DFB-Pokalfinale:Der Goldjunge im Frankfurt-Trikot

DFB-Pokalfinale: Doppelgrätsche: Frankfurts Verteidiger Vallejo (rechts), hier gegen Dortmund-Decker Sokratis.

Doppelgrätsche: Frankfurts Verteidiger Vallejo (rechts), hier gegen Dortmund-Decker Sokratis.

(Foto: Michael Probst/AP)
  • Jesús Vallejo kam vom spanischen Rekordmeister zum damaligen Abstiegskandidaten Eintracht Frankfurt, um Spielpraxis zu sammeln.
  • In den 25 Spielen, in denen Vallejo mitspielte, holte Frankfurt 37 Punkte, ohne ihn wurde der Klub zur schlechtesten Rückrunden-Elf.
  • Nach seiner Verletzung ist Vallejo passend zum DFB-Pokalfinale wieder einsatzbereit.

Von Javier Cáceres, Frankfurt

Den letzten Schub für seine Genesung erhielt Jesús Vallejo vor dem Fernseher in Madrid. Zehn Tage waren vergangen, seit sich der Innenverteidiger von Eintracht Frankfurt einen Sehnenriss im Oberschenkel zugezogen hatte und ihm beschieden worden war, dass die Saison für ihn gelaufen sei. Doch als er das Elfmeterschießen des Pokal-Halbfinales seiner Elf gegen Mönchengladbach sah und sein Teamkollege Branimir Hrgota den entscheidenden Strafstoß verwandelte, da hatte er plötzlich ein Ziel, für das zu kämpfen es sich lohne: Die Eintracht hatte das Pokalfinale erreicht, in dem sie an diesem Samstag gegen Borussia Dortmund antreten wird.

Vallejo war zu Saisonbeginn zur Eintracht gekommen, als Leihspieler von Real Madrid. Das war insofern überraschend, als die Eintracht vor Jahresfrist nur durch den Relegationssieg gegen den 1. FC Nürnberg in der Bundesliga geblieben war.

Von Spaniens Rekordmeister zu einem Abstiegskandidaten der Bundesliga, das war kein alltäglicher Weg. "Sie wollten mich unbedingt, und Real Madrid sah das als eine gute Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln, und ich fand, es war eine gute Idee", sagt Vallejo. Für die Eintracht war er ein Glücksfall, die Statistiken sprechen für sich. Er ist ein umsichtiger, schneller und mitdenkender Verteidiger, "der, wenn er gesund bleibt, vor einer ganz, ganz großen Zukunft stehen kann", wie Eintracht Frankfurts Sportchef Fredi Bobic sagt.

Holt Real Vallejo im Sommer wieder zurück?

Vallejo hat nur vier gelbe und - bei der Eintracht in dieser Spielzeit besonders erwähnenswert - keine einzige rote Karte gesehen. Und wer weiß, wo die Eintracht ohne Vallejo gelandet wäre. In den 25 Spielen, in denen Vallejo mitspielte, holte Frankfurt 37 Punkte. Ohne Vallejo waren es in neun Spielen: fünf. Die neun Spiele, in denen der Spanier verletzungsbedingt fehlte, taten der Eintracht derart weh, dass sie zur schlechtesten Rückrunden-Elf wurde.

Vallejo, 20, wurde in Saragossa geboren, der Hauptstadt Aragoniens im Nordosten Spaniens. Er war keine elf Jahre alt, als er den Spähern von Real Saragossa auffiel, sechs Jahre später debütierte er in der ersten Liga. 2015 holte er mit Spanien in Griechenland den U 19-Europameistertitel - und Real sicherte sich seine Dienste für eine Ablöse von fünf Millionen Euro. Nach Unterzeichnung eines Sechsjahres-Vertrags wurde er allerdings erst ein Jahr lang in Saragossa, hernach bei der Eintracht geparkt, auf dass er Spielpraxis sammele.

Seit dem Frühjahr aber reißen die Gerüchte nicht ab, wonach Spaniens Rekordmeister Vallejo im Sommer nach Madrid heim holen will, als Ersatz für Pepe. Eine endgültige Entscheidung, heißt es bei der Eintracht, wolle Real erst nach dem Champions-League-Finale (3. Juni) treffen.

"Ich denke daran nicht, wenn ich auf den Platz gehe."

Vallejo selbst hatte auch in dieser Woche noch keine Nachricht erhalten, die seine berufliche Zukunft betraf. Der Kontakt zwischen den Real-Verantwortlichen und dem Spieler besteht freilich permanent: "Sie haben mir gesagt, dass sie mich beobachten und technische Analysen anfertigen würden, und sie melden sich auch, um mich nach Niederlagen aufzumuntern oder mir zu Siegen oder guten Leistungen zu gratulieren. Es ist aber nicht so, dass sie mich anrufen, um zu sagen, du musst dies oder das besser oder anders machen", sagt Vallejo: "Alle technisch-taktischen Fragen obliegen meinem Trainer hier bei der Eintracht." Die ständige Beobachtung durch die Scouts sei zu keinem Zeitpunkt belastend gewesen: "Ich denke daran nicht, wenn ich auf den Platz gehe."

Wer seine Souveränität und Konzentration sieht, dürfte geneigt sein, das zu glauben - obwohl Vallejo nicht mal auf seiner Position spielt. Als Rechtsfuß spielt er in Frankfurt vor allem auf der linken Innenverteidigungs-Seite, Probleme habe ihm das aber nicht bereitet: "Die Abläufe sind in etwa dieselben", sagt Vallejo, der im Februar bei der Wahl des "Golden Boys" durch die italienische Zeitung Gazzetta dello Sport hinter Malang Sarr (Nizza) und Issa Diop (Toulouse) unter den drei besten U 20-Innenverteidigern Europas landete.

In den letzten Wochen hat Vallejo gekämpft

Das wäre ohne eine rasche Anpassung an die Gegebenheiten bei der Eintracht kaum möglich gewesen. Dass sie so rasch verlief, "hatte viel zu tun mit dem Personal, das hier arbeitet", sagt er, und damit, dass "die Unterschiede zwischen dem spanischen und deutschen Fußball nicht so groß sind, wie man meinen könnte". Der Bundesliga-Fußball sei "physischer", das merke man vor allem in den zweiten Halbzeiten, "wenn die Spiele verrückter werden", da müsse man "körperlich voll auf der Höhe sein". Er ist beileibe kein langsamer Abwehrspieler, "aber ich habe zuletzt vor allem versucht, meine Schnelligkeit zu verbessern. Wir haben in dieser Saison viel daran gearbeitet, jede Woche Sprinttraining ohne Ball gemacht, mit und ohne Gewichten", erzählt er - auch um zu kompensieren, dass Frankfurt mit einer weit aufgerückten Abwehr spiele.

Ob das auch gegen den BVB im Cupfinale der Fall sein wird, wird sich zeigen. Mit Dortmunds Mittelstürmer Pierre-Emerick Aubameyang hat Vallejo jedenfalls schon das Vergnügen gehabt. Wenn es etwas gebe, was den Torschützenkönig der Bundesliga auszeichne, dann die Beschleunigung - "wenn er Geschwindigkeit aufnimmt, lässt er dich stehen." Doch in den letzten Wochen hat Vallejo darum gekämpft, genau in diesem Duell zu bestehen.

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