheit, sich in den Vordergrund zu kämpfen. Selbst Bierhoff sieht in den Terminen inzwischen ein Problem. "Wir machen uns Gedanken, das in Zukunft besser zu planen."

Und so bleibt Westermann, Friedrich und Tasci vornehmlich die Möglichkeit, sich über den Verein anzubieten. Partien auf internationalem Parkett wären da nicht schlecht, also die Qualifikation für den Uefa-Cup oder sogar für die Champions League. Arne Friedrich ist da mit der Hertha auf einem guten Weg, auch Tasci robbt sich mit Stuttgart langsam nach oben. Westermann muss dagegen im Schalker Chaos sein Können auf Niveau halten. Doch auch er sollte den Mut nicht verlieren. Sein Verein steht derzeit noch fünf Punkte vor dem Verein von Per Mertesacker.

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