DFB-Pokal: Schalke - Bayern:Wer im Glashaus sitzt ...

Bayern-Manager Nerlinger wirft Schalke vor, sich in ungebührlicher Weise des taktischen Fouls zu bedienen. Damit macht er sich ein wenig lächerlich - und Felix Magath spottet.

Christian Zaschke

Die deutsche Sprache birgt einen großen Vorrat an Sprichwörtern, fast jede Situation des Lebens lässt sich mit einer stehenden Wendung beschreiben. Manche Sprichwörter haben sich übrigens aus anderen Sprachen eingeschlichen, zum Beispiel aus dem Englischen, denn dass der "frühe Vogel den Wurm fängt" (the early bird catches the worm) wusste hierzulande lange kein Mensch, weil man das anders ausdrückte, entweder mit "Morgenstund' hat Gold im Mund" oder mit "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".

Das beliebte "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen" ist kein Einwanderungssprichwort, aber dennoch universell gültig. Im deutschen Fußball kann es immer dann mit Gewinn angewendet werden, wenn der FC Bayern eine seiner Attacken reitet.

Aktuelles Beispiel: Manager Christian Nerlinger behauptet, der FC Schalke bediene sich in ungebührlicher Weise des taktischen Fouls, um den Rhythmus aus dem Spiel zu nehmen, dies sei "eine Philosophie, die den Fußball nicht weiterbringt".

Damit hat er sich ein wenig lächerlich gemacht und muss nun den Spott von Schalkes Trainer Felix Magath ertragen, der aus den Datenbanken wühlen ließ, dass Nerlinger zwischen 1993 und 1998 mehr Fouls beging als jeder andere Bundesligaspieler. Entscheidend ist dabei, dass Nerlinger kein Treter war, es sich also um genau die Art von Fouls handelte, die er nun geißelt.

Besonders opportunistisch erscheint die Attacke, weil der FC Bayern lange das Paradebeispiel einer taktisch foulenden Mannschaft war; noch heute ist Mark von Bommel der Mann, der bisweilen hinlangt, nur um dem Gegner zu zeigen, wer das Sagen hat.

Früher übernahm diese Aufgabe Stefan Effenberg, der im Klub bis heute dafür verehrt wird, dass er 2001 im Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester United nach wenigen Minuten David Beckham an der Mittellinie umtrat (sich mithin als früher aber rüder Vogel erwies). Auf dieses Foul wird verwiesen, wann immer im Klub die beliebte Führungsspieler-Debatte neu entbrennt; ein Chef müsse so etwas können. Aber auch die anderen, die kleinen Fouls beherrschten und beherrschen die Bayern seit jeher bestens; als Magath in München wirkte, brauchte er den Spielern diesbezüglich nichts mehr beizubringen.

Die deutsche Sprache hat für Nerlingers misslungenen Vorstoß natürlich die eine oder andere Wendung bereit, zum Beispiel: Er möge sich an die eigene Nase fassen und vor der eigenen Haustüre kehren. Muss ja nicht beides gleichzeitig sein.

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