DFB-Pokal: Viertelfinale:Der Schuljunge schlägt zu

Zweimal geht der 1. FC Nürnberg auf Schalke in Führung, jedes Mal kommt Felix Magaths Mannschaft zurück. Als in einer spannenden Partie alles auf ein Elfmeterschießen hindeutet, gelingt dem Gymnasiasten Julian Draxler das Tor seines Lebens.

Große Geschichten von früher haben beim 1. FC Nürnberg immer Konjunktur, aber in der vergangenen Woche wurde besonders viel erzählt. "Gerade bei den Älteren wie Wolf, Schäfer oder Pinola ist die Erinnerung an den Pokalsieg 2007 noch frisch. Die Jungen kriegen leuchtende Augen, wenn sie von damals erzählen", sagte Trainer Dieter Hecking. Vom Pokal-Finale vom 26. Mai 2007, dem 3:2 über den VfB Stuttgart, jenem magischen Abend, an dessen Ende der damalige Mittelfeldspieler Tomas Galasek wusste: "Von dem, was wir tun, bleibt etwas."

DFB-Pokal - FC Schalke 04 - 1. FC Nürnberg

Heute Pokal-Viertelfinale, morgen Schulbank: Julian Draxler schoss den FC Schalke mit seinem Tor zum 3:2-Sieg gegen den "Club" - mit gerade einmal 17 Jahren.

(Foto: dpa)

Und so fuhren die Nürnberger zum Pokal-Viertelfinale nach Schalke mit dem Gefühl, in dieser Spielzeit wieder etwas für die Vereinsewigkeit schaffen zu können. Nach einem unterhaltsamen Abend mit schönen Toren war der Traum aber vorbei: Die Nürnberger verloren nach Verlängerung 2:3 - durch einen traumhaften Distanzschuss des kurz zuvor eingewechselten 17-jährigen Schalker Mittelfeldtalents Julian Draxler in der 119. Spielminute.

"Wir haben hier ein Riesenspiel abgeliefert", meinte Club-Torwart Raphael Schäfer, "es ist ganz bitter, durch so ein Tor kurz vor Schluss zu verlieren." Die Nürnberger hatten offensichtlich euphorisiert von den alten Geschichten losgelegt - und einen traumhaften Start erwischt; schon in der vierten Minute gingen sie in Führung. Nach einer Flanke von Javier Pinola, einer Kerze von Schalkes Innenverteidiger Christoph Metzelder und einer Kopfballhereingabe von Mehmet Ekici traf Julian Schieber am Fünfmeterraum zum 1:0. Kurz darauf lief Christian Eigler alleine aufs Tor zu, schob den Ball aber am entfernten Pfosten vorbei.

Eiglers Riesenchance

"Wenn Eigler das Tor macht, wäre es für Schalke nochmal schwerer geworden", sagte Hecking. Dann kam der Moment, in dem Felix Magath erstmals zufrieden lächelte. Schalkes Trainer hatte sich zur allseits großen Überraschung entschieden, den wegen einer Oberschenkelprellung fehlenden Stürmer Klaas Jan Huntelaar durch einen gewissen Mario Gavranovic zu ersetzen, einen 21-jährigen Schweizer, der in dieser Saison bislang zweimal eingewechselt worden war und insgesamt sechs Minuten gespielt hatte.

Nun spielte Raúl den Ball auf die linke Seite auf Christian Pander, der flankte, Gavranovic kam vor Andreas Wolf an Ball und traf zum 1:1 (15.) Die Schalker schienen die Partie nun in den Griff zu bekommen, sie ließen den Nürnbergern in dieser Phase kaum noch Luft, sieben Minuten später traf Raúl nach Doppelpass mit Ivan Rakitic den Außenposten. Doch plötzlich setzte der "Club" einen Konter - und der saß: Ekici trieb den Ball durchs Mittelfeld, setzte Eigler auf der linke Seite ein, nach dessen Flanke traf erneut Schieber - 1:2 (32.).

In der zweiten Halbzeit rafften sich die Gelsenkirchener auf. Erst verhinderte Nürnbergs Torwart Schäfer den Ausgleich; Lukas Schmitz fasste sich aus 22 Metern ein Herz, Philipp Wollscheid fälschte den Schuss ab, Schäfer erwischte den Ball gerade noch (53.). Fünf Minuten später war es aber so weit: Der Ball landete nach einer herrlichen Kombination über Farfan, Kluge und Raúl bei Rakitic, der aus 16 Metern direkt und trocken ins rechte Eck zum 2:2 traf. Nun wurden die Schalker ihrer Rolle als Favorit wieder gerecht, die Nürnberger vermochten sich in vielen Phasen kaum noch zu befreien. Die größte von zahlreichen Schalker Chancen vergab Jefferson Farfan, der nach Zuspiel des eingewechselten Jurado ungedeckt aufs Tor zulief, aber an Schäfer scheiterte (86.).

Also ging es in die Verlängerung - am Spielverlauf änderte sich zunächst nichts. Schalke drückte, Schalke traf nicht. Der Mut, den die Nürnberger aus den alten Geschichten geschöpft hatten, schien angesichts der anstrengenden Gegenwart verbraucht zu sein. Hecking griff in der 102. Minute zum letzten Mittel und brachte Marek Mintal, den Nürnberger Liebling von einst, die personifizierte Erinnerung an den Traum von 2007. Doch Mintal, 33, vermochte nicht zu helfen. Statt der Vergangenheit siegte an diesem Abend die Zukunft, in Person des 17-jährigen Julian Draxler: "Der Trainer hat zu mir gesagt, ich soll noch mal was versuchen." Gesagt, getan.

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