DFB-Präsidentenwahl:Alle spielen auf Zeit

DFB-Präsidentenwahl: Reinhard Grindel, 54.

Reinhard Grindel, 54.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Beim außerordentlichen Verbandstag vertagt der DFB die Entscheidung über seine Präsidentschaft - und damit eine baldige Wahl des umstrittenen Kandidaten Reinhard Grindel.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Verbal hatten alle bereits wieder abgerüstet, als die Mitglieder des Präsidiums am Freitag nach fast vier Stunden den Sitzungssaal in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verließen. Es war keine Rede mehr von Irritationen oder Brüskierungen wie in den Tagen zuvor, stattdessen trugen alle ruhig vor, wie einig sich die Fußball-Profis und die Fußball-Amateure seien.

Alle spielen sie auf Zeit. Dass nun erst einmal die Anwälte der Kanzlei Freshfields ihre Arbeit in der Aufklärung der WM-Affäre 2006 machen sollten, wurde eingangs betont. Dass alsbald Diskussionen beginnen mögen, wie die DFB-Statuten den Herausforderungen angepasst werden können, hieß es. Und dass es erst dann, am Ende dieses Prozesses, einen außerordentlichen Verbandstag für die Wahl eines Nachfolgers für den zurückgetretenen Wolfgang Niersbach geben soll.

Rauball und Koch antworten auf Beckenbauer-Vorwurf

Ein Trio gab Auskunft im Foyer der Zentrale eines erschütterten Verbandes. Zum einen Rainer Koch (oberster Repräsentant der Amateure) und Reinhard Rauball (Präsident der Deutschen Fußball Liga, also der Profis), die beide interimistisch die Verbandsgeschäfte beim DFB leiten. Zum anderen, mittenmang, jener Mann, an dem sich der Streit zwischen Profis und Amateuren entzündet hatte: Reinhard Grindel, 54, Schatzmeister, CDU-Bundestagsabgeordneter - und seit Dienstag der Präsidenten-Kandidat der Amateure. Vorgeschlagen von allen Landesverbänden des DFB. Grindel sagt: "Es geht nicht nur um einen Kopf für den DFB, sondern um die Aufarbeitung einer sehr bedrückenden Affäre."

Strategisch können beide Seiten mit dem Ergebnis leben. Die Amateure hätten am liebsten gehabt, dass das Gremium Grindel zum gemeinsamen Kandidaten erhebt und einen baldigen Bundestag einberuft. Da machten die Profis aber nicht mit. Andererseits steht Grindel fürs Erste als einziger Kandidat im Ring, auch die Liga bezeichnet ihn jetzt als "integre Persönlichkeit". Aber die harmonischen Worte täuschen nicht darüber hinweg, dass der Machtkampf nicht an diesem Freitag enden wird. Das zeigt sich an ein paar Kleinigkeiten, als die drei so nebeneinander stehen. Einmal beginnt Grindel einen Satz mit den Worten: "Herr Rauball und ich sind uns völlig einig. . . " und dreht seinen Kopf so zur Seite, als erhoffe er sich von seinem Nebenmann ein Kopfnicken; doch Rauball blickte weiter geradeaus zu den Kameras. Grindel soll sich jetzt erst einmal der DFL-Mitgliederversammlung Anfang Dezember präsentieren. Die DFL, das sind die 36 Klubs der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga.

Zurückhaltend reagierten Rauball und Koch auf die Kritik von Franz Beckenbauer. Im SZ-Interview in dieser Ausgabe beklagt Beckenbauer, dass die DFB-Interimschefs nicht auf sein Gesprächsangebot zur WM-Affäre reagiert hätten. "Mit Blick auf die Korrespondenz stellen sich aus unserer Sicht die Dinge etwas anders dar", teilten beide nun mit: "Wir sind aber natürlich bereit und willens, die offensichtlichen Irritationen in einem persönlichen Gespräch mit Franz Beckenbauer auszuräumen." Beckenbauer wirft Koch und Rauball vor, sie hätten sein Angebot via Fernsehen abgelehnt. "Was ist denn das für ein Niveau?", klagte Beckenbauer. "Ich habe den Brief beantwortet und an die Stelle geschickt, von der ich den Brief bekommen habe", sagt Rauball. "Ich habe geschrieben, dass wir uns freuen und mit einem Terminvorschlag auf ihn zukommen werden. Das war am 11. November."

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