DFB-Pokal-Achtelfinale:Holstein Kiel blamiert den nächsten Favoriten

Viertligist Holstein Kiel gewinnt im Achtelfinale des DFB-Pokals überraschend 2:0 gegen Mainz 05, jubelt über die "Sensation für den ganzen Norden" - und bekommt Dortmund zugelost. Hertha BSC gelingt mit Zwischentrainer Rainer Widmayer ein Erfolg gegen Kaiserslautern, Stuttgart gewinnt 2:1 gegen Hamburg.

Die Partien im Überblick

Holstein Kiel hat seine Überraschungsserie im DFB-Pokal eindrucksvoll fortgesetzt. In seinem Spiel des Jahres feierte der Regionalliga-Zweite Holstein Kiel am Mittwoch einen verdienten 2:0 (1:0)-Sieg gegen den Bundesligisten FSV Mainz 05 und darf sich nun im Viertelfinale des Wettbewerbs auf eine weitere Millionen-Einnahme freuen. Gegner ist nämlich der amtierende Deutsche Meister, Borussia Dortmund.

Vor 10.649 Zuschauern im Holstein-Stadion trafen der Mainzer Anthony Ujah (6./Eigentor) und Steve Müller (64.) für den aufopferungsvoll kämpfenden Amateurclub, dem schon der dritte Zu-Null-Sieg in dieser Runde gelang. Für die Rheinhessen war es nach der Pokal-Blamage 2009/10 beim VfB Lübeck die nächste Schmach in Schleswig-Holstein.

"Es ist unglaublich, unter den besten acht Teams zu sein. Damit haben wir eine Sensation für den ganzen Norden geschafft", sagte Kiels Tim Siedschlag begeistert. Torschütze Müller ergänzte: "Ein unfassbares Gefühl. Dass ich auch noch das zweite Tor gemacht habe, war das Tüpfelchen auf dem i."

Die Mainzer waren dagegen restlos bedient. "Wir haben miserabel gespielt. Es ist Winter, aber es lag nicht am Platz, die anderen haben sich auch darauf zurechtgefunden", stellte 05-Abwehrspieler Zdenek Pospech klar.

Nach Erfolgen gegen die vorjährigen Halbfinalisten Cottbus (3:0) und den diesjährigen Endspiel-Teilnehmer Duisburg (2:0) warfen die "Störche" auch den Bundesliga-14. aus Mainz dank ihrer unbekümmerten Spielweise aus dem Wettbewerb.

Beflügelt durch die schnelle Führung, für die Gäste-Stürmer Ujah nach der ersten Kieler Ecke mit einem Kopfball ins eigene Tor sorgte, fanden sich die Hausherren auf dem ramponierten Rasen deutlich besser zurecht als der höherklassige Gegner, der eine enttäuschende Vorstellung ablieferte. Allein fehlende Übersicht bei den Kontern verhinderte eine mögliche höhere Pausenführung für den mutig aufspielenden Regionalliga-Zweiten.

Thomas Tuchel hatte seine Mannschaft nach dem 0:1 in Mönchengladbach auf gleich sechs Positionen verändert. Doch die Maßnahme des Trainers zahlte sich nicht aus, denn eine gute halbe Stunde lang brachten die Rheinhessen kein Bein auf die Erde. Auch die Rückkehr von Abwehrchef Nikolce Noveski nach siebenwöchiger Verletzungspause verlieh der Mainzer Hintermannschaft keine Stabilität.

Bis auf eine Kopfball-Gelegenheit von Jan Kirchhoff (28.) kamen die 05er in der ersten Halbzeit nicht einmal gefährlich vor das Tor von Morten Jensen. Auch im zweiten Durchgang bekamen die Gäste das Geschehen zum Ärger von Tuchel, der immer wieder wild gestikulierend am Spielfeldrand auftauchte, nicht in den Griff. Mit einer völlig missglückten Kopfball-Abwehr leitete Kirchhoff sogar den zweiten Kieler Treffer ein.

Müller nahm den Ball auf und überwand seinen Namensvetter Heinz Müller mit einem Schuss aus spitzem Winkel in die lange Ecke zum umjubelten 2:0. In der 69. Minute verhinderte der Schlussmann, einziger Gäste-Spieler mit Erstliga-Format, gegen Marc Heider sogar das drohende 0:3. Bei der besten Chance für Mainz scheiterte Mario Gavranovic (71.) an Jensen.

