Bundestrainerin Voss-Tecklenburg:Die Frau fürs neue Selbstbewusstsein

Bundestrainerin Voss-Tecklenburg: Noch in der Schweiz bei der Arbeit: Martina Voss-Tecklenburg (links) übernimmt im Herbst die deutsche Frauenfußball-Nationalelf.

Noch in der Schweiz bei der Arbeit: Martina Voss-Tecklenburg (links) übernimmt im Herbst die deutsche Frauenfußball-Nationalelf.

(Foto: Geoff Robins/AFP)
  • Die ehemalige Nationalspielerin Martina Voss-Tecklenburg wird Bundestrainerin der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen.
  • Bis Herbst trainiert sie noch die Schweizer Frauen, dann übernimmt sie von Horst Hrubesch.
  • Sie soll die DFB-Frauen spielerisch weiterentwickeln und ihr altes Selbstverständnis reaktivieren.

Von Anna Dreher, Stuttgart

Ihr Name war einer der ersten gewesen. Erst intern, dann auch öffentlich. Sie galt früh als Idealbesetzung unter den Kandidatinnen und Kandidaten für diesen wichtigen Posten, den der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seit der Entlassung von Steffi Jones Mitte März zu besetzen hatte. Seit Donnerstag ist nun klar: Martina Voss-Tecklenburg wird Bundestrainerin des deutschen Frauenfußball-Nationalteams. Die 50-Jährige übernimmt das Amt von Interimstrainer Horst Hrubesch nach den letzten beiden Qualifikationsspielen zur Weltmeisterschaft 2019 gegen Island am 1. September und gegen die Färöer drei Tage später. Sie erhält einen Vertrag bis einschließlich zur Europameisterschaft 2021. Bis Herbst bleibt sie Trainerin der Schweizer Frauen-Nationalmannschaft.

"Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung und die spannende Aufgabe", wird sie in einer Mitteilung des DFB zitiert. "Gerade die Umstrukturierung des DFB und die Verzahnung mit dem Männerfußball bieten riesige Chancen." Das Anforderungsprofil des DFB war ja schon länger klar: Gesucht wurde eine Trainerin oder ein Trainer mit Erfahrung, mit dem die von Voss-Tecklenburg angesprochene Umstrukturierung und Verzahnung umgesetzt werden kann. Die Abteilung Frauenfußball, die sehr lange und mit zwei Welt- und acht Europameisterschaftstiteln sehr erfolgreich eine Art Parallelleben führte, soll künftig eingebunden, Männer- und Frauenfußball nicht länger getrennt werden. Vor allem die Entwicklung und Professionalisierung soll dadurch vorangetrieben werden. Nur die Suche nach einer dafür geeigneten Person gestaltete sich schwieriger als wohl angenommen.

Also übernahm interimsweise der 67-jährige DFB-Sportdirektor Horst Hrubesch, der schon bewiesen hatte, dass er interimsweise Übernahmen ganz gut kann. Nach der überraschenden 2:3-Niederlage gegen Island im Oktober 2017 unter Jones war seine Erfahrung besonders wichtig, weil seitdem nicht sicher ist, ob Deutschland sich als Gruppenerster direkt für die WM qualifizieren wird. Vor dem so wichtigen Rückspiel mussten erst einmal die Qualifikationsspiele gegen Tschechien und Slowenien Anfang April gewonnen werden. Hrubesch ist das gelungen, danach sollte eigentlich Schluss sein mit seinem Engagement. Aber weil der DFB in Voss-Tecklenburg die ideale Kandidatin sieht und die erst noch die WM-Qualifikation mit der Schweiz erfolgreich beenden will, bleibt Hrubesch noch für ein Länderspiel gegen Kanada im Juni und die verbleibenden Qualifikationsspiele.

Voss-Tecklenburg gewann zehn Klub- und vier EM-Titel

"Ich bin der festen Überzeugung, dass sie mit ihrer Expertise und Persönlichkeit die Richtige ist", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Sie soll das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis einer im Frauenfußball stets zu den Titelfavoriten zählenden Nationen zurückbringen, das unter Steffi Jones verloren gegangen war. Der DFB hatte die 111-malige Nationalspielerin weiter im Amt gelassen, bis nach dem enttäuschend frühen Aus im Viertelfinale der Europameisterschaft 2017 auch in diesem Jahr spielerisch keine Verbesserung abzusehen war.

Voss-Tecklenburg, seit Februar auch Aufsichtsratsmitglied von Fortuna Düsseldorf, soll ihr künftiges Team und den deutschen Frauenfußball - auch spielerisch - weiterentwickeln. Dass der DFB ihr das zutraut, liegt an ihrer Art, vor allem aber an ihrer Expertise und Erfahrung als Spielerin und Trainerin. Die frühere Mittelfeldspielerin gewann zehn Vereinstitel und mit der DFB-Auswahl viermal die EM bei 125 Länderspielen. Vor zehn Jahren startete sie als Trainerin beim FCR 01 Duisburg, mit dem sie zweimal Pokalsieger wurde und den Uefa-Cup gewann. Nach einem Jahr beim FF USV Jena übernahm sie 2012 die Leitung des Frauenfußball-Ausbildungszentrums und die Nationalspielerinnen der Schweiz, die sie 2015 zur WM- und 2017 zur EM-Premiere führte und nach bisher fünf Siegen aus fünf Spielen sehr wahrscheinlich auch zur WM 2019 führen wird.

Sie habe "Strukturen professionalisiert, konzeptionell innovativ gearbeitet und ihre Mannschaft auf allen Ebenen weiterentwickelt", sagte Oliver Bierhoff, DFB-Direktor Nationalmannschaften. Solche Impulse wünscht er sich nun auch beim DFB - von ihr und ihrer künftigen Assistentin Britta Carlson. Die frühere Nationalspielerin und Europameisterin gehört seit 2012 zum Trainerstab des Champions-League-Siegers, deutschen Meisters und DFB-Pokalsiegers VfL Wolfsburg und wird gegen Kanada das Team um Horst Hrubesch ergänzen.

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