DFB-Kader für Fußball-WM:Löws logischer Schritt

Fußball-WM, Kevin Volland, Joachim Löw

War von Löw nie wirklich als Stürmer eingeplant: Kevin Volland

(Foto: dpa)

Unerfreulicher Anruf vom Bundestrainer: Joachim Löw streicht Marcel Schmelzer, Shkodran Mustafi und Kevin Volland aus seinem Aufgebot. Vor allem Vollands Absetzung überrascht - allerdings nur auf den ersten Blick.

Von Carsten Eberts, Mönchengladbach

Christoph Kramer hatte sich in eine Ecke zurückgezogen, er lehnte an der Wand der Gladbacher Arena und plauderte über seine ersten Wochen als Nationalspieler. "Das ist schon filmreif", sagte Kramer, alles gehe "so unheimlich schnell". Dann lächelte er kurz. Man sehe es ihm vielleicht nicht an, sagte Kramer, aber doch: Er sei gerade "unfassbar glücklich".

Nun wird das Leben des Christoph Kramer bald noch eine Ecke aufregender. Womöglich kann er im Flugzeug nach Brasilien, hoch über den Wolken, kurz die Augen schließen und seine Gedanken ordnen.

Kramer, die bisherige Überraschungsnominierung des Bundestrainers, hat es tatsächlich in den finalen WM-Kader geschafft. Das teilte Löw Kramer am Montagmorgen mit. Geschafft haben es auch der Dortmunder Erik Durm, der Freiburger Matthias Ginter und der Schalker Julian Draxler, die ebenfalls als Wackelkandidaten galten.

Ebenso einen Anruf erhielten Shkodran Mustafi, Marcel Schmelzer und Kevin Volland, jedoch nicht solch freudiger Natur: Von 26 auf 23 Spieler musste Löw seinen Kader für die offizielle Fifa-Meldung noch einmal reduzieren, sie hat es getroffen. Zwei Abwehrspieler und einen Stürmer also.

"Natürlich sind Shkodran, Marcel und Kevin nun sehr enttäuscht", erklärte Löw. Alle drei hätten ihm die Entscheidung schwergemacht. Löws Trost: "Alle drei sind Spieler, die in ihren Karrieren noch die Möglichkeit haben, einige große Turniere zu spielen."

Bei Schmelzer gibt das Knie den Ausschlag

Dass sich Löw auf diese drei Kräfte festlegt, kommt wenig überraschend. Mustafi ist mit seinen 22 Jahren noch jung, war ohnehin nur Innenverteidiger Nummer fünf. Bei Schmelzer gab der Gesundheitszustand den Ausschlag. Gegen Kamerun musste er verletzt passen, das malade Knie schmerzte zu sehr. Zudem zeigte sein Dortmunder Teamkollege Durm in seinem ersten Länderspiel gegen Kamerun, dass er in der Lage ist, einen sehr unaufgeregten Außenpart zu spielen - nicht nur beim BVB, sondern auch im Nationalteam.

Auf den ersten Blick dürfte Volland für viele die größte Überraschung sein - auf den ersten Blick. Neben Miroslav Klose, der ebenfalls noch an seiner Fitness arbeitet, war Volland zwar nominell der einzige echte Stürmer im 26er-Kader. Allerdings hatte Löw ihn auf dieser Position nicht eingeplant.

"Unser Kader ist ausgewogen"

Erster Ersatz für Klose sind Mario Götze und Thomas Müller, zum Beispiel am Sonntag gegen Kamerun. Götze eher als falsche Neun, Müller als stilechter Raumdeuter zwischen den Linien, in einer Weise, wie ohnehin nur Müller spielen kann. Auch Reus, Schürrle oder gar Podolski könnten hier einspringen. Er mache sich auf dieser Position keinerlei Sorgen, ließ Löw mehrfach durchblicken.

Volland war im Test gegen Polen (0:0) zwar viel gelaufen, hatte als Aushilfs-Neuner in Abwesenheit der Dortmunder und Münchner jedoch echte Schlagkräftigkeit vermissen lassen. Im Trainingslager in Südtirol kam er nur noch als Außenstürmer zum Einsatz - auf einer Position, auf der in Löws Team nun wirklich Überangebot herrscht.

"Jede Position ist doppelt besetzt"

"Wir haben die richtige Mischung aus vielen jungen und hochbegabten Fußballern und Spielern mit viel Turniererfahrung, die wissen, worauf es ankommt", sagte Löw am Montag: "Unser Kader ist ausgewogen, jede Position ist doppelt besetzt."

Bis zum Testspiel am Freitag gegen Armenien und bis zum Abflug am Samstag haben die rekonvaleszenten Spieler wie Klose, Schweinsteiger oder Lahm noch Zeit, endgültig fit zu werden. Löw hat nur auf Streichkandidaten verzichtet, nimmt alle anderen arrivierten Kräfte mit.

Für sie ist es nun die Verpflichtung, nicht lediglich als Kader-Ballast mit nach Brasilien zu reisen.

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