DFB-Pokal:Ein Spiel wie ein Finale

  • Der FC Bayern schlägt RB Leipzig mit 6:5 nach Elfmeterschießen und erreicht das Achtelfinale des DFB-Pokals.
  • Sven Ulreich hält den entscheidenden Elfmeter gegen Timo Werner.
  • Es war ein dramatisches Spiel voller Höhepunkte und umstrittener Entscheidungen.

Von Benedikt Warmbrunn, Leipzig

Timo Werner nahm ein paar Schritte Anlauf, es ging jetzt darum, ob dieser emotionale Abend noch ein bisschen weiter ging. Drei Schritte, eine kurze Verzögerung, ein Schuss nach rechts. Doch dorthin warf sich auch Sven Ulreich. Der Abend war vorbei.

Die Szene war der Schlusspunkt einer Partie, die spätestens ab der zweiten Halbzeit das packende, dramatische Spiel war, das sich viele versprochen hatten. Es war spielerische Klasse zu sehen, es ging hin und her, es wurde hitzig diskutiert. Es gab einen Freistoß, der wohl eher ein Elfmeter war. Es gab eine gelb-rote Karte, die sehr streng war. Es gab einen Elfmeter, der wohl eher nicht einmal ein Freistoß war. Es gab Verlängerung. Es gab Torchance um Torchance für den FC Bayern. Es gab Elfmeterschießen. Und dann gab es eben diesen Fehlschuss von Werner, die Parade von Ulreich. Und so gewann der FC Bayern in der zweiten Runde des DFB-Pokals 5:4 im Elfmeterschießen (0:0, 1:1, 1:1) in Leipzig.

Dieses Pokalspiel in Leipzig war für den FC Bayern ja auch der Auftakt zu eineinhalb Wochen, die zeigen sollten, wo die Mannschaft unter ihrem neuen Trainer Jupp Heynckes im nationalen Vergleich steht; am Samstag folgt die Ligapartie zu Hause gegen Leipzig, eine Woche später die beim aktuellen Tabellenführer Dortmund. Diese erste von drei wegweisenden Begegnungen hinterließ als Zwischenfazit, dass es da eine deutsche Mannschaft gibt, die individuell starke Spieler hat, die fließend von einem Modus in den anderen wechseln kann, die mal dominant auftritt, mal abwartend, die dynamisch ist, torgefährlich und erfolgshungrig. Diese Mannschaft war am Mittwochabend nicht der FC Bayern München. Sondern das RB Leipzig der ersten Halbzeit.

Zweimal sind die beiden Teams bisher aufeinander getroffen, einmal gewann der FC Bayern 3:0, beim zweiten Duell führte Leipzig 4:2, verlor aber 4:5, durch zwei Tore in der Nachspielzeit. Der FC Bayern, das war die Lehre aus diesen ersten beiden Spielen, konnte diese Leipziger Jugend, diesen Tatendrang mit der eigenen Routine ganz lässig auffangen. Am Mittwochabend war diese Selbstüberzeugung erst in der zweiten Halbzeit zu erkennen und vor allem in der Verlängerung, mit einem Mann mehr.

Leipzig startete in die Partie, indem es den FC Bayern früh attackierte, an dessen Strafraumgrenze. Die Gäste kamen dadurch erst einmal nicht in einen kontrollierten Spielaufbau, von einer Idee, einem Konzept oder zumindest vom Vorteil der Routine war in der ersten Halbzeit nichts zu sehen. In der achten Minute flankte Robert Lewandowski vor das Leipziger Tor, Fernandes da Silva klärte im Fallen. So gefährlich wurde es lange nicht mehr.

Leipzig wechselte dann munter die Systeme, der FC Bayern konnte sich nur schwer auf das Spiel des Gastgebers einstellen. Mal ließen die Angreifer den Gästen keine Zeit, indem sie sie schon in deren Spielfeldhälfte anrannten. Mal zog sich die gesamte Mannschaft weit zurück und ließ keinen Raum für den letzten Pass.

Nach knapp 20 Minuten schaltete Leipzig zunehmend in den Angriffsmodus um, sofort wurde es gefährlich im Münchner Strafraum. Emil Forsberg dribbelte an zwei, drei, vier Abwehrspielern der Gäste vorbei, er scheiterte erst an Torwart Sven Ulreich (25.). Drei Minuten später kombinierte sich Leipzig flink durch die Münchner Defensivreihen, Mats Hummels rutschte an Jean-Kévin Augustin vorbei, doch auch dieser konnte Ulreich nicht überwinden. Ihren Höhepunkt erreichte diese Sturm- und Drangphase in der 34. Minute, als Arturo Vidal vor der Strafraumgrenze an Forsberg zerrte und ihn auf der Strafraumgrenze umgrätschte. Foulspiel, keine Frage. Doch vor der Linie? Auf der Linie? Hinter der Linie? Referee Felix Zwayer entschied auf: Freistoß. Er brachte damit die gesamte Leipziger Belegschaft gegen sich auf. (Forsbergs Freistoß streifte die Latte.)

Die erste Halbzeit endete mit dem ersten Torschuss des FC Bayern, von Corentin Tolisso. Peter Gulasci parierte.

Zwayer entscheidet dann doch noch auf Elfmeter

In der zweiten Halbzeit trat der FC Bayern belebter auf, es wurde nun ein intensiver, hochklassiger, hitziger Abend, eines Finales würdig. Endgültig fanden die Gäste in der 53. Minute in die Partie: Der starke Keita zog kurz hinter der Mittellinie am Trikot von Lewandowski, aufgrund einer sehr unnachsichtigen Regelauslegung sah er die gelb-rote Karte. Und in Überzahl hatte der FC Bayern nun mehr Zeit und Raum. Doch er wusste beides erst einmal nicht zu nutzen. Lewandowski lief nach Halstenbergs Fehler alleine aufs Tor zu - sein Schuss ging knapp am Pfosten vorbei (66.).

Eine Minute später dribbelte Yussuf Poulsen am Strafraum auf Jérôme Boateng zu, er blieb an ihm hängen. Doch war es ein Foulspiel? Und falls ja: vor der Linie? Auf der Linie? Hinter der Linie? Zwayer entschied auf: Elfmeter. Er brachte damit die gesamte Münchner Belegschaft gegen sich auf. Forsberg verwandelte sicher (67.).

Der FC Bayern fügte seiner Erfahrung nun auch Wut und Verzweiflung hinzu, sofort wurden die Angriffe gefährlich. Flanke Boateng, Kopfball Thiago, das 1:1 (73.). Die Gäste hatten danach gerade nach Flanken noch ein paar gute Chancen. Sie nutzten keine. Leipzig wurde müde, mit einem Mann weniger, nach dem intensiven Anfangspressing. Und so häuften sich die Chancen der Gäste. Ein Tor fiel nicht, es gab Verlängerung. Einmal parierte Gulasci innerhalb von Sekunden gegen Thiago, dann gegen Kimmich (100.). Die Führung für den FC Bayern war nun überfällig. Drei Minuten später traf der eingewechselte Kwasi Okyere Wriedt die Latte. Ein Tor fiel nicht. Es kam zum angemessenen Höhepunkt, zum Elfmeterschießen.

Die ersten neun Schützen verwandelten sicher. Dann schoss Werner nach rechts. Doch dorthin warf sich auch Ulreich.

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