Stuttgart gewinnt, Cacau trifft doppelt

Dank Doppeltorschütze Cacau und des glänzend haltenden Torhüters Sven Ulreich hat der VfB Stuttgart erstmals seit 2007 das Viertelfinale des DFB-Pokals erreicht - und trifft dort auf den FC Bayern. Mit seinen beiden Treffern zum glücklichen 2:1 (1:0) gegen den Hamburger SV beendete Cacau zugleich die Erfolgsserie der Hanseaten, die seit dem Amtsantritt von Trainer Thorsten Fink in acht Bundesligaspielen unbesiegt geblieben waren.

Stuttgart's Cacau celebrates goal during their German soccer cup match against Hamburg in Stuttgart

Gut gelaunter Brasilianer: Cacau erzielte beide Treffer für den VfB Stuttgart gegen den Hamburger SV.

(Foto: REUTERS)

Vor 38.600 Zuschauern traf der Nationalstürmer (22./62.) jeweils auf Vorlage von Cristian Molinaro und sorgte für das erhoffte Erfolgserlebnis vor der Winterpause. Auch den dritten Treffer des Abends erzielte ein Stuttgarter: William Kvist traf in der 54. Minute per Eigentor zum Ausgleich für den HSV.

"Diese Niederlage ist sehr ärgerlich. Der VfB hat unsere Fehler eiskalt mit den Toren ausgenutzt", klagte der Hamburger Mittelfeldspieler Marcell Jansen. "Wir hatten gefühlt 25:5 Torchancen, wir waren die bessere Mannschaft. Ulreich hat zwei, drei Bälle überragend gehalten, da waren wir nicht kaltschnäuzig genug", sagte Kollege Heiko Westermann.

In der Schlussphase hielt der überragende Ulreich den knappen VfB-Sieg mit tollen Paraden gegen Robert Tesche (70.) und Mladen Petric (79.) fest. VfB-Coach Bruno Labbadia hatte nach den jüngsten Enttäuschungen reagiert und den Japaner Shinji Okazaki auf die Spielmacherposition beordert, auch Zdravko Kuzmanovic kehrte ins Team zurück.

Spielerisch ließ der VfB unter den Augen des Ex-Stuttgarters Sami Khedira zunächst zwar erneut einige Wünsche offen, doch auf Torjäger Cacau konnten sich die Schwaben diesmal verlassen. Als HSV-Abwehrchef Jeffrey Bruma bei Molinaros weitem Flankenball wegrutschte, hatte der Nationalstürmer freie Bahn und ließ Jaroslav Drobny im Tor der Hamburger mit seinem platzierten Schuss keine Abwehrchance.

Bis dahin hatten die Hanseaten die Partie kontrolliert und die bessere Spielanlage gezeigt. Doch den sicheren Ulreich im Stuttgarter Tor konnten die ohne Petric beginnenden Gäste in ihrer stärksten Phase nicht überwinden. In der 11. Minute lenkte der Schlussmann einen Kopfball-Aufsetzer von Marcell Jansen reaktionsschnell über die Latte, dann war er auch gegen den als einzige Spitze aufgebotenen Paolo Guerrero (12.) auf dem Posten. Eine Flanke von Dennis Diekmeier bereinigte Ulreich per Faustabwehr (18.).

Um die schwache Offensive zu beleben, brachte HSV-Coach Fink nach der Pause Petric für Jansen in die Partie. Und der Wechsel machte sich schnell bezahlt. Gerade einmal neun Minuten auf dem Feld war der Kroate maßgeblich am Ausgleich beteiligt, als VfB-Abwehrspieler Kvist von Petric bedrängt eine Vorlage von Guerrero zum hochverdienten Ausgleich ins Netz bugsierte.

Doch eine erneute Koproduktion zwischen Molinaro und Cacau brachte die Hausherren erneut in Front. Diesmal bugsierte der Angreifer eine scharfe Hereingabe über die Linie. Auf der Gegenseite verhinderte Ulreich den erneuten Gleichstand, als er reaktionsschnell gegen den eingewechselten Tesche (70.) rettete.

Hertha BSC gewinnt gegen Kaiserslautern

Hertha BSC - 1. FC Kaiserslautern

Adrian Ramos grätscht gleichzeitig seinen Kollegen Pierre Michel Lasogga um und den Ball ins Tor.

