Fifa-Schmiergeldskandal:Niersbach auf neuen Wegen

Lesezeit: 1 min

Die Kritik von Wolfgang Niersbach an Blatters Umgang mit der Schmiergeld-Affäre ist für einen DFB-Präsidenten ein Novum. Die Frage ist nun, ob die Deutschen die Empörungswelle mal wieder im Sande verlaufen lassen oder ob sie sich ernsthaft an die Spitze einer Reformbewegung stellen. Mitstreiter würden sich finden lassen.

Claudio Catuogno

Es ist noch keine zwei Jahre her, der Fifa-Präsident lavierte gerade mal wieder durch eine Bestechungsaffäre (eine andere als heute, man verliert da den Überblick), als ihn ein starkes Zeichen der Solidarität erreichte. Der damalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, überreichte Sepp Blatter in der Essener Philharmonie eine Urkunde samt Ehrennadel.

Blatter und Niersbach beim EM-Halbfinale Deutschland - Italien: Kriegsbeil ausgegraben (Foto: Getty Images)

Die Welt diskutierte über korrupte Fifa-Vorständler - die Deutschen machten den Ober-Vorständler derweil ungerührt zum DFB-Ehrenmitglied.

Daran darf man noch mal erinnern, wenn jetzt Giftpfeile zwischen Zürich und Frankfurt hin- und hergeschossen werden. Die Attacken gegen das von Blatter beaufsichtigte Korruptionsgeflecht ritten hierzulande bisher Leute wie der Bayern-Präsident Uli Hoeneß, die mit der Fifa kaum Berührungspunkte haben.

Als Theo Zwanziger beim letzten Fifa-Kongress das Wort ergriff, bedankte er sich beim lieben Präsidenten artig für die schöne Frauenfußball-WM 2011 in Deutschland. Das war's.

Insofern ist es jetzt zwar einerseits eine Selbstverständlichkeit, wenn Wolfgang Niersbach sich unzweideutig distanziert von Blatters skandalösem Umgang mit der neuesten Schmiergeld-Affäre. Es ist für einen DFB-Präsidenten trotzdem ein Novum. Dass Blatter nun ungefragt alte Geschichten über den deutschen WM-Zuschlag für 2006 auspackt (warum erst nach zwölf Jahren?), beweist vor allem, dass ihn der neue Ton aus dem Nachbarland trifft.

Die Frage ist nun, ob die Deutschen die Empörungswelle mal wieder im Sande verlaufen lassen. Oder ob sie sich, wo das Kriegsbeil nun schon mal ausgegraben ist, ernsthaft an die Spitze einer Reformbewegung stellen, die nichts anderes als eine Anti-Blatter-Bewegung sein könnte.

Mitstreiter fänden sich: etwa in England, wo die Leute vom Verband FA nicht überwunden haben, wie kühl der Fifa-Vorstand ihre WM-Bewerbung für 2018 gegen die Wand fahren ließ, so ganz ohne pekuniäre Unterfütterung. Auch in anderen Verbänden wartet man auf ein Signal aus Deutschland. Versuche, den Patron loszuwerden, waren ja bisher auch daran gescheitert, dass die Vertreter des größten Nationalverbandes der Welt loyal an Blatters Seite standen.

Sepp Blatter hat am Sonntag über den Fifa-Ehrenpräsidenten João Havelange, seinen Mentor und Vorgänger, folgendes gefordert: "Er muss weg." Weil er eine Schlüsselrolle spielt in der aktuellen Schmiergeldaffäre (wenn auch eine, die Blatter bisher nicht gestört hat). Was fordert jetzt Wolfgang Niersbach für das DFB-Ehrenmitglied Sepp Blatter?

© SZ vom 16.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Zum Tod von Diego Maradona
:Kunst, Spektakel und Tragik

Keiner vermochte es, Fußball zu spielen wie er: Diego Maradona war einer der größten Sportler der Geschichte und wurde nicht nur in seiner Heimat Argentinien angebetet. Sein Leben in Bildern.

Von Jonas Beckenkamp

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: