DFB:Wenn Amateure den Profisport finanzieren

TSV 1860 München - Westkurve im Grünwalder Stadion

Spitzensport zu Lasten der Breite: Vereine aus Amateurligen wie 1860 München profitieren kaum vom DFB-Grundlagenvertrag.

(Foto: Tobias Hase/dpa)
  • Der DFB-Grundlagenvertrag gilt als Beispiel dafür, wie die DFL von den Zahlungen des Verbandes profitiert.
  • Trotz der Bedeutung des Übereinkommens wird beim DFB-Bundestag über den ungleichen Vertrag geschwiegen werden.

Kommentar von Johannes Aumüller

Bei jeder Gelegenheit betonen die Spitzen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), wie wichtig der Amateurfußball sei. Viele Vertreter der Basis können darüber nur schmunzeln. Sie fühlen sich längst abgehängt - benachteiligt gegenüber dem Profifußball, im Stich gelassen vom DFB in finanziellen und sonstigen Nöten. Und wenn alles so kommt wie erwartet, werden die Kritiker nach dem Bundestag des Verbandes an diesem Freitag verschärften Grund zur Klage haben.

Dort will die DFB-Spitze nicht nur den Segen der Delegierten, dass sie bis zu 150 Millionen Euro für die neue Akademie ausgeben kann. Sondern auch noch mal ein Ja zum sogenannten Grundlagenvertrag. Also jenem Regelwerk, das die Amateure gegenüber den in der Deutschen Fußball-Liga (DFL) organisierten Profiklubs so gravierend benachteiligt und das aus zwei Gründen in der Kritik steht.

Gibt es wenigstens eine Debatte auf dem Bundestag?

Das eine sind die Deckelungen. Im Haupttext regelt der Grundlagenvertrag zwei Leistungen: Die Liga muss dem DFB jährlich drei Prozent ihrer Ticket- und TV-Rechte-Einnahmen abtreten - als Pachtzins, um sich selbst vermarkten zu dürfen; der DFB zahlt der Liga zwischen 15 und 30 Prozent aus den Werbeerlösen der Nationalelf. Daneben gibt es seit 2013 eine Zusatzvereinbarung, die erst im Frühjahr öffentlich wurde und diese Eckdaten aushebelt: Der DFB muss maximal 20 Millionen Euro zahlen, bekommt von der Liga aber unter keinen Umständen mehr als 26 Millionen - auch wenn deren Einnahmen für Fernsehrechte und Tickets sich bald auf die Marke von zwei Milliarden Euro pro Jahr zubewegen.

Das Geld, das dem DFB und damit dem sieben Millionen Mitglieder umfassenden Jugend- und Breitensport durch diese Deckelung entgeht, summiert sich über die Jahre auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Selbst die Staatsanwaltschaft Frankfurt kam zum Schluss, die Zusatzvereinbarung müsse "als Förderung des Profifußballs zu Lasten des Amateurfußballs eingeordnet werden". Dies sei aber nicht strafrechtlich relevant, sondern eine sportpolitische Entscheidung. Der DFB verteidigt die Regel heftig. Unter anderem sagt er, die Deckelungen in dieser Größenordnung seien im eigenen Interesse, weil es sonst zu steuerrechtlichen Problemen führen könnte.

Unabhängig von der Deckelung geht es inzwischen aber auch um die Frage, warum der DFB überhaupt aus den Nationalelf-Erlösen Geld an die Liga bezahlen muss. Der DFB erklärt, der Grundlagenvertrag gewährleiste, dass der Verband mit Nationalspielern werben dürfe. Manche Juristen sehen das anders: Sie finden, dass der DFB für Werbemaßnahmen mit seinen Auswahlkickern die Zustimmung von Klubs und Liga nicht bräuchte.

Bisher konnten sich die Delegierten aus Regional- und Landesverbänden gegenüber den Vereinen an der Basis, die über den Vertrag schimpfen, fein herausreden. Beim letzten Bundestag lag ihnen die Zusatzvereinbarung nicht explizit vor, erst auf Druck von Medien kam sie heraus. Jetzt ist dokumentiert, dass und wie der DFB den Profifußball zu Lasten der Amateure unterstützt - und es wird noch mal abgestimmt. Noch haben die Delegierten die Möglichkeit, den Grundlagenvertrag zu ändern. Zu befürchten ist, dass es nicht mal eine größere Debatte gibt.

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