(Foto: dpa)

Markus Babbel ist bei Hertha BSC längst Geschichte, den Traum des beurlaubten Trainers vom Pokalsieg der Berliner kann nun sein Nachfolger Michael Skibbe verwirklichen. Der Hauptstadtclub befreite sich mit einem 3:1 (1:0)-Sieg im Achtelfinale des nationalen Cups gegen den 1. FC Kaiserslautern von den Aufgeregtheiten der vergangenen Tage und steht erstmals nach fünf Jahren im finanziell attraktiven DFB-Pokal wieder unter den letzten acht Teams. Gegner dort ist Borussia Mönchengladbach.

Im Viertelfinale Anfang Februar des kommenden Jahres wird Skibbe die Hertha betreuen. Mitten in den Sieg der Berliner hinein bestätigte der ehemalige Bundestrainer seinen neuen Hertha-Vertrag bis Sommer 2014. Babbel hatte im vergangenen Sommer den Pokalsieg überraschend als Ziel des Neulings ausgegeben.

Unter seinem Assistenten Rainer Widmayer, der als Chef für einen Tag die Berliner coachte, kam Hertha dem Finale im eigenen Stadion einen Schritt näher. Adrian Ramos (43. Minute) und Pierre-Michel Lasogga (59.), Patrick Ebert (90.+1) sorgten vor 40.944 Zuschauern im kalten Olympiastadion für die entscheidenden Tore. Den zwischenzeitlichen Ausgleich für die Pfälzer hatte Itay Shechter (51.) geschafft.

Skibbe höchstpersönlich verkündete via "Bild.de" seinen Wechsel in die Hauptstadt. "Ja, ich habe einen Vertrag ab 1. Januar 2012 bis Sommer 2014. Er gilt nur für die erste Liga. Mein erster Arbeitstag ist der 3. Januar. Und dann geht es ja auch schon wieder zurück in die Türkei - ins Hertha-Trainingslager", sagte der 46 Jahre alte Coach dem Internetportal.

Skibbe, der in der Türkei Eskisehrspor trainiert hat, habe seinen Verein am Mittwoch über den Wechsel informiert. Nach Informationen der "Bild" kostet die Skibbe-Verpflichtung den Berliner Bundesliga-Club 250 000 Euro Ablöse. Skibbe soll am Donnerstag in der Hauptstadt vorgestellt werden.

Am Mittwoch, in seinem ersten und letzten Spiel als Cheftrainer hatte Widmayer, Babbels ehemaliger Assistent, für die Hertha die Parole "Sicherheit ist Trumpf" ausgegeben. 18 Tage nach dem 1:1 im Bundesligaspiel auf dem Betzenberg waren auch die "Roten Teufel" nicht allzu forsch - es war nicht viel los.

Als die Skibbe-Verpflichtung die Runde machte, jubelten die Berliner über die Führung nach einem Konter. Ronny, der für seinen rotgesperrten Bruder Raffael ins Team gerückt war, brachte den Ball zurück zu Ramos, der aus gut zehn Metern mit einem Flachschuss traf.

Kurz nach der Halbzeit spielte Kaiserslauterns Stürmer mit der Hertha-Abwehr Katz und Maus, Shechter traf nach toller Vorabeit von Olcay Sahan. Doch es dauerte nicht lange, da lagen die Vorteile wieder auf Seiten der Berliner. U21-Nationalspieler Lasogga nutzte einen Fehler in der Gäste-Verteidigung und traf nach einer Energieleistung mit seinem Solo.

Bei seinem Jubel lief er Widmayer in die Arme, dem er genau wie Babbel viel zu verdanken hat. In einem nun mitreissenden Pokal-Fight hielt Hertha-Keeper Thomas Kraft gegen Shechter den Sieg fest. Dann kam Ebert und machte alles klar.

Geht es nach Skibbe, darf Widmayer bleiben. Er sei anerkannt beim Team, mache seine Sache gut. "Wer gut ist, den muss man nicht wegschicken", sagte Skibbe. Vor dem Anpfiff hatte sich das Hertha-Präsidium mit der Babbel-Nachfolge beschäftigt. Kundgebungen für den am Sonntag gefeuerten Trainer gab es kaum. "Danke Babbel - danke für eine geile Zeit", stand auf einem einzigen Plakat im weiten Rund.

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