DFB-Präsident:Eine Absage jagt die nächste

DFB-Präsident: Drei mögliche Kandidaten: Rainer Koch, Reinhard Rauball, Oliver Bierhoff (von links)

Drei mögliche Kandidaten: Rainer Koch, Reinhard Rauball, Oliver Bierhoff (von links)

(Foto: Reuters/dpa/Getty)
  • Nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident haben mehrere Funktionäre die Nachfolge abgelehnt.
  • Das Präsidium und die Landesverbände wollen sich in den kommenden Tagen treffen, um ein weiteres Vorgehen zu besprechen.
  • Womöglich gibt es danach bereits einen Zeitplan für die Nachfolgersuche.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Am Dienstagmorgen setzte sich Wolfgang Niersbach ins Flugzeug und machte sich auf den Weg in die Schweiz. Er hatte am Vorabend in der WM-Affäre zwar die "politische Verantwortung" übernommen, nachdem ein neues belastendes Dokument aufgetaucht war (siehe Text oben), aber seine internationalen Ämter hat er nicht abgegeben. Also saß er nur einen Tag nach dem Rücktritt bei einem Treffen aller Mitgliedsverbände von Europas Fußball-Union (Uefa).

In Deutschland hinterließ er neben der Aufregung um das Papier vor allem eine Frage: Wer folgt ihm an der Spitze des größten Einzelsportverbandes der Welt?

Formal sieht die Sache so aus: Fürs Erste übernimmt eine Doppelspitze, bestehend aus Reinhard Rauball, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), und Rainer Koch, erster Vizepräsident des DFB. Diese Konstellation soll aber nicht lange existieren. Rund ums Länderspiel in Frankreich am Freitag kommt der engste DFB-Führungskreis zu Beratungen zusammen.

Am Rande der Partie gegen die Niederlande, die in einer Woche in Hannover stattfindet, sollen sich Präsidium und Landesverbände treffen. Womöglich gibt es danach einen Zeitplan. Der nächste ordentliche Bundestag findet erst in einem Jahr statt, bis dahin will niemand warten. Koch sagte, dass es bis zur EM im Sommer sicher so weit sein werde. Andere glauben, dass es schneller geht. Immerhin stehen bald die Kongresse von Fifa und wohl auch Uefa an, da sollte DFB personell organisiert sein.

Wer soll es machen?

Den Rahmen zu setzen, ist in diesem Fall aber noch leichter. Unklarer ist die Frage nach der Person. Normalerweise gibt es bei einer solch interessanten und prestigeträchtigen Position eher zu viele Kandidaten als zu wenige, aber im konkreten Fall scheint es gerade andersherum zu laufen. In den Tagen vor Wolfgang Niersbachs Rücktritt waren immer wieder ein paar Namen genannt worden, die infrage kämen - doch als Niersbachs Rücktritt dann erfolgt war, hörte man plötzlich eine öffentliche Absage nach der anderen. "Ich komme nicht infrage", sagte Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, aber der war auch eher zufällig mal auf dieser Liste gelandet. "Das Präsidententhema ist für mich kein Thema", sagte Oliver Bierhoff, Manager der Nationalelf. Dessen Kandidatur wäre schon eher zu erwarten gewesen, war aber auch nie richtig wahrscheinlich, weil sein Renommée bei den Amateurvertretern nicht allzu hoch ist. Am erstaunlichsten war aber die Stellungnahme von Reinhard Rauball. Den DFL-Chef und BVB-Präsident hatten viele als geeigneten Kandidaten gesehen, doch via Bild teilte er am Dienstag mit: "Das Amt des DFB-Präsidenten ist nicht in meiner Lebensplanung vorgesehen. Ich möchte Präsident von Borussia Dortmund bleiben und im August 2016 erneut fürs Amt des Liga-Präsidenten kandidieren." Eine unklare Gemengelage ist jetzt entstanden, viele mögliche Kandidaten gibt es auf den ersten Blick nicht mehr. Auch das spricht für den Zustand des deutschen Funktionärstums. DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel, zugleich für die CDU im Bundestag, ist einer davon.

Auch Interimspräsident Rainer Koch genießt bei vielen hohes Ansehen. Die ARD zitierte ihn zwar mit den Worten, dass er nicht Präsident werde; am Rande einer Veranstaltung am Dienstag wollte er sich zu seiner Zukunft aber nicht äußern. Auch den Düsseldorfer Peter Frymuth, seit zwei Jahren DFB-Vize und früher unter anderem Chef von Fortuna Düsseldorf, ziehen einige in Erwägung.

Womöglich ändert einer derjenigen, die jetzt abgesagt haben, im Verlauf der Diskussion auch noch mal seine Haltung. Denn wichtig ist fürs künftige Spitzenpersonal auch die Frage nach der künftigen Struktur. Vor einiger Zeit begannen beim DFB die Erwägungen, den bisher ehrenamtlichen Präsidenten-Job in eine hauptamtliche Position umzuwandeln. Angesichts der immensen Aufgaben- und der Verantwortungsfülle auf diesem Posten scheint das nur ein logischer Schritt zu sein. Hinter den Überlegungen steckte nicht zuletzt ein persönliches Interesse Niersbachs; dieser war 2012 vom gut bezahlten Generalsekretär zum ehrenamtlichen Präsidenten aufgestiegen.

Ehrenamtlicher oder hauptberuflicher Präsident?

Die Verdienstlücke hatte der Verband in Teilen durch das vorzeitige Ausbezahlen einer Betriebsrente geregelt - was Niersbachs Intimfeind Theo Zwanziger permanent zu Angriffen nutzte. Um die Bezahlung sauberer hinzubekommen, sollte das Präsidentenamt umgemodelt werden. Aktuell ist aber fraglich, ob es noch so kommen wird. Rauball sagte, es sollte "ohne Scheuklappen und ergebnisoffen auch über Gremien- und Aufsichtsstrukturen" geredet werden. Ähnlich äußerte sich Bierhoff, der mehr Professionalität anmahnte.

Aber in den Landesverbänden gibt es kaum jemanden, der sich vom Modell mit einem ehrenamtlichen Präsidenten verabschieden möchte; dies wird als beispielhaft für die vielen Vereine und Ehrenamtler im Land gesehen. Außerdem zeigten gerade die Vorgänge rund um die WM-Affäre, dass es nicht immer ein Strukturproblem sei, sagt ein Beteiligter. Dort habe auch die Konstruktion aus hauptamtlichem Präsidium sowie - hochkarätig besetztem - Aufsichtsrat nicht geholfen, die Dinge professionell und sauber zu gestalten.

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