DFB-Kader für die Amerika-Reise:Ausflug mit Aogo, Beck und Hunt

Joachim Löw DFB

Mit vier Neuen in den Flieger: Bundestrainer Joachim Löw (Archivbild).

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vier Neulinge, dazu einige Profis, die schnell wieder aus dem Kader purzeln dürften: In Abwesenheit der Spieler aus München, Dortmund und Madrid setzt Joachim Löw beim USA-Trip auf ungewohntes Personal - und wehrt sich gegen die aufkommende Kritik an der Sinnhaftigkeit der Reise.

Von Carsten Eberts

Nun musste sich der Bundestrainer also erklären. Wieso diese Reise. Wenn sowieso kaum einer der Stammspieler Zeit hat. Löw machte am Donnerstagnachmittag einen durchaus entspannten Eindruck, als er in der Frankfurter DFB-Zentrale seinen Kader für den viel diskutierten USA-Trip der deutschen Nationalmannschaft erläuterte.

Es dürfte Anfang April 2013 gewesen sein, als die Zweifel allmählich lauter wurden. Als die Bayern ins Halbfinale der Champions League einzogen, sich zudem der BVB anschickte, es dem Platzhirsch gleich zu tun. Die Profis würden wohl gut zu tun haben, zeichnete sich ab, bis spät in den Mai hinein, um den deutschen Fußball auf strahlender Bühne gut zu vertreten.

Aber da war doch diese nette Klassenfahrt der Nationalelf geplant, vom 22. Mai bis 3. Juni nach Nordamerika, mit vielsagenden Spielen gegen Ecuador und die USA. Was also, wenn die meisten der Nationalspieler gar keine Zeit haben würden?

Löws Kadervorstellung mutierte deshalb zu einer komischen Veranstaltung. Bayern und Dortmunder treffen sich am 25. Mai beim Champions-League-Finale, Mesut Özil und Sami Khedira von Real Madrid müssen in Spanien noch Liga-Pflichten erfüllen. Miroslav Klose reist erst zur zweiten Partie gegen die USA nach, weil er vorher noch im italienischen Pokalfinale antritt.

Kein Problem, erklärte der Bundestrainer, wirklich nicht. Ein rein deutsches Finale diene ja schließlich auch dem deutschen Fußball. "Ich bin kein Buchhalter, der zu Hause sitzt und zählt, wer alles absagt", sagte Löw. Insgesamt 15 feste Kadermitglieder fehlen ihm für die Reise. "Das Szenario wirft uns natürlich nicht aus der Bahn", sagte Löw. Die Absage-Diskussion sei für ihn "völlig überflüssig und irrelevant".

Der Bundestrainer versuchte, den Umständen Positives abzugewinnen. Er verkaufte die Reise deshalb als einen willkommenen Testlauf, um neue Möglichkeiten auszuprobieren. "Die Spieler, die sonst nicht im Hauptfokus stehen, können sich nun bewähren", erklärte Löw: "Wir haben in Deutschland mehr als 20 Spieler, die ich ruhigen Gewissens in einen Flieger nach Amerika setzen kann."

Vier Debütanten im Flieger

Wer die Lage so betrachtet, wird feststellen, dass Löw "nur" vier Debütanten nominiert hat. Er hat die Leverkusener Philipp Wollscheid und Sidney Sam in den Kader berufen, dazu den Mainzer Nicolai Müller sowie den Freiburger Max Kruse. "Die Spieler haben sich wahnsinnig gefreut", berichtete Löw über seine Nominierung, "sie waren teilweise sogar sprachlos."

Auf Kruse und dessen Spielintelligenz hält das A-Trainerteam bekanntlich große Stücke, auch Wollscheid dürfte in den Plänen langfristig eine ernsthafte Rolle spielen. Einige Spieler, die ebenfalls gute Perspektiven auf eine Zukunft im A-Kader haben, konnte Löw nicht nominieren. Lewis Holtby, Patrick Herrmann oder Sebastian Jung sind im Juni bei der U21-EM in Israel im Einsatz. Noch so ein ungünstiger Umstand.

Stattdessen sind Profis dabei, die eher Auffüllmasse sein dürften. Dennis Aogo (Hamburger SV), Andreas Beck (1899 Hoffenheim), Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen) und Aaron Hunt (Werder Bremen) kehren nach längeren Pausen zur Nationalmannschaft zurück. Sie werden aber künftig kaum eine Rolle spielen, wenn die Bayern, Dortmunder, Madrilenen wieder zum Kader stoßen.

Warum also diese Reise in die USA? Weil sie lange geplant war. Und weil Löw jedes Länderspiel nutzen will. "Für mich als Trainer ist es auch mal eine Freude, einen Spieler aus Freiburg oder Mainz zu nominieren", sagte Löw und lachte. Die Reise, so der Bundestrainer, stand intern "nicht einen Tag, eine Minute zur Diskussion".

Der Kader im Überblick:

Tor: 1 René Adler (Hamburger SV, 11 Länderspiele/0 Tore), 12 Ron-Robert Zieler (Hannover 96, 2/0), 22 Marc André ter-Stegen (Borussia Mönchengladbach, 2/0)

Abwehr: 6 Dennis Aogo (Hamburger SV, 10/0), 2 Andreas Beck (1899 Hoffenheim, 9/1), 4 Benedikt Höwedes (Schalke 04, 12/1), 7 Marcell Jansen (Hamburger SV, 37/3), 17 Per Mertesacker (FC Arsenal, 88/2), 5 Heiko Westermann (Hamburger SV, 24/3), 23 Philipp Wollscheid (Bayer Leverkusen, 0/0)

Mittelfeld/Angriff: 15 Lars Bender (Bayer Leverkusen, 12/1), 16 Sven Bender (Borussia Dortmund, 3/0)*, 8 Julian Draxler (Schalke 04, 4/0), 24 Kevin Großkreutz (Borussia Dortmund, 3/0)*, 14 Aaron Hunt (Werder Bremen, 2/0), 13 Nicolai Müller (Mainz 05, 0/0), 21 Roman Neustädter (Schalke 04, 1/0), 10 Lukas Podolski (FC Arsenal, 108/44), 3 Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen, 1/0), 18 Sidney Sam (Bayer Leverkusen, 0/0), 9 André Schürrle (Bayer Leverkusen, 22/7), 20 Max Kruse (SC Freiburg, 0:0), 11 Miroslav Klose (Lazio Rom, 126/67)*.

* Anmerkung: Sven Bender, Kevin Großkreutz und Miroslav Klose reisen zum Spiel gegen die USA am 2. Juni in Washington D.C. nach.

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